Denn die Gier wird euch verderben - Thriller
eine leise Stimme in ihm sagt, dass er das nur zu gut versteht.
»Das ist eine sehr schwerwiegende Beschuldigung«, sagt er dann. »Sehr. Schwerwiegend.«
»Ja«, faucht Flisan hasserfüllt. »Und wie schwerwiegend das ist. Aber erzähl auch das andere.«
»Eins von den anderen Mädchen sollte im Schlafzimmer die Asche aus dem Kachelofen holen«, erzählt Blenda Mänpää. »Das war am Tag nach dem Mord. Und da im Kachelofen lag ein Stück von einem Hemdsärmel. Ist das nicht seltsam? Warum soll jemand sein Hemd verbrennen?«
Polizeikommissar Björnfot hat die Hand vor den Mund gelegt und sieht sie beide schweigend an. Das ist für ihn eine äußerst ungewöhnliche Geste.
»Und«, sagt jetzt Blenda Mänpää, »wenn er sein Hemd wechselt, lässt er das alte immer auf dem Boden liegen. An diesem Tag hat er ein neues Hemd angezogen, aber kein altes kam in die Wäsche. Also lag das Hemd vom Vortag im Ofen. Verstehen Sie?«
Björnfot nickt. Er versteht alles nur zu gut.
Flisan Andersson schaut ihn wütend an, als wollte sie die ganze Welt in Brand stecken. Blenda Mänpää kneift den Mund zusammen und wagt kaum, seinen Blick zu erwidern. Es hat sie großen Mut gekostet herzukommen. Obergrubenvogt Fasth ist der mächtigste Mann in Kiruna. Ja, neben dem Direktor, aber der ist ja fast nie da, sondern dauernd verreist.
Alles gehört der Bergwerksgesesellschaft. Die hat die Stadt und die Kirche gebaut. Die Gesellschaft bezahlt die Polizei, den Pastor und die Lehrerinnen. Und Obergrubenvogt Fasth ist die Gesellschaft.
Am Ende nimmt Björnfot die Hand vom Mund.
»Ich will mit ihr reden«, sagt er. »Dem Mädchen, das den Hemdsärmel im Ofen gesehen hat.«
» J A, MEIN U RGROSSVATER, Oskar Venetpalo, war Sprenger. Ein einfacher Mann, wissen Sie. Wurde von Hjalmar Lundbohm über den Tisch gezogen. Er hat kompakte Erzlagen in Tuolluvaara entdeckt. Aber wissen Sie, er war ja so ein loyaler Arbeiter von der alten Sorte. Also ging er zu Hjalmar Lundbohm und berichtete. Und der beantragte schon am nächsten Tag die Schürferlaubnis.«
Rebecka Martinsson stand auf Johan Venetpalos Vortreppe und rauchte eine Zigarette. Johan Venetpalo saß im Rollstuhl und schien sich über den unerwarteten Besuch zu freuen. Dass sie Staatsanwältin war, machte ihm offenbar nichts aus.
»Aber er hat nie etwas darüber gesagt«, fuhr er fort. »Schwieg wie das Grab. Ich weiß, dass er irgendeinen Wisch unterschrieben hat, dass Lundbohm das Erzfeld gefunden hätte. Und dann bekam er von Lundbohm ab und an ein bisschen Geld. Hat aber nie gesagt, wofür. Natürlich haben seine Frau und die Kinder sich so ihre Gedanken gemacht. Mein Großvater hat immer gesagt, sein Vater sei über den Tisch gezogen worden. Er war doch bei der Bergwerksgesellschaft angestellt und wollte sicher keinen Streit anfangen.«
»Nein, natürlich nicht.«
»Und Lundbohm war clever. Natürlich hätte er seine Schürfgewinne dem Staat abtreten müssen. Aber er verkaufte das Abbaurecht direkt an einen Unternehmer, der es seinerseits einer neu eingetragenen Bergwerksgesellschaft überließ. Und das hätte es dem Staat natürlich verdammt schwer gemacht aufzumucken und zu sagen, dass Lundbohm, wo der doch für den Staat arbeitete, die Schürfgewinne dem Staat abliefern müsse. Deshalb haben der Staat und diese neu gegründete Bergwerksgesellschaft einen Vertrag abgeschlossen. Und Lundbohm wurde auch zum Geschäftsführer der neuen Grube ernannt und verdiente damit fünftausend pro Jahr. Das war damals sehr viel Geld. Warum interessiert Sie das eigentlich?«
»Ach, nur so. Sie wissen doch, irgendwo beginnt man, an einem Faden zu ziehen.«
Johan Venetpalo musterte sie forschend.
»Geht es um diese Solveig Uusitalo in Kurravaara? Die war doch Lundbohms Enkelin.«
»Sol-Britt. Ja, irgendwie schon. Ich bin zwar nicht für die Mordermittlung zuständig, aber ihre Geschichte ist doch interessant.«
Johan Venetpalo lachte.
»Man steht also nicht unter Mordverdacht?«
»Nein.«
»Hier oben kommt es öfter vor, dass Familien einander Generationen hindurch hassen. Und wenn es Geld gegeben hätte, wäre das sicher der Fall. Wenn diese Sol-Britt einige Millionen geerbt hätte. Aber Lundbohm starb ja arm wie eine Kirchenmaus. Und Frans Uusitalo war ein Unehelicher, wie es damals hieß.«
»Ja.«
»Aber trotzdem, was hilft es, zu hassen und zu verfluchen? Davon wird man doch auch nicht reich.«
»Sie haben darüber einen Leserbrief an die Zeitung geschrieben.«
»Ach, daran
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