Denn Gruen Ist Der Tod
der Leichenhalle.
»Ich hoffe, es dauert nicht lange, Trevor, ich habe noch zehn da liegen.«
Sie gingen in das kleine Büro und setzten sich an den Tisch.
»Farmer hat das Kriegsbeil ausgegraben und droht damit, zum Chef zu gehen. Sie sollen Informationen zurückhalten oder so.«
»Informationen, die sie selbst zu blöd war zu beschaffen. Wer hat Ihnen das erzählt?«
»Ich habe so meine Kontakte. Jedenfalls, wie auch immer, Sie sollten in nächster Zeit etwas vorsichtig sein.«
»Was kann sie denn schon groß tun?«
»Sie könnte Ihnen das Leben ein bisschen schwerer machen, je nachdem, wie weit sie gehen will.«
»Ich könnte also Probleme bekommen?«
»Keine großen. Sie wird nicht gern herumerzählen wollen, dass Sie den Beweis erbrachten, der zu Birds Festnahme führte. Aber Sie sollten sich eine Weile vor Skalpellen in Acht nehmen, die hinter Ihrem Rücken geworfen werden.«
Sam erfreute diese Nachricht zwar nicht gerade, aber sie wusste Trevors aufrichtige Besorgnis zu schätzen. »Danke, Trevor!«
Er lächelte sie an. »Gehört alles zum Service.«
Sam wollte gerade wieder in die Leichenhalle zurückgehen, da kam Jean Carr ins Büro. »Ich störe nur kurz, Doktor Ryan. Sie haben doch nicht vergessen, dass Sie morgen mit dem Fall Nash vor Gericht müssen?«
Sam hatte es in der Tat vergessen, aber sie wollte es nicht zugeben. »Ja, ja, ich werde da sein.«
Jean erkannte an Sams Gesichtsausdruck, dass ihr der Termin sehr wohl entfallen war und ihr jetzt große Zeitprobleme bereitete. »Sie wurden doch informiert.«
»Ich weiß, ich weiß. Tut mir Leid, Jean, ich habe im Moment viel um die Ohren.«
Fred, der noch seinen Kittel anhatte, stand plötzlich in der Tür und hielt eine Nadel hoch, an der ein Faden herunterhing. »Der Darm hat diesmal eine schlechte Qualität. Die Leichen platzen einfach wieder auf!«
Sam bemerkte, dass ihre Sekretärin ganz blass wurde. Sie legte ihr einen Arm um die Schulter und drückte sie liebevoll an sich.
Malcolm Purvis saß mit übereinander geschlagenen Beinen vor seinem Fernseher und hatte die Fernbedienung für den Videorecorder in der Hand. Er sah sich ein Video von Frances und ihrer Mutter an. Er hatte den Film vor Jahren in einem Park gedreht, ihn aber erst kürzlich auf Video überspielt. An einer Stelle des Films, an der Frances sich eng an ihre Mutter klammerte, zoomte die Kamera zu einer Nahaufnahme dicht an sie heran. Frances schaute mit ihrem kleinen Gesicht direkt in die Kamera und rief, nachdem die Mutter sie dazu ermuntert hatte, ihrem Vater lächelnd zu: »Ich liebe dich, Daddy.« Sie legte ihre Hand an die Lippen und pustete ihrem Vater einen Kuss zu. Er spielte diese Szene immer und immer wieder ab, wobei er manchmal das Bild anhielt und lange das Gesicht seiner Tochter betrachtete.
Adams kam allein. Er fand, Farmers Sportsgeist war in einer solchen Situation nicht gefragt. Er klopfte an die große Eichentür und wartete. Wenige Sekunden später kam Malcolm Purvis heraus. Adams hatte sich vorgenommen, vorsichtig und sanft mit ihm umzugehen. »Es tut mir Leid, Sie zu stören, Sir, besonders zu dieser Zeit, aber ich muss Ihnen etwas mitteilen.«
Malcolm Purvis starrte ihn einen Moment lang mit leerem Blick an, trat dann zur Seite und winkte ihn hinein. Adams folgte ihm ins Wohnzimmer, wo immer noch das Video lief. Er setzte sich auf das Sofa und sah den Film eine Weile mit an. Gerade war Frances zu sehen, wie sie mit ihrer Mutter und einem kleinen Jungen draußen spielte. Es war Sommer und sie kugelten über das Gras, übten Handstand und genossen ihr junges Leben.
»Ist das Frances?« Adams zeigte auf den Bildschirm.
»Ja, das ist sie. Das ist bestimmt elf oder zwölf Jahre her.«
»Sie war damals schon sehr hübsch.«
Malcolm setzte sich neben Adams und sah auf den Bildschirm. »Ja, das war sie. Sie kam Gott sei Dank nach ihrer Mutter.«
»Ist das Ihre Frau?«
»Ja, das ist Anne. Sie ist ungefähr ein Jahr danach an Krebs gestorben.«
Adams sah Malcolm an. Seit ihrer letzten Begegnung schien er gealtert zu sein. Die Furchen in seinem Gesicht waren zahlreicher und tiefer geworden und sein graues Haar hatte jede Eleganz verloren. »Das tut mir Leid.«
»Für Frances war es sehr schwer. Und ich war zu beschäftigt und zu deprimiert, um mich um sie zu kümmern. Ich habe sie enttäuscht, als sie mich gebraucht hat. Deshalb ist letztlich alles meine Schuld, verstehen Sie?«
»Das bezweifle ich. Im Leben pendelt sich doch vieles wieder
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