Denn bittersüß ist der Schnee - Lene Beckers dritter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
vorn an. Er passte meiner Meinung nach so gut in das Bild. Aber nun bleibt wohl nur ein untreuer, gewalttätiger, geldgieriger Mann übrig. Walther würde sicher sagen, ein ganz normaler Mann. Zumindest kein Mörder.«
Kalle hatte seine Krise, und wenn er die hatte, wurde er zynisch. Lene schob ihm einen Cappuccino hinüber, den sie für ihn in dem neuen Kaffeea utomaten gezaubert hatte.
»Wieso schmeckt selbst der nie so gut wie der von unserer Press efrau? Irgendetwas muss sie doch heimlich in ihren tun. Vielleicht Druckerschwärze?«, versuchte sie ihn aus seiner düsteren Stimmung zu holen, bevor sie wieder über den Fall sprachen. Aber sie kamen nicht richtig weiter, zu viele lose Enden.
»Gleich drei. Wo bleibt nur Mike? «
Aufs Stichwort stand der plötzlich in der offenen Tür, die er fast ausfüllte. Lächelte entwaffnend, als er zu Kalle sagte: »Hier ist dein amerikanischer Stellvertreter. Danke für dein Vertrauen, alter Junge.«
Der old boy lachte zurück. »Na dann – obwohl, ich wäre auch gern dabei gewesen. Also gut, ich beschäftige mich inzwischen mit den Vorstrafen von Kilian Breitner.«
Lene schob Mike vor sich zur Tür hinaus.
»Gute Idee. Wir rufen dich gleich an, wenn wir fertig sind. Zum Austausch unserer Ergebnisse. Also, wir gehen jetzt hinüber zu Mrs Matthew Shiller und Bob Atkinson. Servus.«
Die warteten schon zusammen mit Matthew Shiller in der Hote llobby. Nachdem sie sich im Restaurant wieder einen stillen Tisch gesucht hatten, versuchte sich Lene ein Bild von Jessica Shiller zu machen. Eine gut aussehende Frau, das hatte sie schon bei ihrer ersten Begegnung festgestellt. Groß, nicht ganz schlank, blond, - offenbar sogar von Natur aus – ein energisches Kinn, klare blaue Augen. Unwillkürlich suchte sie nach Eigenschaften, die für Sven wichtig sein würden. Verständnis, Warmherzigkeit, Offenheit? Doch, von allem schien etwas da zu sein. Sie atmete innerlich auf. Gleichzeitig fühlte sie jedoch auch die Anspannung der Kanadierin. Unsicherheit? Irgendwie seltsam.
Inzwischen hatte Mr Shiller für alle Kaffee bestellt, für Lene auf ihren Wunsch hin Wasser. Kaffee hatte sie für he ute genug gehabt.
Der Kellner kam mit den Getränken, und Lene nutzte den Auge nblick für einen taxierenden Blick auf Bob. Robert Atkinson. Etwa Anfang vierzig, smart – ein anderes Wort fiel ihr nicht ein – dunkles Haar, dunkle Augen. Er sah ein wenig zu gut aus, ein Modeltyp, und schien sich seines Aussehens und seiner Wirkung auf Frauen, die er bestimmt hatte, bewusst zu sein. Seine Kleidung wirkte teuer, eine – wohl echte – Rolex am Handgelenk. Geld spielte eine Rolle in seinem Weltbild, das war deutlich, deutlicher als bei den beiden Shillers, die eher zu Understatement neigten. Sie fing einen fragenden, verunsicherten Blick von Bob zu Jessica Shiller auf. Was sollte das bedeuten?
»Mrs Shiller, inzwischen haben Sie von dem Mord an Melanie Merthens gehört.« Sie war bei dem Wort murder zusammengezuckt, sah Lene an, wobei der wieder die hellblauen Augen von ihrem Gegenüber auffielen. »Ja, die arme Frau.«
»Wir sind jetzt auf jede Hilfe angewiesen um den Mörder von Frau Me rthens zu finden. Und da Ihr Mann wohl der Letzte gewesen ist, der sie gesehen hat, erweitert sich natürlich unsere Untersuchung auch auf Sie.«
»Außer dem Mörder«, murmelte sie. Und als sie Lenes verdutzten Blick sah, korrigierte sie sich: »Der Letzte, außer dem Mörder – ich meine, der sie gesehen hat.«
»Äh, ja. Mrs Shiller, wann genau haben Sie von Melanie Merthens erfahren, von der Person an sich.«
Die beiden Frauen sahen sich in die Augen. Lene spürte, dass da etwas war, etwas herauswollte, mehr als ein seit vorgestern . Nur für einen kurzen Augenblick war das fast fühlbar, aber sie hatte sich wohl getäuscht. Mrs Shiller führte die Tasse mit Café Latte an die Lippen. Ihre Hand zitterte leicht. Nachdem sie sie behutsam zurückgestellt hatte, antwortete sie: »Seit – war das erst vorgestern? – mein Mann mir von ihr erzählt hat.«
Sie presste die Lippen zusammen. Ihr Kinn trat leicht hervor. O ffenbar kostete es sie Überwindung über Melanie Merthens zu sprechen. Sie zögerte und setzte dann hinzu: »Das muss für meinen Mann schrecklich gewesen sein, dass sie ermordet wurde, nachdem er gerade seine alte Freundin besucht hatte nach so vielen Jahren. Das Leben ist schon manchmal schwierig. Ich frage mich seitdem, ob das auch passiert wäre, wenn ich gleich vom Flughafen in
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