Denn bittersüß ist der Schnee - Lene Beckers dritter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
würde doch nie – es ist nur, ihre Mutter ist tot. – Doch, ganz sicher.« Seine Stimme wurde plötzlich fast leise.
»Mutter, sie ist ermordet worden. Die Polizei ist hier. Wo ist nur Rike? Ich hoffe, sie kommt bald. – Ja, ich rufe dich dann gleich an. Bis dann. Grüß Vater. Ja, es ist schrec klich.«
Er wandte sich Lene und Mike zu und zuckte mit den Schultern.
»Dort ist sie auch nicht. Sie haben es ja gehört. Meine Mutter ist entsetzt.«
»Wie war denn das Verhältnis von Rike zu ihrer Mutter, also Frau Me rthens meine ich. «
Er schaute sie verwirrt an, aus seinen eigenen Probl emen gerissen.
»Verhältnis? Nicht sehr eng. Rike hatte sich immer ihrem Bruder gegenüber benachteiligt gefühlt, weniger g eliebt. Nach dem Tod des Vaters, sie war da noch ein Kind, hat sie sich oft um ihren kleineren Bruder kümmern müssen, weil ihre Mutter wieder berufstätig war. Und das hat sie dann während der Pubertät richtig wütend gemacht, zumal sie ihren Vater sehr vermisst hat. Das ist ja für ein Kind nicht einfach. Ihr ganzer Frust hat sich dann gegen die Mutter gerichtet. Sie haben sich seit längerem nur zwei oder dreimal im Jahr gesehen. Also eine eher kühle Beziehung.«
Lene fragte sich, ob er hier hobbypsychologisierte oder das Problem wir klich bewusst von seiner Frau bearbeitet war. Andererseits war er Lehrer und hatte sicher psychologische Erfahrung. Zumindest mit Kindern, auch mit Kindern, die einen Elternteil verloren hatten. Dabei fiel ihr wieder Sven ein.
»Und wie ist es mit Sven? Da müsste doch eine Art Solidarität sein. Das gleiche Schicksal, nur noch härter, weil er beide Eltern verloren hat.«
»O Gott, was wird jetzt aus Sven? Wie hat er es aufgenommen?«
»Er weiß es noch nicht, er ist auf Klassenfahrt in Hinterglemm in Öste rreich. Ich fahre morgen zu ihm.«
»Das wird furchtbar für ihn. Was wird nur Rike sagen. Muss er jetzt etwa zu uns? Ach nein, er wird ja achtzehn.«
»Achtzehn? Wann, wissen Sie das? «
»Das müsste bald sein. Mitte Dezember irgendwann. Meine Frau hat das neulich erwähnt. Aber Daten sind mehr ihre Sache. Als M athematiker hab ich’s nicht so mit Zahlen – ha, ha.«
Der Scherz wirkte wie hundertmal wiedergekäut. Lene griff noch einmal zu ihrem Notizbuch.
»Wann waren Sie zum Sport? Und wo?«
»Im Fitnessclub in der Ludwigstraße. Ich trainiere da immer am Sonntag und am Mittwoch, gestern von kurz vor eins bis circa sechs Uhr abends. Das kann man Ihnen dort bestätigen, falls das die Frage nach meinem Alibi sein sol lte. «
Lene ließ sich von dem herausfordernden Ton nicht provozieren. Sie mac hte sich in aller Ruhe Notizen, bevor sie aufstand. Dann fragte sie ihn nach seiner Handynummer und der seiner Frau, die sie bei sich im Handy speicherte.
»Bitte lassen Sie Ihr Handy an, damit ich Sie auf jeden Fall anrufen kann, wenn ich noch Fragen habe. Da Ihre Frau nicht zu erreichen ist, sind Sie der einzige Verwandte für uns. Eventuell müssen Sie dann Frau Merthens ident ifizieren. Aber noch warten wir auf Ihre Frau. Und deshalb, bitte rufen Sie mich an, wenn Ihre Frau sich meldet oder zurückkommt. Sie muss sofort mit uns Kontakt aufnehmen.«
Er war auch aufgestanden und begleitete sie und Mike zur Ei ngangstür.
»Natürlich mache ich das.«
»Zu jeder Tages- und Nachtzeit«, betonte sie noch einmal, die Dringlichkeit ihrer Bitte unterstreichend, als sie ihm ihre Visitenkarte gab. »Ich habe meine Handynummer mit aufgeschrieben.«
Nachdenklich ging sie die Treppe des etwas spießigen Hauses hinunter und atmete auf, als sich die Haustür mit dem geriffelten Glaseinsatz hinter ihnen schloss.
»Oh Mann, wie fandest du ihn? «, wandte sie sich Mike zu.
»Dadurch, dass ich nicht verstanden habe, was er sagte, konnte ich ihn ganz gut studieren. Ich mag den Mann nicht, er hat so etwas Wichtigtuer isches und gleichzeitig etwas – Kriecherisches ist nicht das richtige Wort, aber so ähnlich. Und dann wieder aufbrausend. Unangenehm. «
Lene ging in ihren Gedanken mit.
»Ich weiß, was du meinst. Er hatte so eine anbiedernde Art. Und ich kann verstehen, dass seiner Frau der Kragen geplatzt ist. Da muss sich viel angestaut haben. Schon vorher. Hoffentlich meldet sie sich bald. Wir bleiben am besten in der Nähe, falls sie zurückkommt.«
Ein Strahlen ging über Mikes Gesicht.
»Eine gute Entscheidung. Ich möchte noch mehr von dieser alten Stadt sehen. Aber zuerst das Haus deiner Großeltern, äh, oder waren es deine Urgroßeltern?«
Lene wurde
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