Denn mit Morden spielt man nicht - Granger, A: Denn mit Morden spielt man nicht - Mixing with murder
zu stellen, klammerten sie sich lieber an die unvollkommene, in der sie lebten. Ich dachte, so unvorhersehbar und improvisiert mein Leben auch sein mochte, es war mir lieber als ein betäubender Alltag und Beziehungen, die zum Scheitern verurteilt waren. Die Briefkastentante antwortete in vorhersehbarer Weise mit Ratschlägen, die sich nicht verwirklichen ließen. »Warum sprechen Sie nicht mit ihm darüber?« Weil der Mistkerl ein verdammter Lügner ist und ein Hochstapler, darum.
Heute war ich nicht so sicher, dass diese traurigen Leben schlimmer waren als mein eigenes. Sie wussten wenigstens im Herzen, wie das Ende ihrer Probleme aussah. Er würde sie verlassen, entweder mit einer neuen Liebe, oder er würde zurückkehren zu seiner Frau, falls er eine hatte. So einfach war die Lösung für meine Probleme bei weitem nicht.
Genauso, wie Ivo nicht aus meinem Kopf weichen wollte, tauchte eine neue Frage auf und hielt sich hartnäckig in meinen Gedanken. Was würde Jasna tun, wenn sie von seinem Tod erfuhr? Hatten die beiden nur ihr Exil gemeinsam gehabt oder mehr? Was war mit Ivos Familie daheim in Kroatien, vorausgesetzt, das war seine Heimat? Vielleicht hatte er eine liebe, grauaarige alte Mutter und einen würdevollen Vater, die abhängig waren von dem Geld, das er nach Hause schickte – hör auf damit, Fran!
Es ist einfach, über Leute nachzudenken und sich die wildesten Szenarios auszumalen. Immer wieder glauben die Leute, Ganesh und ich wären ein Paar. Doch wir sind nur Freunde. Ja, natürlich könnte es weiter gehen, wenn wir es dazu kommen ließen, doch das tun wir nicht. Uns gefällt das, was wir haben, und wir wissen, wie gefährlich es ist, damit zu spielen. Ganeshs Familie mag mich, doch sie würde mich niemals als geeignetes Heiratsmaterial für ihren Sohn sehen. Und ich will nicht diejenige sein, die zwischen ihnen und Ganesh steht. Er hadert mit seiner Familie, doch er ist sehr tief in ihr verwurzelt. Eines Tages werden wir eine Entscheidung treffen müssen, schätze ich. Wir verschieben sie immer wieder. Es hilft nicht weiter, sich ständig den Kopf über Dinge zu zerbrechen. Letzten Endes fallen die meisten Entscheidungen von ganz allein.
Ich studierte die Werbung in dem Frauenmagazin. Ich wollte keine zwei Röcke mit elastischen Bünden zum Preis von einem. Ich war noch nicht alt genug für einen Treppenlift, und ich konnte mir kein Sprudelfußbad für zu Hause leisten. Außerdem hatte ich für die nächste Zukunft genug Zeit im Wasser verbracht, danke sehr.
Ich legte das Magazin beiseite, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und starrte an die Decke. Was hatte Ivo in Oxford zu suchen? Wenn Mickey ihn nicht geschickt hatte, wer dann? Wenn er hier unten an der Christ Church Meadow gewesen war, konnte das doch wohl nur daran liegen, dass er mich beobachtet hatte und herausfinden wollte, mit wem ich mich traf? Doch woher hatte er gewusst, dass ich hier sein würde? Irgendwie würde alles einen Sinn ergeben, wenn ich die Puzzleteile richtig anordnen konnte, dessen war ich sicher. Doch es war, als würde man versuchen, ein Puzzle zu lösen, bei dem drei oder vier Steinchen fehlen. Es gab eine Lücke in alledem, ein fehlendes Verbindungsglied. Ich fragte mich, ob Darwin ähnlich frustriert gewesen war. Schließlich fiel ich in einen unruhigen Schlaf, warf mich hin und her, außerstande, wirkliche Erholung zu finden, außerstande, mich von Ivos geisterhafter Präsenz zu befreien, und voller Fragen, was wohl als Nächstes geschehen würde.
Als es endlich Morgen wurde, war ich vollkommen erledigt. Ich hatte Ringe unter den Augen, und ich sehnte mich danach, mit jemandem zu reden, der mir freundlich gesinnt war und auf meiner Seite stand, nicht auf der von Allerton. Ich bereute zutiefst, dass ich mich mit Ganesh gestritten hatte. Auf dem Weg nach unten zum Frühstück rief ich vom Telefon in der Halle aus im Zeitungsladen an. Gott sei Dank nahm Ganesh das Gespräch an und nicht sein Onkel. Ich hatte mir nicht überlegt, was ich Onkel Hari sagen würde, der, wie es schien, in einem schlimmeren Zustand war als ich.
»Ich bin es, Fran«, sagte ich bedrückt.
»Oh, hallo Fran«, antwortete Ganesh. »Ist alles in Ordnung?« Er klang sehr viel ruhiger als am vergangenen Abend, und ich vermutete, dass er unseren Streit genauso bereute wie ich.
»Bis jetzt«, sagte ich. »Warte ein Weilchen. Es ist noch früh.«
»Kommst du heute nach Hause?«
»Nun, ich habe immer noch diesen Auftrag zu erledigen
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