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Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House

Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House

Titel: Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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lange die Nacht nun schon andauerte; jegliches Zeitgefühl war ihr abhanden gekommen.
    Sie drehte sich vorsichtig in dem schmalen Bett, hielt aber dabei den linken Arm immer an die Brust gepresst. Sie nahm an, dass der Arm gebrochen war, aber nicht allzu schwer. Ihre Mutter hatte ihr die verschiedenen Arten von Brüchen erklärt: Bei einer komplizierten Fraktur konnte es vorkommen, dass die spitzen Knochenenden sich durch die Haut bohrten, aber eine simple Fraktur hieß, dass der Knochen einfach nur in der Mitte entzweigebrochen war.
    Ihr Unterarm war angeschwollen und tat weh, wenn sie ihn bewegte, aber die Haut war unverletzt, und sie fühlte auch keine Unebenheiten, wenn sie ihn mit den Fingern vorsichtig abtastete. Allerdings schien sie Fieber zu haben, ihr war übel, und außerdem hatte sie fürchterlichen Durst.

    Endlich aber begannen ihre Augenlider zu flattern, und trotz der Schmerzen und der Übelkeit glitt sie in einen unruhigen Halbschlaf hinüber.
    O Gott – sie fiel, sie konnte sich nirgends festhalten … Das dunkle Holzgeländer sauste in einem Schwindel erregenden Wirbel an ihr vorbei, und sie spürte den Aufprall, als sie auf den harten Stufen landete … Dann packten Hände sie an den Knöcheln, und das Gewicht eines Körpers drückte ihr die Luft aus den Lungen, ein rasender Schmerz schoss ihr in den Arm …
    Harriet fuhr aus dem Schlaf auf; ihr Arm pochte von der unwillkürlich heftigen Bewegung. Langsam zog sie sich hoch, bis sie mit dem Rücken zur Wand halb lag und halb saß. Nach einer Weile ließ das Schwindelgefühl nach, doch sie konnte die Bilder nicht vertreiben, die ihr immer aufs Neue in den Sinn kamen.
    Sie war aufgestanden und hatte gelächelt.
    Die Frau hatte an der Tür innegehalten und sie ein wenig überrascht angeschaut, dann war sie ins Zimmer gekommen und hatte das Tablett, das sie in der Hand hielt, auf der niedrigen Kommode abgestellt.
    »Es ist warm hier«, wagte Harriet zu sagen, auch wenn ihr Herz dabei wie wild pochte. »Könnte ich … Könnten wir vielleicht ein bisschen das Fenster aufmachen, damit frische Luft hereinkommt?«
    Die Frau drehte sich zu ihr um und sah sie mit einem ganz merkwürdigen Ausdruck an, als ob sie vergessen hätte, dass Harriet sprechen konnte. Dann trat sie ans Fenster und berührte eine der beschlagenen Scheiben; es sah beinahe zärtlich aus, wie ihre Finger über das Glas strichen.
    »Es lässt sich nicht öffnen«, sagte sie mit rauer Stimme. »Es lässt sich schon seit Jahren nicht mehr öffnen. Du wirst mit der Hitze leben müssen.«
    Harriet starrte sie an, dann die Bücher und das schmale Bett, und eine schreckliche Gewissheit erfasste sie. »Das hier war Ihr
Zimmer«, flüsterte sie. »Das waren Ihre Bücher. Sie haben in die Bücher geschrieben. Sie haben geschrieben …«
    »Nur wenn ich böse war«, unterbrach die Frau sie. Sie lächelte. »Allerdings war ich ziemlich oft böse.«
    »Aber warum haben Sie … Wie konnten Sie mich in dieses Zimmer bringen … Sie wussten doch …«
    »Ich hatte es auch nicht vor, jedenfalls nicht von Anfang an.« Die Frau runzelte die Stirn, während sie das sagte, als wunderte sie sich selbst darüber. »Aber dein Vater …« Sie fixierte Harriet, ihr Blick wurde strenger. »Dein Vater wollte weggehen, und er ist nie auf die Idee gekommen, dass er mich mitnehmen könnte … Ich glaube, er hätte mir noch nicht einmal etwas gesagt, wenn er nicht meine Hilfe gebraucht hätte …«
    »Aber …«
    »Das konnte ich doch nicht zulassen, verstehst du?«
    Ihr Vater wusste also von nichts. Er wusste nicht, wo sie war. Eine Woge der Erleichterung überkam Harriet, denn jetzt wusste sie, dass er sie nicht hierher gebracht hatte, aber im nächsten Augenblick wurde ihr klar, was das bedeutete, und ihre Erleichterung wich nackter Angst. Sie musste unbedingt dafür sorgen, dass die Frau weiterredete, und so antwortete sie: »Nein. Nein, das konnten Sie nicht zulassen. Das war egoistisch von ihm. Meine Mama sagt immer, dass er egoistisch ist.« Ihre Illoyalität trieb ihr die Schamröte ins Gesicht, doch sie fuhr fort: »Es tut ihm sicher schon Leid. Das war wirklich dumm von ihm.«
    »Ja, das stimmt.« Die Frau schien erfreut, dass Harriet sich so einsichtig zeigte.
    »Wenn er seine Lektion gelernt hat«, sagte Harriet vorsichtig und versuchte, dabei möglichst ruhig zu klingen, »dann könnten Sie mich doch vielleicht gehen lassen.«
    »Oh, da bin ich aber anderer Meinung«, sagte die Frau, als ob sie gründlich

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