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Denn ewig lebt die Liebe

Denn ewig lebt die Liebe

Titel: Denn ewig lebt die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irina Reinert
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ganze Weile hinterher, auch, als sie bereits in ihrem Zimmer war und die Tür hinter sich geschlossen hatte. In seinem Kopf jagte ein Gedanke den anderen. Der an Gütern reiche Mann fühlte sich unendlich arm und nutzlos. Für Claudia war er eine Belastung, die fast nicht mehr zu ertragen war, denn seine Stimmungsschwankungen wurden mit der Zeit recht störend für seine Umgebung. Und das war noch gelinde ausgedrückt.
    Erschrocken faßte er sich mit der Hand an die Brust, dort, wo das Herz heftig gegen die Rippen pochte. Etwas war heute anders als sonst, die Schmerzen hatten sich verändert. War die Stunde Null bald gekommen?
    Michael von Melhus hoffte und fürchtete diese Entscheidung. Er konnte sie nur dem Schicksal überlassen, denn er selbst war in diesem Fall zu keinem Entschluß fähig und auch nicht berechtigt.
     
    * * *
     
    "Das ist doch absoluter Schwachsinn." Wütend schleuderte Natja Hofmann ihre Schultasche gegen den Garderobenschrank. "Heute nennt uns der Lehrer erst die Themen, die am Freitag in der Arbeit drankommen. Jetzt hab ich nur noch zwei Tage zum Lernen. Da kann ja nichts Gescheites draus werden."
    Der noch ziemlich jung wirkende Arzt blickte von seiner Tageszeitung auf. "Du wirst es schon schaffen, mein Mädchen", sagte er gedankenverloren und starrte gleich wieder auf das bedruckte Papier. Seine Hand fuhr durch das dichte dunkle Haar.
    "Du hast gut reden." Wütend ließ sich die Fünfzehnjährige auf einen der bequemen Ledersessel fallen, die in der Zimmerecke gegenüber des Schreibtisches standen. Sie waren für längere Gespräche mit Patienten gedacht, die nicht unbedingt wegen körperlicher Beschwerden zu ihm kamen.
    "Die Klasse ist doof und die ganze Schule taugt überhaupt nichts. Warum sind wir nicht zuhause geblieben? Ich hatte meine Freundinnen, die mir jetzt fehlen, und mitten im Schuljahr die Schule zu wechseln, ist ohnehin ausgemachter Schwachsinn." Das Mädchen strich sich das lange dunkle Haar aus dem Gesicht und blickte den Vater herausfordernd an. "Ich verstehe ja, dass du es nicht mehr ausgehalten hast", versuchte Natja einzulenken. "Doch du hättest auch an mich, an uns denken müssen."
    "Das habe ich getan, Natja." Alexander bemühte sich, ruhig zu bleiben. "Ich habe das Für und das Wider abgewägt, habe euch beide beobachtet und mich dazu. Ich habe keine andere Lösung gefunden." Er wich dem Blick seiner fast erwachsenen Tochter aus.
    "Dann hättest du länger nachdenken sollen. Mami ist noch nicht einmal ein Jahr tot. Du hättest uns dreien einfach eine Chance geben müssen. Flucht ist nicht unbedingt die beste Lösung, das müßtest du doch am besten wissen."
    "Ich hatte keine Möglichkeit, mir diese Chance zu genehmigen. Immerhin habe ich eine Arztpraxis und zwei Töchter, die ich anständig erziehen muss." Dr. Hofmann erhob sich, nachdem er sorgfältig die Zeitung zusammengefaltet hatte. Der Arzt sah ein Gespräch auf sich zukommen, mit dem er zwar gerechnet, das er jedoch immer wieder hinausgeschoben hatte. Er hatte damals die Entscheidung getroffen, alle Brücken hinter sich abzubrechen, um eine große Entfernung zwischen der Erinnerung und seiner Person zu bringen.
    "Ich will dir nicht weh tun, Vati." Natja beobachtete leicht verlegen ihren Vater, der sich jetzt ihr gegenüber hinsetzte und die langen Beine übereinanderschlug. "Wir können auch ein anderes Mal darüber reden. Ich muss für die Arbeit lernen."
    "Jetzt ist es zu spät dazu." Der Arzt schmunzelte in sich hinein. Das war typisch seine Tochter. Zuerst forderte sie das Gespräch heraus und dann wollte sie davonlaufen und sich lieber anderen Dingen widmen.
    Ganz deutlich erkannte Dr. Hofmann sich selbst in dem hübschen Mädchen. Auch er lief lieber allem Unangenehmen, allem Schmerzlichen davon. Das war jetzt jedoch nicht mehr möglich. Er hatte sich für das offene Gespräch entschieden, und Natja würde es eben aushalten müssen.
    "Wir verschieben alles auf heute abend. Einverstanden?", versuchte sie es noch einmal. Sie hatte das kurze Schweigen ihres Vaters als Zögern aufgefasst, merkte jetzt aber, dass sie sich geirrt hatte.
    "Nein, mein kluges Kind. Ich will es endlich hinter mich bringen. Seit ich mich zu diesem Umzug entschlossen habe boykottierst du alles, was ich versuche, um Verständnis bei dir zu wecken."
    "Das ist doch gar nicht wahr", wehrte sich Natja heftig. "Ich kann nur nicht einsehen, weshalb ich meine Heimat aufgeben muss. Auch mir fehlt Mami sehr, das weißt du. Und doch kann ich

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