Denn rein soll deine Seele sein
stecken würde, 'ne ausgeschnittene Bluse zum Beispiel, und Jeans...«
»Enge Jeans«, sagte Decker.
»Knallenge Jeans.«
Sie mußten beide lachen.
Marge meldete sich wieder.
»Müde?« fragte Decker.
»Ich bin ja sonst ganz gut zu Fuß, aber diese blöden Pumps machen mich fix und fertig.«
»Macko steht auf Pumps. Aber wenn du Schluß machen willst...«
»Noch eine Viertelstunde.«
»Glaubst du, daß du mit einem Angreifer fertig werden würdest?«
»Also, ganz ehrlich, lange könnte ich ihm nicht auf den Fersen bleiben, ich hab mir nämlich schon Blasen gelaufen.«
»Wir holen dich ab.«
»In fünf Minuten, ja?«
»Wird gemacht.«
Hollander rückte seine breite Hinterfront bequemer zurecht. »Warum schnappen wir uns den Scheißkerl nicht einfach?«
»Weil wir nicht genau wissen, wo er steckt, Mike. Seit einer Woche ist er an seinem bisherigen Wohnsitz nicht mehr aufgetaucht. Rayana meint, er könnte sich hier irgendwo rumdrücken, er kommt manchmal auf ein Bier zu Sid.«
»Und wenn wir hier die Pinten nacheinander abklappern?«
»Damit er den Braten riecht und abhaut? Da könnten wir ebensogut eine ganzseitige Anzeige in die Times setzen.«
Hollander sah auf die Uhr und murrte hörbar.
»Es ist noch nicht mal Mitternacht«, sagte Decker. »Wenn du nach Hause kommst, ist Mary bestimmt noch auf.«
»Meinst du? Sie kriecht neuerdings immer früher in die Federn.«
Marge meldete sich erneut. »Jemand steigt mir nach, Leute.« Hollander startete. »Wir kommen.«
Der Angriff kam unvermittelt, sie hörten die Kampfgeräusche über Funk. »Halt ihn fest«, brüllte Hollander ins Mikrofon.
Als sie ankamen, hatte der Angreifer sich gerade losmachen können. Sie sahen ihn im Hintereingang von Joses Hacienda verschwinden. Hollander bremste scharf, und Decker machte sich an die Verfolgung.
Während er durch das Lokal rannte, gab er seinen Standort über Funk durch. Jetzt tauchte der Flüchtende vor dem Haupteingang auf, lief über die Straße, wandte sich nach rechts und verschwand geduckt in einem Durchgang zwischen einem Spielwarengeschäft und einem Chinarestaurant. Decker folgte ihm, dann blieb er unvermittelt stehen. Die schmale Gasse endete an einer Mauer.
Kaum außer Atem, aber schweißgebadet, sah Decker sich um. Die Gasse war verlassen und stank nach Abfällen, war aber gut beleuchtet. Fässer, leere Kisten und Mülltonnen waren links und rechts des schmalen, löcherigen Asphaltstreifens aufgereiht. Er hörte das Zischen des Restaurantventilators, hörte, wie weiter weg ein Wagen angelassen wurde, hörte Mücken sirren.
Es war sehr still, aber Decker spürte, daß der Mann hier irgendwo war. Er holte seinen Revolver heraus und setzte sich langsam wieder in Bewegung. Seine Schritte hallten, sein Blick suchte nach verräterischen Bewegungen.
Er sah in die erste Mülltonne. Ein Fliegenschwarm stieg auf. Decker scheuchte ihn weg und stocherte mit dem Revolvergriff in den Abfällen herum. Nichts, nur Gestank. Weiter zur nächsten Tonne. Das Zischen wurde lauter. Kein Ventilator, sondern schweres Atmen. Das Geräusch kam hinter einem Stapel leerer Kartons hervor, die die beliebte Spielfigur GI Joe mit ihrem kriegerischen Anhang beherbergt hatte. Das Bild auf den Kartondeckeln zeigte ein Schlachtfeld mit detonierenden Bomben, MG-Mündungsfeuern und Fallschirmspringern im Kampfanzug. Plötzlich regten sich die Schachteln, flogen Decker entgegen. Eine Gestalt schnellte dahinter hoch, mit weit aufgerissenen, entsetzten Augen. Zu groß für eine Spielfigur...
»Stehenbleiben! Polizei!« Decker richtete den Revolver auf den Mann, der sich noch einmal zur Flucht wandte. Aber er hatte keine Chance. Mit ein paar langen Sätzen hatte Decker sein Opfer eingeholt und warf es zu Boden. Der Mann trat und stieß und kratzte, riß Decker eine tiefe Schramme in den Unterarm. Fluchend rollte Decker ihn auf den Bauch, drehte ihm die Arme auf den Rücken und ließ die Handschellen zuschnappen.
»Hey, Mann, ich hab doch nichts gemacht.«
»Sie haben das Recht zu schweigen -«
»Ich mach doch nichts, ich weiß gar nicht, was -«
Decker stöhnte. Immer dasselbe Gequassel. Ich war's nicht. Ich hab nichts gemacht, da habt ihr den Falschen erwischt. Sie hat's gewollt, sie hat mich rangelassen. Er las dem Festgenommenen den Rest der Verwarnung vor und gab über Funk Hollander Bescheid. Als der Wagen da war, zog Decker den Mann hoch und besah ihn sich genauer. Ein hageres junges Gesicht, übersät mit Aknepickeln, helle
Weitere Kostenlose Bücher
Inherit the Dead Online Lesen
von
Jonathan Santlofer
,
Stephen L. Carter
,
Marcia Clark
,
Heather Graham
,
Charlaine Harris
,
Sarah Weinman
,
Alafair Burke
,
John Connolly
,
James Grady
,
Bryan Gruley
,
Val McDermid
,
S. J. Rozan
,
Dana Stabenow
,
Lisa Unger
,
Lee Child
,
Ken Bruen
,
C. J. Box
,
Max Allan Collins
,
Mark Billingham
,
Lawrence Block