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Denn dein ist die Schuld

Titel: Denn dein ist die Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adele Marini
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beschloss, sie würde die Sache zu Ende bringen.
     

KAPITEL 59
    Sonntag, 25. Februar, 00:00 Uhr
    Luigi Colizzi, Ispettore der Postpolizei Bezirk Udine, kontrollierte bereits seit Stunden Internetseiten und begann sich allmählich zu langweilen.
    Er hatte gegen dreiundzwanzig Uhr seinen Dienst angetreten und würde sich noch bis sieben Uhr morgens im Internet herumtreiben und dort alles Mögliche überprüfen, dazwischen hatte er anderthalb Stunden Zeit für Pausen, die er sich frei einteilen konnte.
    Die Internetüberwachung in der Nachtschicht war eine zähe, unangenehme und vor allem langweilige Arbeit. Denn es war immer wieder dasselbe, man musste alle italienischen und ausländischen Seiten abklappern, die eindeutig erotische, so halb und halb erotische oder nur leicht anzügliche Inhalte hatten. Auch völlig harmlose Seiten, bei denen es vielleicht nur ansatzweise um Kinder ging, musste man checken. Ganz zu schweigen von den Blogs, den Chats, den Newsgroups …
    Dort landete alles wie in einem großen Kochtopf, was mit Kindern zu tun hatte, und man musste von Zeit zu Zeit mit Mausklicken diese Mischung umrühren, um all den Dreck, der sich am Boden abgesetzt hatte, an die Oberfläche zu bringen. Und wenn man nicht zufällig einen Hinweis hatte, den man verfolgen konnte, musste man aufs Geratewohl und völlig blindlings herumsurfen. Oder besser gesagt, wühlen. Wie ein Maulwurf. Zumal der Computerraum in einem fensterlosen Untergeschoss untergebracht war, in den kein Tageslicht fiel. Eben der natürliche Lebensraum von Maulwürfen wie Postinformatikern. Eben Leuten wie Colizzi.
    Der Ispettore startete die üblichen Programme, die das Internet schon einmal vorfilterten, und gab die entsprechenden Schlüsselwörter ein. Er erhielt eine endlose Liste mit verdächtigem Zeug.
    Die er komplett abzuarbeiten hatte.
    Das bedeutete Sites aufmachen, Menüs durchsehen, auch die Untermenüs und die Links. Foren aufsuchen und sich in Chatrooms einklinken, für die man sich einen Haufen unterschiedlicher Nicknames ausdenken musste. Und dann chatten, chatten, chatten und dabei immer im Hinterkopf behalten, was man unter den jeweiligen Nicknames schon alles von sich gegeben hatte, Vorlieben, Meinungen und Freunde. Und schließlich Tausende von Bildern und Videos sichten, von eindeutig harmlos bis hin zu absolut ekelhaft.
    Es war zum Auswachsen! Und das war nur das Ergebnis von ein paar Stunden.
    Pädophile Seiten wurden ständig neu eingerichtet und ebenso schnell wieder vom Netz genommen, wandelten permanent ihr Aussehen und waren kaum zu fassen. Dafür benötigte man vor allen Dingen ein geschultes Auge. Denn selbstverständlich erschlossen sich illegale Sites nicht dem normalen Durchschnittssurfer, der Suchmaschinen wie eine Fernbedienung benutzte und einfach nur wild im Web herumzappte.
    Die sogenannten »Liebhaber« oder »Kenner«, die normalerweise international vernetzt waren, wurden per E-Mails auf dem Laufenden gehalten, in denen manchmal eine URL oder ein direkter Link stand, aber oft waren sie bloß der Ausgangspunkt, an dem die echte Schatzsuche erst begann.
    Genauer gesagt auf Mamas oder Papas kleinen Goldschatz.
    Diese Seiten, deren Inhalt man erst einsehen durfte, wenn man seine Kreditkartennummer eingab oder öfter eine anonyme Überweisung mittels PayPal vornahm, versteckten sich hinter ganz harmlosen Seiten oder Portalen, auf denen es geheime Zugänge gab, und man musste genau wissen, worauf man klickte, um sie zu öffnen. Oftmals brauchte man auch ein Passwort, das via E-Mail weitergegeben wurde. Das konnte allerdings die Hacker in Uniform wie Colizzi nicht weiter abschrecken, denn schon das Beispiel Robert Masses, jenes erst fünfundzwanzigjährigen Kanadiers, der geheime Daten von Pentagon und Kreml gestohlen hatte, hatte gezeigt, dass man nichts ins Netz eingeben konnte, ohne Spuren zu hinterlassen.
    Es war ein mühsames Geschäft, langwierig und oft auch vergeblich. Als würde man jeden Tag die Wüste mit einem Handbesen fegen.
    Allerdings gab es eben hin und wieder auch Glückstreffer.
    Manchmal erkannte man unter Tausenden von Wörtern das richtige, gab aus Versehen die richtige Zahlenfolge ein oder man registrierte ein winziges Detail: ein Mausklick, und schon öffnete sich eine neue Seite. Dann musste man jedoch noch eine weitere Seite öffnen und noch eine und noch eine, manchmal ein endloses Spiel wie bei den russischen Matrioschkas, für das man Zeit, Geduld und öffentliche Mittel benötigte, die

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