Denn wer zuletzt stirbt
nicht. Der Arzt eines Patienten sollte sein engagierter Behandler sein, nicht sein Freund.«
Celine gönnte mir einen ihrer schwer zu interpretierenden Blicke.
»Vielleicht ist gerade das das Problem.«
Am Friedhofsausgang erwartete uns ein nicht angemeldeter Trauergast, der allerdings mit seinem bekannten traurigen Blick auf keiner Beisetzung besonders aufgefallen wäre: Kommissar Czarnowske.
»Das war doch der Patient, dessen Wohnung Sie mit dem Makler Marske besichtigt haben?«
Czarnowske hatte also weiter an der Hinterlassenschaft gearbeitet.
»Ja.« Ich blieb bei meiner Taktik: keine Erklärungen, keine Rechtfertigungen. Czarnowske war entsprechend irritiert.
»Und nun? Werden Sie in seine Wohnung ziehen?«
»Nein. Sonst noch was?«
»Als Präsident dieser Stiftung – wieviel verdienen Sie da?« Plötzlich sah ich Czarnowske als das, was er war: ein häßlicher kleiner Terrier, der sich in meiner Wade festgebissen hatte und aufgrund begrenzter Einsichtsfähigkeit nicht mehr loslassen konnte.
»Besorgen Sie sich die Statuten, wenn Sie das so interessiert.«
Ich ließ ihn stehen. Offensichtlich stocherte er weiter nur herum, eine Verbindung zur Klinik würde er nicht finden.
Aufgrund des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens und der notariellen Beglaubigung gab es keine größeren Schwierigkeiten für die Stiftung, Winters Erbe von über einer Million Euro zu übernehmen. Sogar Großnichte Simone mußte bald einsehen, daß die Sache ziemlich wasserdicht war. Nur die Steuer kassierte kräftig ab, gemeinnützige Stiftung oder nicht.
Schwierigkeiten mit der Umsetzung von Winters Vermächtnis kamen aus einer ganz anderen Ecke: Der Herr Bezirksamtsarzt hatte plötzlich seine Zuständigkeit entdeckt, die man ihm allerdings auch nicht wirklich absprechen konnte. Trotz der Fürsprache des Bezirksverordneten für Gesundheitswesen und trotz der Tatsache, daß meine Abteilung für chronisch Kranke im Altbau sowohl kassentechnisch wie auch bautechnisch deutlich vom eigentlichen Krankenhaus im Neubau aus den sechziger Jahren getrennt ist, untersagte er aus hygienischen Gründen kategorisch, unser Projekt im Chroniker-Altbau zu verwirklichen. Es war Valenta, der die entscheidende Idee zur Rettung des Plans hatte.
»Ganz anders! Wir machen das im ehemaligen Versorgungstrakt!«
Er wußte auch schon, wie.
»Die Klinik verkauft der Stiftung das alte Gemäuer, meinetwegen ziehen wir noch einen Zaun drumherum, jedenfalls hat das Projekt dann nichts mehr mit der Klinik zu tun und mit dem Herrn Amtsarzt auch nicht mehr.«
Das war der Ausweg. Seitdem Patienten- und Personalverpflegung vom ehemaligen Verwaltungsleiter Bredow an eine Fremdfirma vergeben worden war und wir die gesamte Krankenhauswäsche leasten, brauchten wir das alte Gebäude eigentlich nur noch für unsere Flippertourniere und die jährliche Silvesterfete. Also konnten wir mit dem Umbau beginnen, sobald wir im Keller meines Chroniker-Altbaus einen leeren Raum entdeckt und damit das Problem Flipper gelöst hatten. Wahrscheinlich bedeutete dies das Ende der zu Silvester 1999 aus den bekannten Gründen begonnenen Tradition, oder die Idee der gemeinsamen Silversterfete wäre stark genug, dann könnten wir auch irgendwo anders feiern.
Während ich mich um die planerischen Details kümmerte, kontrollierte Valenta den Baufortschritt und legte sich mit den verschiedenen Gewerken an.
»Ich kenne das von den Mietshäusern meiner Frau. Keine Sekunde kannst du diese Burschen aus den Augen lassen. Hast du eine Ahnung, was für ein Megapfusch dann hinter schön verputzten Wänden verschwindet!«
Ich war ihm dankbar, denn ich teilte seine Auffassung, im Gegensatz aber zu Valenta fehlte mir jedes Durchsetzungsvermögen gegenüber Handwerkern. Sein Angebot allerdings, bis zur Bezahlung der Baufirma und der Lieferanten die Gelder der Stiftung gewinnbringend auf dem Aktienmarkt anzulegen, lehnte ich in meiner Eigenschaft als Stiftungspräsident dankend ab.
Und so entstand de facto, wenn auch nicht de jure, Berlins und wahrscheinlich auch Deutschlands erste Klinik mit eigener Tierpension für die lieben Kleinen der Patienten. Und niemand konnte den Patienten verbieten, wenn es ihren Lieben einmal schlecht ging, dort die Nacht in einem der bereitgestellten Betten zu verbringen.
Unsere Tierpension wurde von den Patienten begeistert angenommen. Muschi, Theobald, Napoleon und viele mehr hielten Einzug und erfreuten Herrchen und Frauchen, auch wenn sie im Rollstuhl
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