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Denn wer zuletzt stirbt

Denn wer zuletzt stirbt

Titel: Denn wer zuletzt stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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durchgewühlt, und im Vertrauen auf die Tatsache, daß Abfalltrennung in Deutschland ein Volkssport ist, hielt ich unsere Mission für beendet. Gerade rechtzeitig, denn in diesem Moment ging die Alarmanlage los. Hastig packte ich nach unseren Tüten, während Celine die Ruhe selbst blieb.
    »Hast du schon einmal von Mülltonnen mit Alarmanlage gehört?« fragte sie. »Speziell von einer Mülltonnen-Alarmanlage, die hupt?«
    Stimmt. Bei den dauernden Fehlalarmen kümmert sich kein Mensch heute noch um eine hupende Autodiebstahlsicherung.
    Trotzdem, mit meinem chronisch schlechten Gewissen beziehe ich jede Alarmanlage oder Polizeisirene auf mich. Erbe meiner Kindheit. Und zumal man sich als Deutscher sowieso immer schuldig fühlt.
    »Also stell deine Tüte wieder ab«, meinte Celine, im eigenen Haushalt eher großzügig in puncto Abfalltrennung, »wenigstens einen Blick sollten wir auch in die anderen Container werfen.«
    Sie hatte recht. Das war unsere Chance, die Freunde von der Hauspflege endlich eines wirklichen Kapitalverbrechens zu überführen. Hatten die ihren Papierabfall vorschriftswidrig in den grauen Restmüll-Container entsorgt oder vielleicht sogar in die gelbe Verpackungstonne? Auch die Biotonne müsse inspiziert werden, beharrte Celine. Wenigstens bedienten wir uns dazu der Hilfe einer herumliegenden Astgabel. Meinen Geruchssinn versuchte ich zu ignorieren.
    »Was machen Sie denn da?«
    Ein drohendes Knurren unterstrich die Frage. In Berlin, Hauptstadt des wiedervereinigten Deutschland und aller Hunderassen, ist es unmöglich, nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit und unabhängig vom aktuellen Wetter auf gassigehende Hundebesitzer zu treffen. Eine Tatsache, die erstaunlicherweise nicht zu einer niedrigen Kriminalitätsrate führt, wohl aber zu permanentem Hundekot unter den Schuhsohlen.
    »Wir suchen meinen Ehering – kann nur noch irgendwo hier im Müll sein«, behauptete Celine.
    Das wäre als unbedingt plausible Erklärung für unser Rumgewühle in den Müllcontainern durchgegangen, hätte ich nicht gleichzeitig versucht, den Hundebesitzer moralisch ins Unrecht zu setzen und behauptet, wir suchten nach warmer Kleidung für die Nacht. Nun erwartete ich jede Sekunde ein »Harro, faß!«, zumal der Hundebesitzer Unterstützung bekommen hatte. Wir sahen uns inzwischen einem Schäferhund und einer Dobermann-Dalmatiner-Mischung gegenüber, mal ganz abgesehen von deren Herrchen.
    Wie immer vertraute ich der Wirksamkeit einer Gegenoffensive und der Überzeugungskraft des Legalitätsprinzips. Schließlich gibt es auch in Berlin eine Kampfhundeverordnung!
    »Sagen Sie mal, wie groß ist ihr Hund eigentlich? Muß der nicht einen Maulkorb tragen?«
    Celine war vernünftiger. Sie drückte mir zwei meiner Müllsäcke in die Hand, nahm selbst den dritten, und wir verschwanden in der Nacht und im Schneematsch. Vielleicht, überlegte ich, hätten wir doch Kampfhund Trixi zu diesem Abenteuer mitnehmen sollen.

    Selbstredend wurde unsere nicht ganz geruchsneutrale Beute nicht etwa bei Celine gelagert. Trotzdem mußte ich ihr versprechen, mich keinesfalls ohne sie an die Auswertung möglicher Spuren zu machen.
    »Dazu fehlt dir die kriminalistische Ader, Felix. Du würdest bestimmt wichtige Hinweise übersehen«, warnte mich Celine, die auf dem Weg nach Frankfurt zu einer Großdemonstration gegen die Abschiebepraxis der Bundesregierung war. »Bis ich zurück bin, kannst du ja die Wohnung deiner Tante auflösen und nach möglichen Hinweisen auf den Täter untersuchen. Dort kennst du dich ohnehin besser aus.«
    Sprach‘s, und ließ mich mit den Mülltüten sitzen.
    Es gab einen gewissen Widerstand, als ich bei Tante Hilde die Wohnungstür öffnete, zumindest werbetechnisch war ihr Leben noch längst nicht beendet. Unverdrossen wurde sie zu einer Busfahrt an die schöne Ostsee (»mit gemütlichem Mittagessen sowie tollen Sonderangeboten!«) eingeladen, sollte unbedingt zu mehreren Räumungs- und Schlußverkäufen kommen und natürlich unbedingt heute noch antworten, denn »Sie haben gewonnen!«.
    Wenigstens wurde auch bestätigt, daß ich neulich ihre Zeitschriften abbestellt hatte:
    »Sehr geehrte Frau Hoffmann, mit großem Bedauern nehmen wir zur Kenntnis, daß Sie Ihr Abonnement wegen verstorben gekündigt haben. Sollten Sie sich in Zukunft erneut zu einem Abonnement entscheiden, werden wir uns sehr freuen. PS: Bitte bedenken Sie, daß ein Abonnement unserer Zeitschrift auch immer ein willkommenes Geburtstags- oder

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