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Denn dein ist die Schuld

Titel: Denn dein ist die Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adele Marini
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den ganzen Winter über am Hals seines Organisten gesehen hatte. Wer weiß, wie lange der schon in seinem Auto lag?
    Er nahm ihn an sich, um ihn seinem Besitzer zurückzugeben. Nachdem er abgeschlossen hatte, bewunderte er noch ein wenig sein kleines Wohnzimmer auf vier Rädern, das im dämmrigen Morgenlicht funkelte, dann wandte er sich mit entschiedenen Schritten in Richtung Kirche.
    Es war Viertel vor sieben, und er musste die Messe für das Seelenheil eines frommen Gemeindemitglieds vorbereiten.
    Requiem.
    Ruhe in Frieden.
     

KAPITEL 48
    Freitag, 16. Februar, 07:30 Uhr
    »Bist du dir wirklich sicher?« Marino brachte noch einmal den Undercover-Einsatz ins Gespräch. Sie standen allein vor dem Kaffeeautomaten. Der Saloon roch an diesem Tag durch den Regen stärker nach Schimmel als sonst.
    »Kümmer dich um deinen eigenen Kram, Vince, o. k.?«, knurrte Sandra Leoni, sie war sowieso schon wütend, weil sie sich gerade am kochend heißen Cappuccino die Zunge verbrannt hatte.
    »Das tue ich ja gerade, piccere’ «, dass er sie als Kleine bezeichnete, hätte sie wahrscheinlich noch mehr aufgeregt, wenn sie seinen Dialekt verstanden hätte. »Ich bin dein direkter Vorgesetzter, vergiss das nicht. Und ich kann es noch ablehnen, den Antrag an den Staatsanwalt zu unterschreiben.«
    »Na dann unterschreib eben nicht. Und wenn dann alles den Bach runtergeht, wissen wir ja, wem wir das zu verdanken haben.«
    »Überleg es dir noch mal, Leo’, in Ordnung? Es ist gefährlich, und ich möchte nicht, dass …«
    »Was möchtest du nicht? Dass ich beim Nuttespielen eventuell gezwungen bin, mit einem Freier zu schlafen, oder dass mich einer von denen umbringen könnte?«
    »Beides. Hör mal, das hier ist kein Spiel.«
    »Ich weiß. Schließlich habe ich so etwas schon einmal gemacht. Außerdem war ich eine der Besten im Undercover-Lehrgang. Nur keine Sorge: Ich nehme mir einen Vorrat an Präservativen mit.«
    »Also, Sandra, ich weiß ja, dass du so etwas schon einmal gemacht hast, und habe mich über die Einsätze informiert, an denen du beteiligt warst. Aber hier geht es nicht darum, einen Dealer zu finden, der auf der Straße mit Atropin gestrecktes Heroin an die Junkies verkauft. Jetzt könnte es um einen internationalen Organhandel gehen, einen Ring von Pädophilen oder wer weiß was noch. Im Vergleich dazu sind die Drogenbosse die reinsten Waisenknaben.« In Marinos Stimme lag etwas Bittendes, was Leonis Schroffheit zumindest ein wenig Schärfe nahm.
    »Ich weiß alles, was ich wissen muss, Vince. Jeder Undercover-Einsatz ist gefährlich. Aber es ist auch gefährlich, die Straße zu überqueren oder auf Streife zu fahren. Oder bei einem Pokalspiel im Stadion Ordnungsdienst zu tun. Mir bedeutet dieser Einsatz sehr viel, weil ich glaube, dass wir nur so Licht in dieses abscheuliche Verbrechen bringen werden. Bitte, lass mich das einfach durchziehen!«
    »Na gut«, resignierte Marino und drückte den Plastikbecher laut knackend zusammen. »Ich wollte nur sichergehen, dass du es wirklich willst. Du bist vielleicht ein Dickschädel!«
    »Ich weiß.« Die Leoni lächelte, so etwas kam selten vor.
    » Vabbuo’ , dann gehen wir mal rauf und sehen, wie wir weiter vorgehen werden. Und wenn du dir wirklich zutraust, es zu tun, reden wir mit Dottor Salvi. Aber …«
    »Aber?« Sandra Leoni lächelte für einen Augenblick freundlich. Marino bemerkte, dass sie ein schönes, charaktervolles Kinn hatte, aber auch, wie hart und abweisend ihre Augen blickten. »Aber wir werden genau definierte Grenzen für den Einsatz festlegen, weil …«
    »Weil du … äh, ich meine, wir sind nicht gerade die dicksten Freunde, aber ich schätze dich sehr. Ich …«
    »Was, ich …?«
    »Also gut, ich mag dich eben, verdammt!«
    »Ich nicht, das ist nichts Persönliches, Vince, aber ich mag niemanden wirklich …«
     

KAPITEL 49
    Freitag, 16. Februar, später Nachmittag
    »Leo?«
    »Ja, Don Mario?« Der Organist brauchte sich nicht einmal die Mühe zu machen aufzustehen, die Chorempore war so schmal, dass er nur den Oberkörper ein wenig zurückzubeugen und den Kopf zu senken brauchte, um den Pfarrer aufrecht im Mittelgang der Kirche stehen zu sehen.
    »Ich habe deinen Schal in meinem Wagen gefunden. Komm zu mir ins Pfarrhaus, sobald du runterkommst.«
    »Einen Schal? Ich glaube kaum, dass der mir gehört, Don Mario. Mir fehlt keiner.«
    »Ich bin aber der Meinung, dass ich ihn an dir gesehen habe. Komm auf jeden Fall bei mir vorbei, bevor du gehst.

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