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Denn rein soll deine Seele sein

Denn rein soll deine Seele sein

Titel: Denn rein soll deine Seele sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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finde ich es frustrierend. Aber Sex ist keine Patentlösung.«
    Er küßte ihren Scheitel und strich ihr übers Haar. »Irgendwie komme ich mir vor wie in der Oberschule. Früher mußte man um alles betteln.«
    Er lächelte spitzbübisch und legte die Hände zusammen. »Bitte, bitte, ich will auch ganz lieb sein.«
    Sie gab ihm einen leichten Klaps und rückte ein Stück von ihm ab.
    Decker richtete sich auf. »Ja, so ähnlich haben die Mädchen im College auch reagiert.«
    »Vielleicht liegt's an der Technik?« Sie wurde ernst. »Wie findest du meine Eltern?«
    »Sie machen sich offenbar viel Gedanken um dich, fast kommen sie mir ein bißchen zu fürsorglich vor. Aber schließlich bist du ja auch heute vormittag überfallen worden. Im übrigen sind sie viel moderner, als ich sie mir vorgestellt hatte. Du bist wohl nicht im strengen Judentum groß geworden?«
    »Wir gehörten zur modernen Orthodoxie, das heißt, ich hatte als Kind eine starke jüdische Identität. Meine Mutter ging allerdings sehr viel lässiger mit den Vorschriften um als mein Vater, da gab es oft Auseinandersetzungen. Deshalb hat - ganz nach Freud - mein älterer Bruder, der Arzt geworden ist, sich eine Frau genommen, die bei weitem nicht so religiös war wie er, und ich habe einen zutiefst frommen Mann geheiratet. Wir heiraten mehr oder minder alle unsere Eltern, nicht?«
    Decker überlegte. Seine geschiedene Frau, seine Pflegemutter, seine eigentliche Mutter... Vielleicht war das alles wirklich genetisch verankert.
    Rina fuhr fort: »Mein zweiter Bruder - ich bin die Jüngste -hatte es schwer mit sich. Weil meine Eltern nicht wußten, was sie mit ihm anfangen sollten, haben sie ihn nach Israel geschickt. Da ist er unter die Chassiden geraten und ist jetzt der Frömmste von uns.«
    »Zwei von drei Kindern sind also in einer Jeschiwa gelandet. Das ist ein beachtliches Ergebnis.«
    »Aber nur mein Bruder ist Chassid. Das sind die Juden, die in Anatevka gezeigt werden, die mit den langen schwarzen Mänteln und den Pelzmützen. Unsere Jeschiwa ist Misnagid, eine ganz andere Richtung. Wenn du erleben willst, wie jemand buchstäblich Feuer spuckt, brauchst du nur Row Aaron einen Chassiden zu nennen. Die Chassidim meinen, daß es den Misnagdim an menschlicher Wärme fehlt, die Misnagdim halten die Chassidim allesamt für Ignoranten.
    Row Aaron ist in einem kleinen Dorf zur Welt gekommen, aber er hat in einer Jeschiwa in Minsk studiert, der damaligen Hauptstadt von Litauen. Die Litauer sind besonders stolz auf ihre Bildung und Kultur. Deshalb hat er sich so gut mit Yitzchak verstanden. Er war immer wieder begeistert von seiner Lern- und Aufnahmefähigkeit und seiner logischen Begabung. Die Anhänger des Chassidismus kamen hauptsächlich vom Land, und weil sie sich in der Thora und der großen Welt nicht so gut auskannten, haben die Chassidim ihre Leute damit beschwichtigt, daß sie sagten, Judentum käme weniger aus dem Hirn als aus dem Herzen.«
    Sie sah ihn an. »Dir und der übrigen Welt müssen wir ganz schön verrückt vorkommen.«
    Decker wurde ernst. »Du darfst nicht mich und Millionen anderer Menschen in einen Topf werfen. Ich bin mehr als irgendein beliebiger Goj.«
    Sie berührte kurz und scheu seine Wange. »Entschuldige. Das war chauvinistisch gedacht. Aber ich bin sehr stolz darauf, Jüdin zu sein.«
    »Das merke ich.«
    »Daß deine Tochter auch als Jüdin gilt, weißt du, nicht wahr?«
    »Ja, und sie hat das auch akzeptiert. Vor etwa fünf Jahren hat sie sich entschlossen, den jüdischen Glauben anzunehmen. Freiwillig. Niemand hat ihr den Hals mit Religion vollgestopft.«
    Er sah Rina an, daß er etwas Falsches gesagt hatte. »Verzeih, so war es nicht gemeint.«
    »Schon gut.« Das klang recht frostig. »Können wir jetzt das Protokoll erledigen?«
    »Bitte nicht schmollen. Ich finde es sehr schön, daß sie zum jüdischen Glauben gefunden hat. Unter meinen besten Freunden sind Juden.«
    Rina mußte lachen. »Ich bin wirklich nicht fanatisch, Peter, unsere Jeschiwa gilt als relativ liberal. Wir haben Radio und Fernsehen, wir können weltliche Zeitungen und Zeitschriften abonnieren. Manche unserer Schüler studieren später auf einer weltlichen Universität weiter.«
    Decker schwieg.
    »Einer der Männer hat mich sogar mal ins Kino eingeladen.«
    »Geht ihr sonst nicht ins Kino?«
    »Es gilt als narrischkeit - als Torheit. Ich glaube, es war ein Film mit Steve Martin.«
    »Und wie hat er dir gefallen?«
    »Der Film recht gut, aber der

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