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Denn wer zuletzt stirbt

Denn wer zuletzt stirbt

Titel: Denn wer zuletzt stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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Dienst, den ich ihr tun konnte.
    »Ich komme gegen mittag vorbei, daß Trixi zum Pinkeln hinauskommt.«
    »Laß dir Zeit. Unsere Trixi kann einen ganzen Tag dicht halten, nicht wahr, Trixi?«
    Mit strengem Blick erinnerte ich Trixi an unser Abkommen: kein Wort von mir über die Sauerei in meiner Wohnung gestern abend, wenn sie die Schnauze über meine Erziehungsmaßnahmen halten würde.

    Wie heißt es immer – die Mühlen mahlen langsam? Jedenfalls rief mich Verwaltungsleiterin Beate doch noch wegen der Sektion des Patienten Kiesgruber an. Wahrscheinlich hatte sie den Posten gerade erst in der klinikinternen Abrechnung gefunden. »Zeitgemäßes Controlling« nannte sie das. Ich sagte, daß ich die Sache lieber persönlich mit ihr besprechen wollte.
    »Kein Problem. Komm einfach rüber in mein Büro.«
    Zur Rechtfertigung der Sektion und der aufwendigen Laboruntersuchungen berichtete ich Beate von meinem Ausflug zu Kiesgrubers Wohnung am Abend nach seinem Tod, von meiner Selektion der Toten des letzten Jahres und von Celines Besuchen bei deren ehemaligen Adressen. Beate wurde ziemlich blaß, obgleich ich die Sache mit Winter und der falschen Sicherung erst einmal unerwähnt ließ.
    »Stimmt das auch wirklich?«
    Sie spielte auf Celines stark ausgeprägte Neigung an, in relativ normalen Dingen internationale Verschwörungen und globale Komplotte zu vermuten.
    »Ich glaube, man kann es auch bei wohlwollendster Interpretation nicht als Zufall bezeichnen, daß dieser Makler im letzten Jahr sechzehn Wohnungen unserer Toten verhökert und dabei einen Umsatz von fast fünf Millionen Euro gemacht hat.«
    Beate schien das auf ihrem Schreibtisch kopulierende afrikanische Pärchen zu konsultieren, dann die Holzmasken auf den Regalen.
    »Schön. Wir werden erst einmal bei allen diesen sechzehn Fällen die Todesumstände untersuchen. Dann sehen wir weiter.
    »Mach ich. Ich habe die Akten sowieso noch nicht ins Archiv zurückgegeben.«
    »Tut mir leid, Felix. Nicht du. Du bist voreingenommen. Bringe mir bitte einfach die Akten vorbei.«
    Dann bemerkte sie wahrscheinlich meinen Gesichtsausdruck.
    »Kein Mißtrauen dir gegenüber, das weißt du. Aber du warst in diesen Fällen der behandelnde Arzt, und du vermutest ein Komplott. Also ist es doch besser, wenn sich ein Kollege, der mit dem allem nichts zu tun hat, der Akten annimmt. Findest du nicht?«
    Fand ich nicht, aber nun hatte ich sie mehr oder weniger offiziell informiert, sie mit in die Verantwortung genommen, also mußte sie entscheiden. Und an ihrer Stelle hätte ich genauso entschieden. Das hatte sie nun. Typisch Managerin war für sie die Angelegenheit damit vorerst erledigt. Wir kamen zum nächsten Thema.
    »Sag mal, Felix. Wo ich dich gerade bei mir habe – hast du einen Moment Zeit?«
    Oh, Gott! Würde sie mir wieder irgendeinen Pickel zeigen, auf dem Oberschenkel, auf der Brust: »Du bist doch Arzt, ist das Krebs?« Seit Beate in unserer Klinik hautnah die Ungerechtigkeit des Schicksals miterlebte, neigte sie zu extremer Sorge bei Husten, Seitenstichen oder Pickeln. Doch Brust und Oberschenkel blieben heute bedeckt, dafür deutete sie auf ein ansehnliches Aktenpaket, ordentlich auf einem dieser Rollwagen zum Aktentransport gestapelt.
    »Du hast im letzten Monat dein Medikamentenbudget auf der Station um 8,3 Prozent überschritten. Können wir ein paar dieser Fälle durchgehen?«
    Das war natürlich eine rein rhetorische Frage. Wie gesagt, seit den Ermittlungen zur »russischen Spende« sind Beate und ich befreundet, aber in der Wahrnehmung ihrer Funktion als Verwaltungsleiterin unterscheidet sie sich kaum vom seligen Dr. Bredow. Konnte sie wohl auch nicht, denn die Finanzsituation ist für die Krankenhäuser inzwischen sogar noch schwieriger geworden.
    Resigniert setzte ich mich. Bei aller Freundschaft stand uns ein zähes Ringen bevor. Was Beate von mir verlangen würde, war klar. Patienten mit teuren Medikamenten oder hohen Kosten durch zum Beispiel drei Sitzungen an der künstlichen Niere pro Woche sollte ich entweder in ein anderes Krankenhaus verlegen oder früher in die Hausarztbehandlung abschieben. Das St.-Florians-Prinzip gilt inzwischen nicht mehr nur für Atomkraftwerke, Müllverbrennungsanlagen oder Asylantenheime.
    Immerhin gelangten wir am Ende zu einem Kompromiß: Beate untersagte nicht generell spezielle Behandlungen auf meiner Station und überließ es mir, wie ich von meinen 8,3 Prozent Budgetüberschreitung herunterkommen würde. Darüber hinaus

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