Denn niemand hört dein Rufen

Titel: Denn niemand hört dein Rufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark

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jetzigen Stand der Dinge keine starken Argumente für eine Berufung ins Feld führen konnte – der Richter hatte keinerlei angreifbare Entscheidungen getroffen.
    Doch wenn dieser Anruf ernst zu nehmen war, wenn jemand tatsächlich einen Beweis dafür liefern konnte, dass Jimmy Easton zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem Mord an Natalie in der Wohnung gewesen war, dann würde Richard mit Sicherheit Berufung einlegen …
    Wie viel sollte ich als Belohnung anbieten? Fünftausend?
Zehntausend? Fünfundzwanzigtausend? Diese Gedanken gingen ihm ständig durch den Kopf, während er sich in den Umkleideraum begab.
    Nachdem Mike das Fitnessstudio verlassen hatte, aß er noch im Club-Restaurant zu Mittag. Er setzte sich an einen Tisch am Fenster und blickte hinaus auf den Central Park. Die herbstliche Färbung des Laubes hatte ihren Höhepunkt erreicht, alles leuchtete dunkelrot, golden und orange. Bei den Pferdekutschen herrschte ziemlich viel Betrieb, beobachtete er. Es war so ein Herbsttag, sonnig, aber mit einem frischen Wind, an dem es viele Leute in den Park zog, um spazieren zu gehen, zu skaten oder zu joggen.
    Wenn es keinen neuen Prozess oder eine erfolgreiche Berufung gibt, wird Gregg nie mehr diese Straße dahergeschlendert kommen, um sich mit mir hier im Club zu treffen, dachte Mike. Vermutlich wird er überhaupt bei der nächsten Vorstandssitzung ausgeschlossen werden. Im Moment ist das für ihn natürlich das geringste Problem.
    Er bestellte einen Hamburger und ein Glas Wein. Erst jetzt sickerte richtig in sein Bewusstsein, was für eine ungeheure Tragweite all das hatte, was mit seinem Freund geschehen war. Mir war schon klar, dass er schuldiggesprochen werden könnte, aber als ich sah, wie ihm die Handschellen angelegt wurden, traf es mich mit voller Wucht, dachte er. Und wenn ich all diese fröhlichen Leute im Central Park sehe, beginne ich eine Vorstellung davon zu bekommen, wie es sich anfühlen muss, wenn man seiner Freiheit beraubt wird.
    Ich werde die Belohnung selbst aussetzen, beschloss er. Ich werde es auf der Webseite bekanntgeben. Sie wird hoch genug sein, so dass jeder seine Skrupel überwinden wird, der zwar einen Tipp abgeben, aber auch niemanden in
Schwierigkeiten bringen will, weil er Easton schwarz beschäftigt hat.
    Fünfundzwanzigtausend Dollar. Das sollte alle, die etwas wissen, auf den Plan rufen. Mit dem Gefühl, eine gute Entscheidung getroffen zu haben, biss Mike in den Hamburger, den die Bedienung ihm gebracht hatte.

    Kurz bevor Mike am Samstagabend aus dem Haus ging, um sich mit Freunden zum Abendessen zu treffen, rief er in Greggs Wohnung an. Alice Mills meldete sich am anderen Ende. »Als wir gestern hier ankamen, war Katie so durch den Wind, dass Richard Moore einen Arzt angerufen hat, der im Nachbargebäude wohnt. Er hat uns ein Beruhigungsmittel bringen lassen. Sie hat heute bis mittags geschlafen, und als sie aufgewacht ist, hat sie wieder zu weinen angefangen. Später sind aber einige ihrer Freundinnen gekommen, und dann fühlte sie sich etwas besser. Sie sind zusammen ins Kino gegangen.«
    »Ich möchte Sie beide morgen Mittag zum Essen ausführen«, sagte Mike. »Wissen Sie, wann die Besuchszeiten im Gefängnis sind?«
    »Richard wird uns Bescheid sagen, wann wir Gregg sehen können. Katie besteht darauf, dass sie ihren Vater noch einmal sehen muss, bevor sie in wenigen Tagen zurück ins Internat fährt. Ich denke, es wird nur gut für sie sein, wenn sie in ihren Schulalltag zurückkehrt.«
    »Und wie geht es Ihnen, Alice?«
    »Körperlich gesehen, nicht schlecht für jemanden, der bald einundsiebzig wird. Und psychisch, da muss ich Ihnen nicht viel erzählen. Ich nehme an, Sie haben die Zeitungen gelesen?«
    »Ja.« Mike ahnte schon, was jetzt kam.

    »Mike, ich bin nicht gerade stolz auf den Auftritt, den ich vor Gericht hingelegt habe. Aber ich konnte mich einfach nicht zurückhalten. Und natürlich habe ich nicht mit Absicht auf das Herz von Emily Wallace angespielt.«
    »Ich habe gar nicht gewusst, dass sie eine Transplantation hinter sich hat«, sagte Mike. »Und soviel ich weiß, war das auch nicht allgemein bekannt. Sie musste sich einer Herzklappenoperation unterziehen, und die Transplantation geschah so kurz danach, dass selbst die meisten ihrer Freunde nichts von ihrer zweiten Operation gewusst haben. Anscheinend hat sie versucht, das geheim zu halten.«
    »Ich wünschte nur, ich hätte ihr Herz nicht erwähnt, als ich sie so angefahren habe. Aber das ändert