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Denn wer zuletzt stirbt

Denn wer zuletzt stirbt

Titel: Denn wer zuletzt stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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jetzt mein Tempo verminderte, nahm allerdings auch Margitta ihre Geschwindigkeit zurück. Gemeinsam erreichten wir die Ausfahrt Hellersdorf, hier ging es ab auf die Landstraße. Autobahn bei Dunkelheit und Schneeregen war schon übel genug gewesen, jetzt wurde es extrem unangenehm. Streu- oder Räumdienste waren noch nicht unterwegs, jede Kurve, und die kamen reichlich, wurde in meinem Golf zu einem Abenteuer. Mehr noch störte mich ein Wagen, der mir seit der Autobahn folgte und mich mit seinen starken Scheinwerfern im Rückspiegel blendete. Konnte der Blödmann nicht einfach überholen?
    Aber der Blödmann dachte nicht daran. Als ich versuchsweise auf Tempo vierzig herunterging, wurde nicht nur Margitta langsamer, der Blödmann auch. Er war dabei so dicht aufgefahren, daß für einen Moment meine Rückfront seine Scheinwerfer verdeckte. Im Rückspiegel konnte ich jetzt immer noch nicht den Fahrer erkennen, aber klar zeichnete sich das potenzheischende Chromgerüst Typ Wildfänger über seiner Stoßstange ab. Hinter mir also ein Geländewagen, vor mir Margitta, die Gleichung war nicht schwer zu lösen: Das Geschwisterpaar Margitta und Manfred hatte mich in der Zange! Auf einer verschneiten Landstraße mit Bodenhaftung Null und jeder Menge Kurven – offensichtlich hatten die beiden auch die Wettervorhersage gehört.
    Die erste Attacke kam kurz hinter Zimdorf. In einer scharfen Linkskurve tauchte Manfred rechts neben mir auf und versuchte, mich mit seinem Wildfänger den Abhang hinunter zu drängen. Es klappte nicht: Um neben mich zu kommen, hatte er deutlich beschleunigen müssen, jetzt aber bremste er zu stark ab und fiel wieder hinter mich. Allerdings gab ich mich keinen Illusionen hin, mit etwas Übung würde er es bei einem der nächsten Versuche schaffen, während Margitta dafür sorgte, daß ich mich nicht nach vorne retten konnte. Beim Vergleich meiner Sommersliks mit Vier-Rad-Antrieb und Winterreifen hinter mir war das ohnehin keine realistische Alternative.
    Wenn es wichtig ist, kann ich ziemlich schnell lernen. Immerhin schaffte ich es zweimal, so geschickt zu bremsen, daß Manfred fast an mir vorbeischoß. Aber leider nur fast, beide Male gelang es ihm, wieder hinter mich zu kommen, auch er lernte dazu. In amerikanischen Filmen finde ich diese Verfolgungsfahrten mit dem Versuch, den Gegner die Klippen hinunter zu schicken, immer recht langweilig und im Ergebnis vorhersehbar. Nun selbst in der Situation, kam sie mir überhaupt nicht langweilig vor, aber auch hier war der Ausgang vorhersehbar:
    Auf Dauer hatte ich keine Chance. Selbst wenn es mir gelänge, die beiden irgendwie in das unausweichliche Finale zu verwickeln, saß ich in einer sechzehn Jahre alten Blechbüchse ohne versteifte Fahrgastzelle, Knautschzone, Seitenaufprallschutz oder sonstigem modischem Schnickschnack fest, während meine Gegner moderne Autos fuhren, in denen schon Legionen von Dummies schlimmste Crashs überlebt hatten.
    Die Sache war nicht fair. Zwei gegen einen ist nicht fair, und ungleiche Waffen sind es auch nicht. Noch schlimmer war, daß die beiden ihre Taktik sicher per Handy absprachen, ich aber durch das Fehlen jeder Kommunikation nicht einmal Hilfe rufen, meine Widersacher mit ernsten Worten von der Verdammungswürdigkeit ihres Tuns überzeugen oder aufgeben konnte.
    Noch einmal gewährte mir das Schicksal einen Aufschub. Manfred schoß in einem perfekten Winkel heran, gleich würde die Jagd vorbei sein – da kam uns laut hupend ein Milchlastwagen entgegen, Manfred mußte sich zurückfallen lassen. Wieder hatte ich ein paar Sekunden gewonnen, Sekunden für die Suche nach einem Ausweg. Plötzlich sah ich rechts vor mir einen Waldweg, der von der Landstraße abging. Wenn ich dort hinein käme, stünde es nur noch einer gegen einen, und Manfred könnte nicht mehr seine überlegene Motorkraft nutzen.
    Doch als ich auch nur versuchte, den Golf nach rechts zu bekommen, brach er sofort aus, blieb aber immerhin auf der Straße. Manfred hatte meinen Plan durchschaut, mit seinem Geländewagen schaffte er es problemlos in den Waldweg. Für einen Moment war ich meinen Verfolger los. Doch in der Minute, die ich so gewonnen hatte, kam auch keine Lösung in Sicht. Von vorne bremste mich Margitta ab und im Rückspiegel konnte ich verfolgen, wie der Jeep mühelos wieder aufholte. Die nächste Kurve würde die Entscheidung bringen.
    Letztlich waren es tatsächlich meine Sommerreifen, die mich retteten – unter dem Eindruck meines

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