Denn dein ist die Schuld
eine Stelle als Musiklehrer an der Mittelschule, aber eigentlich hätte er eine wesentlich bessere Position verdient. Schließlich hatte er am Konservatorium Orchesterleitung, Komposition und Harmonielehre studiert, und in seiner Jugend war er ein ganz erfolgreicher Oboist in einem Kammermusik-Quartett gewesen. Und jetzt leitete er den Chor SaMCo der Pfarrei Santa Maria della Conciliazione.
Der Chor war sein Werk, das er mit großer Liebe hegte und pflegte und dem er seine gesamte Freizeit opferte, also wenigstens das, was ihm die Schule und eine etwas nörgelige Ehefrau noch übrig ließen.
Neben den Erwachsenen, fünfzehn Sängerinnen und Sänger, wenn es hochkam, gehörten auch acht Kinder zum Ensemble: drei Jungen und fünf Mädchen im Alter zwischen sieben und vierzehn Jahren. Sie wurden in zwei Gruppen von Eltern gebracht, die sich beim Fahrdienst abwechselten.
Die Kinder waren mit ernsthaftem Eifer bei der Sache und verursachten deutlich weniger Unruhe als die Erwachsenen. Nicht weil sie alle kleine Engel waren, sondern weil sie im Katechismusunterricht gelernt hatten, dass sich hinter dem roten Licht das Tabernakel verbarg, wo die geweihten Hostien aufbewahrt wurden. Und dort in der Nähe trieb sich der Pfarrer immer herum und wurde fuchsteufelswild, wenn er bemerkte, dass es jemand dem Allerheiligsten gegenüber an Respekt fehlen ließ. Daher gab es unter ihnen kein Gerangel, Gelächter oder Gerede, und sie schlugen sich auch nicht die Noten auf den Kopf. Direkt nach ihrem Eintreffen stellten sich die Jungen und Mädchen still und ordentlich neben den Erwachsenen auf. Sopran links und Alt rechts.
Der elfjährige Ivan war der Solist und die Zierde des Chors. Er stand immer in der Mitte hinter der ersten Reihe, damit seine Stimme sich klar und einzigartig zu geradezu unmöglichen Höhen aufschwingen konnte. Eine Stimme so bewegend wie ein unverhofftes Geschenk.
Im Wechselgesang mit dem gesamten Chor.
Lucio Lovati war auch ein guter Regisseur. Er hatte die Aufstellung der Chorsänger genau mit Leonardo Coronari ausgearbeitet, um die größtmögliche Wirkung zu erzielen und beim Publikum Überraschung und staunende Bewunderung hervorzurufen.
Das gelang auch perfekt, denn Ivan war ein wahres Naturwunder. Wie ein Regenbogen an einem regenverhangenen Himmel. Ein Lächeln unter Tränen. Ein Eiszapfen, der im Sonnenlicht funkelte.
Und daher verdiente er die größtmögliche Aufmerksamkeit.
Für die Chorproben stand eigentlich ein Yamaha-Keyboard zur Verfügung, aber Leonardo spielte lieber die mächtige Orgel auf der Chorempore, die sich über der Kapelle des heiligen Antonius erhob.
Diese kleine Kapelle, die erste rechts vom Hauptportal, die von einer Statue des Heiligen in Lebensgröße mit einigen angestaubten Lilien im Arm dominiert wurde, war die hellste, denn hier brannten die meisten Votivkerzen. Allerdings lag das weniger an der inbrünstigen Verehrung für diesen einen Märtyrer, sondern an der Bequemlichkeit der Gläubigen, die auch dann, wenn sie etwas auf dem Herzen hatten, die paar Schritte zur heiligen Katharina von Siena oder zur heiligen Lucia in den beiden einander gegenüberliegenden Nischen des Querschiffs scheuten. Ganz zu schweigen vom heiligen Franziskus, der ganz hinten im Hauptschiff stand.
Leonardo Coronari war mit Leib und Seele Musiker, ein virtuoser Pianist, der eine ausgezeichnete Ausbildung an der Civica Scuola di Musica, Mailands großartiger Alternative zum Konservatorium, genossen hatte.
Ursprünglich hatte er den Traum, Konzertpianist zu werden. Doch dann hatte ihn der Pfarrer einmal gebeten, als besonderer Gefallen bei einer Hochzeit in der Pfarrkirche die Orgel zu spielen. Als dieses Instrument unter seinen Händen erklungen war, seinen Geist und seine Seele erhob, hatte seine Zukunft eine radikale Wende genommen. Was dort aus den alten Pfeifen ertönte, hatte seine glühende Begeisterung für das Klavier hinweggefegt und dort, auf dieser schmalen Empore, die bei feierlichen Messen über den Weihrauchschwaden zu schweben schien, durch eine leidenschaftliche Liebe zu einer alten Orgel mit wurmstichiger Konsole und wuchtigem Klang ersetzt.
Leonardo hatte es nicht leicht gehabt, Don Mario davon zu überzeugen, dass er sich, so oft er wollte, ungestört dort oben aufhalten durfte, um alle Facetten dieses fantastischen Instruments zu erkunden.
Die Barockorgel der Pfarrkirche Santa Maria della Conciliazione war älter als das Gebäude selbst, das Anfang des siebzehnten
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