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Denn wer zuletzt stirbt

Denn wer zuletzt stirbt

Titel: Denn wer zuletzt stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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Erinnerung.
    »Kommt nicht in Frage.«
    »Angsthase. Also gut, nächste Möglichkeit. Du fälscht mir ein paar Zeugnisse aus der Krankenpflegeschule, und ich lasse mich von diesem Hauspflegedienst als Schwester anstellen. Dann bekomme ich sicher die Verbindung zur Klinik heraus und was überhaupt so läuft.«
    Wenn es um investigativen Einsatz geht, ist Celine nicht zu stoppen. Vielleicht hat sie recht, vielleicht ist ihre Nase wirklich zu groß. Mit ihrem dritten Vorschlag schließlich konnte ich mich anfreunden, er schien mir von überschaubarem Risiko: Wir würden die Mülltonnen bei der Hauspflege durchforschen. Laut Celine eine alte FBI-Methode und häufig aufschlußreicher als eine Haussuchung. An die Polizei könne ich mich immer noch wenden, wenn bei Hildes Sektion etwas Verdächtiges ans Licht kommen sollte.
    Hildes Sektion! Ich hatte mich inzwischen erkundigt. Eine von der Kripo beschlagnahmte Leiche wird nicht automatisch seziert, vielmehr entscheidet ein Staatsanwalt »nach Aktenlage« – das heißt danach, ob Polizei oder Kripo wegen verdächtiger Umstände eine Sektion empfehlen. Ich hatte mich in Hildes Wohnung gegenüber Polizei und Kripo nach meinem Dafürhalten nicht besonders verdächtig benommen, und Celine hatte gerade die Schwäche unserer Indizien dargestellt, also würde Hildes Leiche eventuell schon in wenigen Tagen ohne Sektion verbrannt sein!
    Ich löste das Problem durch wiederholte Anrufe bei der Polizei und bei dem zuständigen Staatsanwalt. Mehrmals täglich wies ich eindringlich darauf hin, daß meine Tante Hilde auf keinen Fall seziert werden dürfe, das hätte sie nie gewollt, und ich, Arzt oder nicht, wollte es auch nicht. Es dauerte fast eine Woche, bis der Staatsanwalt endlich die Sektion anordnete, und weitere drei Tage, bis das Ergebnis feststand: natürlicher Tod, keine Hinweise auf Fremdverschulden.
    Unser Problem blieb ungelöst: Wir hatten mehrere Tote, wir hatten ein Motiv, aber wir hatten keine Beweise für aktive Tötung. Und noch etwas anderes stimmte an der Geschichte nicht. Wir gingen davon aus, daß irgend jemand an der Klinik geeignete Todeskandidaten an den Immobilienmakler Manfred Marske meldet. Wie nach Tante Hildes Tod klar geworden war, offensichtlich jemand, der nebenbei auch als Teilzeitkraft für die Hauspflege arbeitet und so das Angebot möglicher Kandidaten erweiterte. Sehr wahrscheinlich also eine Krankenschwester oder ein Arzt.
    Aber es gab Ungereimtheiten: Zugegeben, es war nicht vorauszusehen gewesen, daß ich im Fall von Herrn Winter die falsche Sicherung finden würde. Wahrscheinlich hatte der Täter oder die Täterin geplant, den toten Winter selbst zu entdecken und dabei die Sicherung wieder auszuwechseln. Auch daß man im Fall Kiesgruber dessen Wohnung in Frohnau schon vor seinem Tod angeboten hatte, schien mir noch ein läßlicher Fehler zu sein, vielleicht ein Irrtum, ein Mißverständnis in der Kommunikation der Beteiligten. Aber daß jemand, der in meiner Klinik arbeitete und dort fast drei Wochen Tante Hilde als meine Patientin erlebt hatte, jetzt ausgerechnet die Tante des Doktors als Opfer auswählen würde, war mehr als unwahrscheinlich.

    Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, bei Tante Hilde aufzuräumen beziehungsweise zu sortieren: Was wollte ich als Erinnerung behalten, was könnte man verschenken oder sogar verkaufen, was bliebe für eine dieser Entrümpelungsfirmen. Keine Tätigkeit, auf die ich besonders scharf war, und so paßte es mir ganz gut, daß Celine am nächsten Abend auf die »Aktion Papiercontainer« bestand.
    Bedingt durch den glücklichen Umstand, daß die Hauspflege nicht in einem Hochhaus, sondern in einem Altberliner Mietshaus in Friedenau residierte, gab es nur einen Papiercontainer zu inspizieren. Selbstverständlich begann, kaum daß wir uns durch angematschte Kartons, alte Zeitungen und eine Tonne Werbebroschüren wühlten, ein ekliger Schneeregen. Ebenso selbstverständlich trug ich meine alten Tennisschuhe, fast augenblicklich zog die nasse Kälte meine Socken hinauf. Hinsichtlich unserer eigentlichen Aufgabe war ich besser vorbereitet und hatte ein paar große Mülltüten aus der Klinik mitgebracht, in die wir alles stopften, was nicht nach Karton, Zeitung oder zersägter Frauenleiche aussah.
    Ganz sicher konnten wir nicht sein, denn es war dunkel, und ich hatte zwar an eine Taschenlampe gedacht, aber nicht daran, deren Batterien zu überprüfen. Immerhin, nach knapp zehn Minuten war der Papiercontainer

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