Denn niemand hört dein Rufen
ihre Tasche und entnahm ihr eine Visitenkarte. »Emily, es wäre schön, wenn Sie mich anrufen würden. Wenn wir uns ein paarmal miteinander unterhalten, könnte ich Ihnen vielleicht ein wenig weiterhelfen.«
Emily nahm bereitwillig die Karte entgegen und brachte ein gequältes Lächeln zustande. »Ich erinnere mich, dass Ted beim Essen erwähnt hat, Sie hätten ihm und Nancy vor langer Zeit einmal geholfen, eine schwierige Phase zu überwinden, wie er es nannte. Ich gebe gern zu, dass mir im Moment alles etwas über den Kopf gewachsen ist. Ich melde mich nächste Woche bei Ihnen.«
52
D ie vielen Jahre, in denen es ihm gelungen war, seinen Verfolgern zu entkommen, hatten Zach gelehrt, vorsichtig zu sein. Nachdem er Henry Links verrauchte Küche verlassen hatte, war er nach Hause gefahren und hatte früh zu Abend gegessen. Nun überlegte er, wie er wieder dorthin gelangen sollte, um den Kombi zu holen. Er wollte kein Taxi zu seinem Haus bestellen, denn dann wäre seine Spur zurückzuverfolgen.
Stattdessen ging er eine Meile zu Fuß bis Fair Lawn und nahm dort den Bus bis zum Garden State Plaza in Paramus. Von dort ging er die halbe Meile bis zu Links Haus in Rochelle Park. Er hoffte, dass Link ihn nicht bemerken und aus dem Haus kommen würde, um ihn wieder vollzuquatschen.
Aber Henry ließ sich nicht blicken, als er die Tür des braunen Kombis öffnete und den Motor anließ. An der Route 17 bog er nach Süden ab und fuhr zum Turnpike, der ihn zum Flughafen von Newark bringen würde. Dort würde er den Wagen im Bereich für Langzeitparker abstellen. Dann wollte er ein Taxi zurück nach Fair Lawn nehmen und den Rest nach Hause laufen.
Es war Viertel vor neun, als er seine Straße erreichte. Er blickte zu Madeline Kirks Haus gegenüber. Das Haus der neugierigen alten Zicke musste in etwa den gleichen Grundriss haben wie seines. Daher kam das einzige Licht,
das zu sehen war, wohl aus dem Fernsehzimmer neben der Küche. Bestimmt sitzt sie vor der Glotze, dachte er, vielleicht wartet sie auf Zur Fahndung ausgeschrieben . Das fängt um neun Uhr an.
Vielleicht geht es in der Sendung ja wieder um mich? Vielleicht sprechen sie über irgendwelche Hinweise, die sie bekommen haben?
Zach wandte sich um und ging auf seine Haustür zu. Doch dann blieb er noch einmal stehen. Wenn Kirk nun wirklich die Sendung in der letzten Woche gesehen hat, überlegte er, dann hat sie jedenfalls noch nicht angerufen und einen Hinweis abgegeben, denn sonst wären die Bullen schon längst da gewesen. Wenn sie nun aber noch unschlüssig ist, ob sie anrufen soll oder nicht, dann könnten neue Fakten in der heutigen Sendung sie womöglich dazu bewegen, es doch noch zu tun. Sehr weit hergeholt ist das nicht …
Er musste auf Nummer sicher gehen. Doch zuerst musste er Handschuhe holen, damit er keine Fingerabdrücke hinterließ. Er hastete zur Haustür, sperrte auf, suchte eng anliegende Lederhandschuhe aus dem Garderobenschrank heraus und streifte sie über.
Es war ziemlich dunkel auf der Straße, was die Sache erleichterte. So konnte er an der dichten hohen Hecke, die Kirks Grundstück von ihrem Nachbarn abgrenzte, entlangschleichen, ohne gesehen zu werden. Er ging in die Hocke, als er auf der Höhe des seitlichen Fensters war, das zu ihrem Fernsehzimmer gehörte, dann hob er vorsichtig den Kopfüber die Höhe des Fenstersimses.
Madeline Kirk saß in Bademantel und Nachthemd in einem abgewetzten Polstersessel, eine Häkeldecke über dem Schoß. Auf dem Beistelltischchen daneben sah er ein Telefon, einen Bleistift und einen kleinen Notizblock.
Er hatte eine gute Sicht auf den Bildschirm, und die Lautstärke war so hoch eingestellt, dass er das meiste von dem, was gesagt wurde, verstehen konnte. Es war wenige Minuten vor neun, und gerade forderte der Moderator die Zuschauer auf dranzubleiben, weil gleich Zur Fahndung ausgeschrieben folgen würde.
Er war sicher, dass ihn seine Ahnung nicht trog. Er konnte nicht länger warten, um zu sehen, ob sie sich die Telefonnummer für Hinweise notieren würde. Wenn er draußen bliebe und sie würde zum Telefon greifen und anfangen zu wählen, würde er sie vielleicht nicht mehr rechtzeitig aufhalten können.
Möglicherweise gibt es irgendwo ein Fenster oder eine Tür, die nicht verschlossen sind, dachte er. Während er um das Haus schlich, konnte er keinerlei Drähte oder Ähnliches an den Fenstern entdecken, was auf eine Alarmanlage schließen ließ. Auf der anderen Seite des Hauses fand er
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