Denn dein ist die Schuld
das Gemeindezentrum zu schließen. Auch wenn dann die Vorbereitungsstunden auf die Kommunion und alles Übrige ausfallen würden. An einer versäumten Katechismusstunde würde niemand sterben.
Er überprüfte gerade, ob alle gegangen waren, als er einige Streifenwagen der Carabinieri mit lautem Sirenengeheul ankommen hörte. Ihnen folgten die Kleinbusse der Spurensicherung. Sie brachten einen vom Untersuchungsrichter unterschriebenen Durchsuchungsbefehl mit, der sich auf den gesamten Gebäudekomplex der Gemeinde, die Kirche und den Wagen des Pfarrers bezog. Die Beamten legten ihn vor und fragten höflich, ob er sie begleiten könnte. Don Andrea war einer Ohnmacht nahe, aber er stimmte zu. Was blieb ihm auch anderes übrig?
KAPITEL 57
Sonntag, 25. Februar, 19:00 Uhr
Die Durchsuchung durch die Carabinieri war lang, erschöpfend und gründlich gewesen und hatte das gesamte Programm der Sonntagsgottesdienste durcheinandergebracht. Don Andrea hatte die drei üblichen Messen abgehalten und dabei so getan, als würde er die Absperrungsbänder der Spurensicherung in der Kirche nicht bemerken, die die Gläubigen von den möglichen Tatorten fernhalten sollten.
Keine Abendandacht.
Als die Gläubigen zur Vesper und zur Sechsuhrmesse kamen, fanden sie die Tür verschlossen.
Wenn man nicht weiß, wonach man sucht, kann jede Einzelheit von Bedeutung sein. Der Pfarrer erlebte, wie die Beamten sehr viel »verdächtiges Material« beschlagnahmten und in großen sterilen Säcken der Spurensicherung, die so ähnlich aussahen wie Müllsäcke, mitnahmen. Doch zuvor wurde jedes einzelne Stück genau beschrieben und in eine Inventarliste aufgenommen.
Nummer sechs (6): Fotoalbum mit verschiedenfarbigem Umschlag, geeignet für eine unterschiedliche Anzahl von Bildern, insgesamt fünfundvierzig (45) Aufnahmen diverser Größe, sie zeigen Jungen und Mädchen in unterschiedlichen Haltungen, alle haben die Hände gefaltet und tragen ein Festgewand. In zahlreichen Fotos sieht man auch Erwachsene unterschiedlichen Alters, männlich und weiblich, die Gegenstände halten …
Don Andrea, der mitbekam, wie jeder Gegenstand für die Inventarliste beschrieben wurde, erschauerte. So kann man also schnell einen guten Ruf ruinieren, dachte er. Diese Beschreibungen bezogen sich auf ein ganz normales Fotoalbum, das Bilder von der Erstkommunion enthielt, aber wenn sie ungekürzt in den Zeitungsberichten wiedergegeben würden, würden die Leser annehmen, der Pfarrer würde regelmäßig unaussprechliche Praktiken ausüben, nachdem er sich die geeigneten Werkzeuge auf Päderastenseiten und in Sexshops besorgt hatte.
In den schwarzen Säcken der Spurensicherung landeten nicht nur die Fotoalben, sondern auch Dutzende Aufnahmen von Jungen und Mädchen. Die Kinderstimmen des Chores des SaMCo aus vielen Jahren, darunter fand sich auf neueren Fotos auch Ivan … Und die Messdiener, ganze Klassen aus dem Katechismusunterricht am Tag der Erstkommunion und der Firmung …
Auch Don Marios Tagebuch wurde beschlagnahmt, außerdem alle Terminplaner, Notizblöcke und Aufzeichnungen, die im Pfarrhaus und in der Sakristei gefunden wurden. Sogar das Register der Kollekten in den Messen und eine Mickymaus-Uhr, die einer der Jungs Don Mario geschenkt hatte oder die er wohl eher einem der Messknaben während des Gottesdienstes abgenommen hatte.
Tea und Meo beobachteten diese Entweihung ihres Alltags, des Privatlebens und der Erinnerungen ihres Wohltäters völlig gelassen. Erst als ein Carabiniere im Schrank einen Karton mit Trockenfutter fand und ihn schüttelte, um herauszufinden, ob er etwas Verdächtiges enthielt, gingen sie brutal wie zwei Terroristen vor.
Der Carabiniere wurden von zwei wilden Bestien angefallen, die versuchten, ihm den Karton zu entreißen. Durch den überraschenden Angriff ließ er die Schachtel fallen, und die beiden Katzen stürzten sich darauf. Als er sie sah, schlug sich Don Andrea an die Stirn: Oh Gott, die Katzen! Das hatte also Don Mario in seiner Nachricht gemeint, die er mit einem Magneten am Kühlschrank befestigt hatte.
Darauf stand: »Jemand muss sich um diese armen Geschöpfe kümmern.« Und er hatte es so verstanden, dass er sich um die Gemeinde kümmern sollte. Doch da Don Mario nicht angenommen hatte, dass er so schnell wieder nach Hause kommen würde, hatte er ihn und Elvira einfach nur daran erinnern wollen, dass sich jemand um seine geliebten Katzen kümmern müsste.
Sie waren seit Freitag nicht mehr gefüttert worden,
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