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Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House

Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House

Titel: Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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darüber nachgedacht hätte. »Denn dann würde
ich große Schwierigkeiten bekommen, und das will ich nicht.«
    »Ich würde auch nichts verraten.«
    »Doch, das würdest du.« Ihre Miene verhärtete sich, und da wusste Harriet, dass sie mit Verstellung nicht weiterkommen würde. Aus dem Augenwinkel heraus sah sie, dass die Tür nicht ganz geschlossen war. Sie musste die Chance ergreifen, aber zuerst musste sie die Frau irgendwie ablenken.
    »Sind das Ihre Karten?«, fragte sie und deutete mit dem Kopf auf die Kommode. »Ich habe da ein Kartenspiel entdeckt, in der Schublade. Ich könnte mit Ihnen spielen, wenn Sie möchten.«
    Die Züge der Frau wurden plötzlich weicher, ein Funke unverfälschter Freude blitzte in ihren Augen auf, vielleicht eine Erinnerung. Ihr Blick ging zur Kommode. In diesem Moment stürzte Harriet sich auf die Tür, riss sie auf und stürmte die Treppe hinunter.
    Die Stufen waren hoch und hart, der Läufer verschlissen und dünn wie Seidenpapier. Harriet rutschte auf der ersten Stufe aus, verlor das Gleichgewicht und fiel die Treppe hinunter, während die Frau schon wie eine Furie hinter ihr her war. Sie stürzte sich auf Harriet, drückte ihren schmächtigen Körper mit ihrem ganzen Gewicht zu Boden und ignorierte die Schmerzensschreie des Mädchens. Dann riss sie sie hoch und trieb sie wieder die Treppe hinauf.
    »Du hast mich reingelegt«, zischte sie, und Harriet spürte ihren heißen Atem im Ohr. »Du hast mich reingelegt, und das wird dir noch sehr Leid tun.« Sie stieß Harriet ins Zimmer und schlug die Tür so fest zu, dass die Wände bebten und die Porzellanschüssel auf der Kommode klirrte.
    Lange Zeit blieb Harriet liegen, wo sie hingefallen war, weil sie es nicht wagte, sich zu rühren. Es wurde heller im Zimmer, dann wieder dunkler, nachdem die Sonne den Zenit überschritten hatte. Endlich, getrieben von den Schmerzen in ihrem Arm, stand sie auf, stolperte zum Bett und legte sich hin.
Sie zog sich die Decke über die Schultern, denn trotz der stickigen Hitze zitterte sie am ganzen Leib.
    Die Stunden verstrichen, das Licht wurde grau, als der Nachmittag in den Abend überging, doch im Haus regte sich nichts. Seit der kargen Mahlzeit von gestern Abend hatte sie nichts mehr gegessen oder getrunken. Das Tablett stand immer noch auf der Kommode, wo sie es vor Stunden abgestellt hatte. Harriet versuchte, kein Geräusch zu machen, als sie aufstand und durch das Zimmer ging.
    Eingedickter Haferbrei, Trockenfrüchte, ein Becher warmes, abgestandenes Wasser. Harriet trank das ganze Wasser auf einen Zug – es war ihr inzwischen gleich, wie oft sie den Eimer benutzen musste -, dann zwang sie sich, ein paar Löffel von dem Haferbrei zu essen, und ein Stückchen von dem Trockenobst. Aber sie fühlte sich unwohl, ihr war schwindlig, und bald verkroch sie sich wieder ins Bett.
    Und jetzt, Stunden später, krampfte sich ihr leerer Magen schmerzhaft zusammen.
    Sie rief sich noch einmal ins Gedächtnis, was sie während ihres kurzen Fluchtversuchs gesehen hatte. Einen Flur. Eine offene Tür. Ein Zimmer, staubig und offensichtlich seit längerem nicht mehr benutzt, genau wie das, in dem sie gefangen war. Das Treppenhaus war stockdunkel gewesen, wie eine gähnende Höhle – im ganzen Haus war kein Licht zu sehen, kein Laut zu hören gewesen.
    Harriet dachte an das Essen, das die Frau ihr gebracht hatte – das Trockenobst, das abgestandene Wasser. Dann dachte sie an die absolute Stille, die sie umgab, und dass sie zu Hause immer das Geräusch des Boilers und das Gluckern und Blubbern der Wasserleitungen hörte, wenn sie nachts im Bett lag.
    Dieses Haus war tot und verlassen, das war ihr jetzt klar; es stand leer. Es gab weder Strom noch Wasser, und es hatte schon sehr lange niemand mehr darin gewohnt, bis die Frau sie hergebracht hatte.

    Das machte alles irgendwie noch schlimmer – die Vorstellung, in einem so öden, leeren Haus gefangen zu sein. Ihr war sehr kalt, und sie hatte große Angst. Sie sehnte sich plötzlich nach ihrer Mutter, so heftig, wie sie sich noch nie nach irgendetwas gesehnt hatte. In der Dunkelheit rief sie nach ihr, doch ihre Mutter kam nicht.
     
    Kincaid tastete blind nach dem Wecker und versuchte, das nervende Geräusch abzustellen. Seine Finger fanden ihn schließlich, aber das Läuten hörte nicht auf. »Verdammt«, brummte er. Es war das Telefon, nicht der Wecker.
    Während seine Hand den Hörer suchte, blinzelte er nach der Digitalanzeige des Weckers und sah, dass es

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