Denn bittersüß ist der Schnee - Lene Beckers dritter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
Fall beko mmen, da der absoluten Vorrang hatte. An der rechten Seite war eine Plexiglasplatte auf die Wand montiert, auf der sie sowohl Fotos anheften als auch Notizen mit dem dicken, abwaschbaren Filzstift machen konnten. Noch besser als der Raum gestern. Kalle hatte alle Materialien herübergeholt und die Notizen übertragen. Sie lächelte ihm zu.
»Was habt ihr gestern noch herausgefunden?«
Die Ergebnisse waren äußerst mager. Keiner der Taxifahrer hatte zu der Zeit einen Fahrgast aufgenommen, was für Lene die größte Enttäuschung war. Das Pärchen – oder Bärle , nach Frau Bachmann – konnte nichts beitragen. Sie hatten vorher auch nichts Ungewöhnliches bemerkt. Die nochmaligen Befragungen der Hausbewohner hatten auch nicht Neues ergeben.
Lene berichtete von ihrer Befragung von Mr Shiller. Dabei ließ sie jedoch die alte Liebesgeschichte weg, sprach nur von einem alten Freund der Toten . Sie wollte das nicht von der Presse breitgetreten haben. Zumindest vorläufig nicht.
»Wir haben Frederike Walther erreichen können und sie wird die Leiche ihrer Mutter identifizieren. Im Gespräch mit ihr konnten wir feststellen, dass ihr Mann, ein Mathe- und Sportlehrer an einer Hauptschule in Bamberg, zu Gewalt neigt. Das bringt ihn natürlich in den Kreis der Verdächtigen, da auch der Mord eher Züge von unko ntrollierter Gewalt als von intellektuellem Kalkül aufweist. Ob geplant oder nicht, wird sich noch herausstellen. Für uns heißt das, einer versucht herauszubringen, wann genau Uwe Walther am Sonntagnachmittag Sport gemacht hat. Machst du das ,Kalle? Er war im Fitnessclub in der Ludwigstraße in Bamberg. Hoffentlich haben die das Ein- und Auschecken der Leute im Computer. Aber ich will glaubwürdige, zuverlässige Zeugen, Augenzeugen, für die gesamte Zeit, nicht nur die Aussagen seiner besten Kumpels. Und gegenüber der Presse gilt: Mund halten! Denkt daran, der Mann ist Lehrer und hat dadurch einen empfindlichen Ruf zu verlieren.«
Von der KTU war noch nichts weiter zu hören. Sie waren dabei, ließ sich Klaus Mertens zu einem Kommentar herab. Sie entließ dann die anderen mit weiteren Aufträgen, aber alles kam ihr völlig unz ureichend vor. Sie setzte ganz stark auf ihr Gespräch mit Sven. Das würde sie vorwärtsbringen, da war sie sich sicher. Sie hielt noch die Pressesprecherin zurück um mit ihr die offizielle Verlautbarung abzusprechen. Beate und sie verstanden sich hervorragend und, was Lene wichtig war, sie konnte sich auf Beate auch im größten Chaos verlassen. Charmant und kompetent ließ sie sich von der Presse immer genau so weit in die Karten gucken, wie sie es geplant hatte. Als sie mit wippenden Locken und engem Rock aus dem Raum stöckelte, atmete Lene auf und raffte ihre Notizen zusammen.
»Zehn Uhr, Kalle. Ich will mich beeilen. Wir fahren jetzt mit Schnee mindestens vier Stunden, eher fünf. Aber Sven kann uns b estimmt am ehesten von allen weiterhelfen. Hoffentlich ist es einer von den aufgeweckten Achtzehnjährigen. Wie war es gestern mit Sandra?«
»Sie macht sich. Wir haben noch im Andechser was gegessen, und nach zwei Bier war sie richtig locker. Ich glaube, da haben wir eine gute Ergänzung in unserer Truppe. So nun los. Die Autopsie hat bisher auch nichts Neues erbracht, außer dass unser Pathologe doch sehr enttäuscht war, dass du nicht mitgekommen bist. Ja, ja, da hast du wohl wieder einen neuen Fan.«
Lene grinste. »Das kenne ich gar nicht anders. Nach drei Minuten spätestens ist mir jeder neue Mann, der mich kennenlernt, verfallen. So ist das in meinem Leben. Trot zdem – du bist mir der Wichtigste. Ich muss jetzt los. Der andere Wichtigste wartet.«
Ihre Hand spielte im Aufzug in der Manteltasche mit den Schlü sseln ihrer Wohnung in Hinterglemm und plötzlich freute sie sich. Gestern hatte sie noch Marianne, ihre Hausmeisterin und Freundin angerufen und sie gebeten die Heizkörper aufzudrehen und ausnahmsweise schon das Bett zu beziehen. Für so etwas hatte sie diesmal keine Zeit. Die nötigsten Lebensmittel hatte sie zu Hause zusammengepackt und im Kofferraum verstaut. Als sich bei ihr trotz und wegen all der Vorfreude wieder ein schlechtes Gewissen melden wollte, dachte sie an Marion, ihre Freundin, mit der sie noch am Abend vorher telefoniert hatte.
»Das ist Schicksal, so eine Verknüpfung. Denk an uns letztes Jahr. Und vielleicht ist es auch ein Geschenk von oben extra für dich und Mike, weil du trotz seines Besuchs brav arbe itest.«
Die Buddhistin
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