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Denn am Sabbat sollst du ruhen

Denn am Sabbat sollst du ruhen

Titel: Denn am Sabbat sollst du ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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und näherte sich dem Streichholz, das All ihm mit zitternden Händen anzündete.
    Sie rauchten schweigend. Ruhig war auch die Straße hinter dem Zaun, auf die All nach jedem Zug blickte. In regelmäßigen Abständen gab Tobol einen tiefen Seufzer von sich, und ab und zu lief ein Zittern durch seinen kleinen Körper. Langsam beruhigte er sich. Die verkrampften Schultern entspannten sich zusehends, und er streckte die Beine von sich. Wenn er keine unvorsichtige Bewegung machte, dachte Ali, würde Tobol neben ihm sitzen bleiben.
    Erst nach der zweiten Zigarette verschwand das Miß trauen aus Tobols Gesicht, sein Blick wurde wieder glasig und starr. Ali drehte sich um und sah wieder auf die Straße hinter dem Zaun. Langsam, in einer möglichst selbstverständlichen Bewegung grub er seine Finger in die feuchte Erde, bemüht, den Kranken nicht zu erschrecken, vorsich tig, wie ein Jäger, der einem Reh auflauert. Er sah nicht auf seine Finger, sondern auf Tobols Gesicht. Tobol zog hingebungsvoll an der Zigarette und beobachtete mit glasigem Blick die Hände des Gärtners.
    Ali zog seine Hand in dem Augenblick aus der Erde, als der Revolver freigelegt war, und betrachtete weiter das Gesicht Tobols, der zu seiner Überraschung aufgesprungen war, den Revolver aufhob und fest umklammerte. Seine Augen glänzten, er gab unverständliche Laute von sich. Dann steckte er den Revolver in den Gummigürtel seiner pyjamaartigen Hose und sah Ali mit einem siegesbewußten und zugleich ängstlichen Blick an – wie ein Kind, das einen wertvollen Schatz entdeckt hat und fürchtet, daß er ihm entrissen wird.
    Der Gärtner hatte erwartet, daß er seine ganzen Überredungskünste würde aufbringen müssen; er traute seinem Glück nicht, weshalb er schnell auf seine Uhr deutete, die anzeigte, daß es halb elf war. Er sagte: »Tee«, erhob sich und ging in Richtung Station. Tobol stand auf und folgte ihm, verfiel plötzlich in einen unbeholfenen Trab und rannte auf die Männerabteilung D zu, bis er in der Eingangshalle verschwand.
    Ali kehrte in den Garten zurück, setzte sich zu dem abge legensten der Rosenbüsche, holte tief Luft und zündete sich eine Zigarette an. Selbst wenn Tobol beschließen würde, plötzlich zu sprechen, selbst wenn er toben würde, konnten sie die Pistole nicht in Verbindung mit dem arabischen Gärtner bringen. Doch als er wieder aufgestanden war und sein Reinigungswerk fortsetzte, mit dem er sich seit dem Morgen beschäftigte, sah er das erste Polizeiauto die Straße entlangfahren. Er hielt den Atem an, aber das Auto fuhr weiter. Doch dann folgten zwei Streifenwagen, die in die Seitenstraße gegenüber dem Krankenhaus einbogen. Die Streifenwagen versetzten ihn in Panik, und er versuchte, sich einzureden, daß kein Zusammenhang zwischen der Polizei und dem Revolver, zwischen ihnen und ihm bestehe. Mit aller Macht hielt er dem ungeheuer starken Impuls, zu flüchten und ins Dorf zurückzukehren, stand, es war das Vernünftigste, weiterzumachen und sich wie gewöhnlich zu benehmen. Er arbeitete weiter, tat so, als ob alles, was auf der Straße hinter dem Zaun geschah, ihn nichts angehe, und zog sich nach und nach tiefer in den Garten zurück, zu den Obstbäumen, die zu blühen anfingen.
    Schwester Dvora bemerkte, daß Nissim Tobol äußerst aufgeregt war. Sie beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. Zusammengekauert lag er auf dem Bett und hielt die Hand an der Hosentasche. Seine Augen glänzten, wie sie es bei ihm nie zuvor gesehen hatte. Sie ging zu seinem Bett und ermahnte Tobol »streng wie eine Kindergärtnerin« – so um schrieb Dr. Baum auch in ihrer Gegenwart ihren Ton fall –, er solle jetzt zu Tisch kommen, am Eingang der Abteilung gebe es Tee und Kuchen, »Sabbatkuchen«, wiederholte sie in einem Ton, in den sie, ihrer Meinung nach, viel Gefühl gelegt hatte.
    Tobol reagierte nicht, er blickte sie nicht einmal an, sondern starrte auf einen Punkt an der gegenüberliegenden Wand. Sie wiederholte ihre Worte. Da sah er sie mißtrauisch an und deckte sich, ohne seine Hosentasche loszulassen, mit der Wolldecke zu. Schwester Dvora gab es auf und verließ das Zimmer.
    Nach der Teepause verließ sie die Abteilung und ging in das Zimmer des diensthabenden Arztes.
    An jenem Sabbat hatte Chedva Dienst, aber Schwester Dvora beabsichtigte nicht, sich bei ihr fachlichen Rat zu holen, auch wenn sie Chedva gern mochte. Sie wußte genau, daß der Bereitschaftsarzt Dr. Baum sich den ganzen Tag im Krankenhaus aufhielt. Denn wenn

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