Denn niemand hört dein Rufen
Danach habe ich ihn nie mehr wiedergesehen.«
»Aber Sie haben ihn bezahlt, um ihr nachzustellen und sie zu töten. Hat es sich nicht so abgespielt?«
»Ich habe Easton nicht bezahlt, und ich hätte Natalie niemals etwas antun können!«, protestierte Gregg. Seine Schultern zuckten, seine Augen füllten sich mit Tränen. »Können Sie das nicht verstehen? Kann das denn niemand hier verstehen?« Ihm versagte die Stimme, und er brach in ein lautloses Schluchzen aus.
»Euer Ehren, ich bitte um eine Unterbrechung«, sagte Moore mit drängender Stimme.
»Wir werden eine Pause von fünfzehn Minuten einlegen«, ordnete Richter Stevens an, »um dem Zeugen die Gelegenheit zu geben, seine Fassung wiederzugewinnen.«
Kurz darauf wurde die Verhandlung wieder aufgenommen. Gregg hatte sich beruhigt und war in den Zeugenstand zurückgekehrt. Er wirkte bleich und passiv, als hätte
er sich damit abgefunden, eine weitere schonungslose Befragung von Emily erdulden zu müssen.
»Ich habe nur noch wenige Fragen, Euer Ehren«, sagte Emily, als sie an der Richterbank vorbei zum Zeugenstand ging. Sie blieb direkt davor stehen und blickte Gregg eine ganze Weile ins Gesicht.
»Mr Aldrich, Sie haben bei der Einvernahme durch die Verteidigung bestätigt, dass im Wohnzimmer Ihrer New Yorker Wohnung ein Tischchen steht, dessen Schublade beim Öffnen ein lautes quietschendes Geräusch von sich gibt.«
»Ja, das ist richtig«, antwortete er leise.
»Und könnte man sagen, dass Jimmy Easton diesen Tisch und das Geräusch zutreffend beschrieben hat?«
»Ja, aber er war nie in meiner Wohnung.«
»Mr Aldrich, Sie haben uns erzählt, dass über diese Schublade in der Familie gescherzt wurde, dies sei ›eine Nachricht der verstorbenen Seelen aus dem Jenseits‹.«
»Ja, das ist richtig.«
»Kannte Mr Easton Ihres Wissens Mitglieder Ihrer Familie?«
»Soweit ich weiß, nein.«
»Hatten Sie gemeinsame Freunde oder Bekannte, die in Mr Eastons Anwesenheit eine scherzhafte Bemerkung über diese Schublade hätten fallenlassen können?«
»Soweit ich weiß, haben wir keine gemeinsamen Bekannten.«
»Mr Aldrich, haben Sie irgendeine Erklärung dafür, wie Mr Easton dieses Möbelstück und das Geräusch, das die Schublade macht, so treffend beschreiben konnte, wenn er nie in Ihrer Wohnung gewesen ist?«
»Ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen, woher er
das wissen konnte. Ich habe keine Ahnung.« Greggs Stimme wurde erneut stockend und brüchig.
»Noch eine Sache, Mr Aldrich. War in diesen Artikeln, die in verschiedenen Zeitschriften über Natalie erschienen sind, irgendwo die Rede von dieser Schublade?«
»Nein«, antwortete er, am Rand der Verzweiflung. Er umklammerte die Armlehnen des Zeugenstuhls und wandte sich an die Geschworenen. »Ich habe meine Frau nicht umgebracht«, rief er. »Ich habe es nicht getan. Bitte glauben Sie mir doch. Ich … ich …« Unfähig, weiterzusprechen, schlug Gregg die Hände vors Gesicht und weinte.
Ohne noch weiter von dem aufgelösten Mann im Zeugenstand Notiz zu nehmen, sagt Emily knapp: »Euer Ehren, ich habe keine weiteren Fragen«, dann ging sie mit gemessenen Schritten zurück zum Tisch der Anklage.
Moore und sein Sohn verständigten sich flüsternd, bevor sich Richard Moore erhob. »Euer Ehren, die Verteidigung stellt keine weiteren Fragen.«
Richter Stevens blickte zu Gregg Aldrich. »Sir, Sie dürfen jetzt den Zeugenstand verlassen.«
Gregg stand mit gebeugtem Rücken auf, murmelte: »Danke, Euer Ehren«, und ging langsam zu seinem Stuhl zurück, als ob jeder Schritt ihm Schmerzen bereite.
Richter Stevens wandte sich daraufhin an Emily. »Gibt es noch irgendeine Widerlegung vonseiten der Anklage?«
»Nein, Euer Ehren«, sagte Emily.
Darauf wandte sich der Richter an die Geschworenen: »Meine Damen und Herren, damit ist die Beweisaufnahme abgeschlossen. Ich werde eine Unterbrechung von einer Dreiviertelstunde anordnen, um beiden Parteien die Gelegenheit zu geben, ihre Gedanken für die Schlussplädoyers zu ordnen. Nach den Bestimmungen unseres Gerichtswesens
hat der Verteidiger den Vortritt, danach folgt die Anklage. Je nachdem, wie viel Zeit die Plädoyers in Anspruch nehmen, werde ich Ihnen entweder heute am späten Nachmittag oder morgen früh meine abschließenden Anweisungen erteilen. Wenn ich damit fertig bin, werden wir durch Auslosung die beiden Stellvertreter bestimmen, und die verbleibenden zwölf Geschworenen werden danach mit ihren Beratungen beginnen.«
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