Denn bittersüß ist der Schnee - Lene Beckers dritter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
«
Jessicas Stimme klang zugleich protestierend und enttäuscht.
»Der Mord. Aber der Skiunfall von Sven ist es nicht. Und da muss ich noch einige Fragen beantwortet haben. Sie hatten doch all die Informationen von I hrem Privatdetektiv erhalten, sogar ein Foto von Sven. Haben sie Bob von all dem erzählt? «
Jessica sah sie ungläubig an. »Sie verdächtigen Bob, das mit Sven gewesen zu sein. O mein Gott, was kommt denn noch alles! Hört das nie auf? «
Lene konnte sie verstehen. Nach Deutschland zu kommen und mit einem Mord konfrontiert zu werden, bei dem ihr Mann und sie sogar selbst verdächtigt wurden, sie verhaftet wurde, ein schwer verletzter Enkel, ein Betrug vom Neffen. Es war mehr ein Horrortrip als eine Urlaubsreise. Sie hoffte, dass das nicht alle Eindrücke von Deutschland bleiben würden für Jessica. Deshalb sagte sie nur ganz sanft, indem sie der anderen in die Augen sah: »Bitte, Jessica, ich muss es wissen. «
Die gab nach. Sackte in sich zusammen und Tränen sti egen in ihre Augen.
»Ja, ich habe ihm auf dem Flug alles erzählt. Damit er vorbereitet ist. Er hat sogar das ganze Informationsskript gelesen.«
»Und Sie haben ihm das Foto von Sven gezeigt? «
Sie nickte. Ein fast nicht hörbares »Ja.«
»Aber wie sollte er das Ziel der Klassenfahrt herausbekommen haben? Das ist doch unrealistisch.«
Mike hatte mit seinem Einwand recht.
Jessica lief rot an. »Ich habe es ihm Montagnachmittag erzählt. Ich hatte es in Ihrem Gespräch mit meinem Mann am Morgen zufällig aufgeschnappt. Ich kannte den Ort, weil Freunde von uns dort einmal in den Skiferien waren.«
»Heißt das, du hast unser Gespräch belauscht?«
Lene konnte Matthews Empörung nachvollziehen. Dachte er auch wie sie an die heimlich gelesenen Mails von Melanie an Matthew?
»Versteh doch, ich war durcheinander. Ich hatte Angst dich zu ve rlieren. Ich konnte doch nicht wissen, was … «
Matthew starrte sie an, dann gab er nach. »Schon gut, es ist ja jetzt nicht mehr wichtig.«
Jessica wirkte plötzlich unendlich traurig. Als ob sie etwas Wertvolles kaputt gemacht hätte, eine Art Unschuld in ihrer beider Beziehung zerstört hätte. Sie sank in sich zusammen, biss sich auf die Unterlippe. Es gab keine Worte mehr, die sie hätte sagen können, mit denen sie alles ungeschehen hätte machen können.
Lene und Mike standen auf. Auch für sie gab es nichts mehr zu fragen. Erst in der Tür drehte sich Lene noch ei nmal um.
»Erinnern Sie sich inzwischen an den Namen von Bobs Freund in München, bei dem er sich die beiden Tage au fgehalten hat? «
Jessica schüttelte nur stumm den Kopf. Sie wirkte immer noch wie betäubt. Ihre Unterlippe zitterte jetzt leicht. Wi eder glänzten Tränen in ihren Augen.
Draußen wirbelten einzelne feine Schneeflocken, die Kälte machte sie frösteln, als Lene und Mike die kurze Strecke zum Polizeipräsidium zu Fuß gi ngen. Sie gingen ganz nahe beieinander und ihre Hände flochten sich wie von selbst ineinander. Die Traurigkeit der Shillers über das zerborstene Vertrauen ineinander setzte sich wie eine klebrige Masse an ihnen fest. Wie konnte aus dieser alten Liebesgeschichte nur so viel Schmerz entstehen?
Plötzlich blieb Lene stehen, machte sich los und holte ihr Handy aus ihrer Tasche. Während sie wählte, sah sie Mike stumm in die A ugen.
Als Kalle sich meldete, atmete sie aus. Sie berichtete ihm von der Befr agung von Jessica.
»Macht es dir was aus, wenn ich nach der Pressekonferenz erst gegen vier z urückkomme? Vor Bobs Ankunft und Befragung können wir ja doch nichts machen. Außer Protokoll schreiben. Das muss jetzt warten. Ich brauche auch mal Zeit zum Luftholen.«
Kalle grinste, als er den Hörer auflegte. »Und für Mike«, setzte er den Satz als Selbstgespräch fort.
Kapitel 35
Die Pressekonferenz hatte sie gut überstanden. So war das immer – wenn sie erst einmal in der Situation selbst war, löste sich ihre Scheu vor so einem Öffentlichkeitsauftritt und sie zeigte Sachkompetenz. Danach hatten sie gemütlich im Gasthaus Zum weißen Löwen an der Lorenzkirche gegessen. Die Traurigkeit hatte sich wieder aufgelöst und durch die großen Fenster sahen sie den Kettenstieg hinab. Glänzende Lichtergirlanden, bis hinunter zum Hauptmarkt und dahinter die Burg, die von Winternebel umwabert wie ein mystisches Bauwerk den Horizont abschloss.
Natürlich sprachen sie beim Essen noch einmal über die drei Verdächt igen, ihre gesamte Diskussion der Fakten endete jedoch in der Spannung
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