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Denn Wahrheit musst du suchen

Denn Wahrheit musst du suchen

Titel: Denn Wahrheit musst du suchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Daugherty
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verlockend aus – und die Mädchen hatten lange genug in der Kälte ausgeharrt. In dem großen Kamin knackte ein munteres Feuer, und daneben stand ein Teewagen, auf dem sich Sandwiches und Kekse türmten.
    Ohne auf eine Einladung zu warten, ließen sich Nicole und Zoe in die Sessel neben dem Kamin fallen.
    »Das ist schon viel besser!«, sagte Nicole und streckte ihre Füße in Richtung der Flammen.
    Nur Allie blieb an der Tür stehen und sah irritiert umher. Das war ihr alles eine Spur zu zivilisiert und normal – als wären sie gerade von einem heiteren Nachmittag beim Eislaufen oder Shoppen zurückgekehrt. Das passte irgendwie nicht zusammen. Vor der Tür standen
Wachen
.
    Allmählich glaubte sie allerdings: Wenn Nathaniel wollte, würde er auch an denen einfach vorbeispazieren.
    Sie war derart in Gedanken vertieft, dass sie Carter gar nicht kommen hörte.
    »Alles okay?«
    Als sie seine tiefe Stimme hörte, stieß Allie einen vernehmlichen Seufzer aus und drehte sich zu ihm um. Er musterte besorgt ihr Gesicht.
    Unwillkürlich musste sie an die Situation im Übungsraum denken, als er nicht einmal Hallo gesagt hatte.
    Jetzt kannste ruhig mal nett zu mir sein
, dachte sie bitter.
Jules sieht’s ja nicht.
    »Alles schick«, log sie.
    »Raj hat mir von dem Brief erzählt.«
    Er rang kopfschüttelnd nach Worten. »Geht es dir wirklich gut?«
    »Nein. Mir geht es nicht besonders«, entgegnete sie. Ihre Stimme bebte. »Ich bin gerade völlig am Durchdrehen und weiß allmählich überhaupt nicht mehr, was hier los ist. Ich bin sauer auf mich selbst, dass ich Nathaniel nicht geschnappt habe, und ich bin sauer auf Raj, weil er ihn auch nicht zu fassen kriegt. So langsam, aber sicher werd ich verrückt. Ich hab einfach Angst. Davor, was als Nächstes passiert.«
    Sie schlug die Hand vor den Mund, wie um sich am Weiterreden zu hindern.
    Carter schüttelte den Kopf. »Du bist nicht verrückt. Die Welt ist verrückt. Das ist nicht unsere Schuld. Wir haben die Welt nicht so gemacht – wir haben sie nur so geerbt.«
    Als sie in seine vertrauten dunklen Augen schaute, wurde ihr schwer ums Herz. Bis zu diesem Moment war ihr nicht klar gewesen, wie sehr sie seine ruhige, vernünftige Art vermisst hatte. Wie er sie immer wieder besänftigte, wenn sie sich nicht mehr einkriegte.
    Es funktionierte immer noch.
    Allies Lippen verzogen sich zu einem zaghaften Lächeln. »Wenn wir als Einzige noch halbwegs bei Trost sind, dann hat die Welt echt ein Problem.«
    »Schicksal«, sagte er.
    Sie hörte Schritte im Flur, und der Augenblick verpuffte wie ein warmer Atemstoß in kalter Nachtluft.
    Kurz darauf betraten Zelazny, Raj und Isabelle den Raum. Beim Anblick ihrer grimmigen Mienen krampfte sich Allies Magen zusammen.
    Isabelle bedeutete den beiden anderen Mädchen, sitzen zu bleiben, und wandte sich dann an Allie: »Kommst du bitte mit?«

[zurück]

Dreizehn
    »In dem Brief steht nichts Neues«, tat Zelazny Nathaniels Nachricht ab.
    »Da bin ich anderer Meinung«, sagte Raj leise, aber bestimmt. »Vordergründig steht da vielleicht nichts Neues – aber die Botschaft ist eine andere.«
    Sie hatten sich zu viert in Isabelles Büro versammelt. Isabelle und Raj saßen am Schreibtisch, Allie auf dem Sessel gegenüber. Zelazny stand mit dem Rücken zur Tür und hatte die Arme verschränkt.
    Es war heiß und stickig, und Allie meinte, einen leichten Schweißgeruch wahrzunehmen.
    »Das kann ich nicht so ganz nachvollziehen – was soll denn die neue Botschaft sein?«, fragte Isabelle stirnrunzelnd. Sie trug die dunkelblonden Haare offen und wirkte dadurch jünger – eher wie eine Schülerin denn eine Rektorin. Aber ihr entschiedenes Auftreten ließ keinen Zweifel zu. Und sie war erzürnt.
    »Die Nachricht ist zwar an Allie adressiert, aber sie richtet sich an uns alle«, erklärte Raj. »Er steht kurz davor, seinen nächsten Zug zu machen, das will er uns damit sagen. Eigentlich bittet er nicht Allie, zu ihm zu kommen – wir sollen sie ihm überstellen.«
    Totenstille senkte sich über den Raum.
    Allie rann es eiskalt den Rücken hinunter. Nun, da Raj sie ausgesprochen hatte, schien Nathaniels unterschwellige Botschaft offensichtlich. Er ließ Isabelle ein Hintertürchen, forderte sie auf, Allie und Lucinda zu verraten.
    Gab ihr eine letzte Chance.
    »Wenn er das glaubt, verschwendet er bloß seine Zeit«, schnaubte Isabelle ungeduldig.
    Doch irgendwie klangen ihre trotzigen Worte hohl. Was hätte sie auch sonst sagen sollen

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