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Denn Gruen Ist Der Tod

Titel: Denn Gruen Ist Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel McCrery
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faulige Geruch verwesender Körper war eben sehr durchdringend.
    Schließlich kam Sam mit fünfzehnminütiger Verspätung erhitzt, außer Atem und nervös in der Leichenhalle an. Sie zog schnell ihren grünen Chirurgenkittel über, schrubbte ihre Hände und zwängte sie in Latexhandschuhe. Dann betrat sie den Sezierraum, wo Beamte der Spurensicherung, diverse Detectives und Mister Palmer vom Gericht bereits auf sie warteten. In den Räumen der Pathologischen Abteilung war es immer leuchtend hell, da das Licht aus den starken Deckenstrahlern von den weiß gekachelten Böden und Wänden reflektiert wurde. Sam bemerkte, wie Superintendent Farmer, die neben Adams stand, ihr einen missbilligenden Blick zuwarf und dann ostentativ auf ihre Uhr sah. Sam ignorierte sie einfach und wandte sich an Fred Dale, ihren Assistenten.
    »Alles bereit, Fred?«
    Sam arbeitete mit Fred zusammen, seit sie vor einem Jahr im Park Hospital angefangen hatte, und sie hatte blindes Vertrauen zu ihm. Er war tüchtig und loyal und schien bei den Obduktionen, die sie zusammen durchführten, stets ihren nächsten Griff vorauszuahnen. Er war ein sanfter Riese von einsneunzig und hatte ein großes, rundes Gesicht, das permanent zu grinsen schien. Fred war ein geborener Clown mit dem schwärzesten Humor, dem sie je begegnet war. Er verstand es, die Atmosphäre auch in den schrecklichsten Situationen aufzulockern, und davon hatte es schon viele gegeben. Er war zwar jünger als sie, sah aber um Jahre älter aus. Als Corporal bei den Royal Green Jackets hatte er sich bei einem Aufstand in Belfast eine schwere Verletzung am Bein zugezogen. Während mehrere seiner Freunde bei diesem Einsatz ums Leben gekommen waren, hatte er nur ein leichtes Hinken zurückbehalten, das seiner Karriere allerdings ein vorzeitiges Ende bereitete. Nachdem er eine Weile auf der Straße gelebt und Obdachlosen-Zeitungen verkauft hatte, probierte er verschiedene Jobs aus und war schließlich im Park Hospital gelandet. Hier, umgeben von Toten, schien er sich wohl zu fühlen, und obwohl er eher grobschlächtig aussah, hatte Sam bemerkt, wie sanft, fast ehrfürchtig, er mit den Leichen umging, an denen er arbeitete. Wahrscheinlich fühlte er sich ihnen nahe, weil auch er Erinnerungen an die blutigen Kämpfe in Nordirland mit sich herumtrug. Obwohl sie nie darüber gesprochen hatten, war das eine Erfahrung, die sie miteinander teilten.
    Sam näherte sich dem langen, schwarzen Leichensack aus Plastik, der auf dem grauen Stahltisch lag, und nickte Fred zu, worauf dieser den Reißverschluss aufzog. Langsam kam die unter der Folie verborgene, stark verweste Leiche zum Vorschein. Auch der Polizeifotograf kam nun näher heran und schoss das erste einer ganzen Reihe von Fotos, mit denen er die Obduktion dokumentieren würde. Fred rollte den Körper sacht auf die Seite, sodass Sam vorsichtig den Sack unter ihm wegziehen konnte. Sie reichte ihn einem Beamten, der ihn zusammenfaltete und in eine große durchsichtige Tüte packte, denn er wurde noch als Beweisstück gebraucht. Sam und Fred traten ein paar Schritte zurück, denn nun mussten zunächst die verschiedenen Körperteile des Unbekannten geröntgt werden. Dabei machte der Röntgenassistent Aufnahmen des kompletten Skeletts und untersuchte es auf Brüche, Fremdkörper und Verletzungen.
    Der Körper – oder das, was noch davon übrig war – lag nun schwarz und nackt vor ihnen. Fred setzte den Kopf auf einen gewölbten Holzblock und entfernte die schwarzen Plastiktüten von den Füßen und der einen Hand. Die andere Hand, die der Hund des Totengräbers erbeutet hatte, lag in einer Plastiktüte neben dem Körper. Auch sie wurde jetzt vorsichtig ausgepackt und an den Arm gelegt. Aufgrund der fortgeschrittenen Verwesung der Leiche würde es keine einfache Obduktion werden, denn Spuren würden, wenn überhaupt noch welche vorhanden waren, nur schwer zu entdecken sein.
    Wenn Sam eine Obduktion durchführte, besonders eine gerichtsmedizinische, war sie hundertprozentig konzentriert und in ihre Aufgabe vertieft. Ihr Bewusstsein schien sich von Zeit und Raum zu lösen und außer dem Körper auf dem Tisch existierte für sie nichts, das ihre Aufmerksamkeit ablenken konnte. Sie begann in das Mikrophon über dem Untersuchungstisch zu sprechen.
    »Der Körper eines Unbekannten, weiß, männlich, um die zwanzig. Er ist gut entwickelt und ernährt. Ein Auge fehlt. Sein Haar ist blond, aber das scheint gefärbt zu sein. An den Wurzeln sieht es eher

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