Denn wer zuletzt stirbt
etwas zu sagen hat.«
Dann waren sie verschwunden. Auf einmal tat mir mein Bein weh.
Im Gegensatz zu Ulf werteten die Anästhesisten meine Entscheidung, weiter in ihrer Obhut zu bleiben, als erfreuliches Zeichen fehlender grober Hirnschädigung und fanden sie vollkommen logisch. Schließlich war ich mit meinem verschraubten Bein ein chirurgischer Fall, und offensichtlich einer mit ausreichend Grips, sich nicht den experimentierfreudigen Kollegen auf der inneren Intensivstation auszuliefern.
Wie, fragte ich mich, hatte ich Valentas Cocktail überlebt? Sehr wahrscheinlich, weil er ihn mir nicht gegeben hatte. Vermutlich hatte mir das Auftauchen des Anästhesisten Bernd das Leben gerettet. Die einfachste Erklärung: Valenta hatte die Sache mit einer Überdosis der normalen Prämedikation geplant, mir aber unter den Augen von Bernd nur die normale Dosis gespritzt. Also bestand vorerst meine Aufgabe darin, ihm keine zweite Chance zu geben. Auf der chirurgischen Aufwachstation fühlte ich mich für den Moment sicher, Valenta würde es kaum gelingen, hier unbemerkt an mich heranzukommen. Aber eine Tatsache blieb – für einen diskreten Mord ist ein Krankenhaus der ideale Ort!
Jedenfalls war ich jetzt Patient in der eigenen Klinik, ein Verstoß gegen die zwei wichtigsten Grundregeln für den Krankenhausarzt. Nummer 1: Werde nie so krank, daß du in eine Klinik mußt. Nummer 2: Wenn du absolut mit deinem Leben spielen willst und Krankenhauspatient wirst, dann lege dich um Gottes willen nicht in deine eigene Klinik. Außerdem leidet im eigenen Haus auch die ärztliche Autorität ein wenig, nachdem die Schwestern ihren Doktor auf den Topf gesetzt und ihm den Hintern abgewischt haben. Ganz abgesehen von kichernden Schwesternschülerinnen mit Interesse an vergleichenden Studien zur Penisgröße.
Als ich aufwachte, saß Celine an meinem Bett. Keine Ahnung, wie lange schon.
»Guten Morgen, meine Liebe. Willst du mir eine Versicherung verkaufen? Krankenhaustagegeld zum Beispiel?«
»Zu spät. Ich habe dir längst alle Versicherungen aufgeschwatzt, die es gibt. Wie fühlst du dich?«
»Schwer zu sagen bei dem Zeug, das sie in mich hineinpumpen. Ich merke, daß ich überall Schmerzen habe, aber merkwürdigerweise tun mir die Schmerzen nicht weh. Vielleicht bin ich tot, und du bist der Erzengel Gabriel.«
»Tot? Das könnte dir so passen – nicht bevor es ein Testament zu meinen Gunsten gibt!«
Von Celine erfuhr ich, daß es Freitag nachmittag war, sie hatten mich den ganzen Tag schlafen lassen. Vielleicht fehlte mir auch nur die Erinnerung an die letzten Stunden. Aber an den Unfall erinnerte ich mich genau.
»Was hast du eigentlich in der märkischen Schweiz zu suchen gehabt?«
Ich erzählte es ihr, auch, wer die beiden Toten waren. Und ich erzählte ihr von Dr. Valentas Ferienhaus.
»Übrigens hat die Polizei schon herausbekommen, daß Margitta früher hier gearbeitet hat.«
»Woher weißt du das?«
»Die waren hier, gleich heute nacht. Wollten wissen, wie es zu dem Unfall gekommen ist.«
»Und? Was hast du denen gesagt?«
»Nichts. Ich könne mich nicht erinnern. Und erst recht nichts zum eigentlichen Thema.«
Celine klopfte mir, immerhin vorsichtig, auf die Schultern.
»Glückwunsch jedenfalls! Die Bösen haben sich selbst gerichtet, es hat wirklich einmal die Richtigen erwischt! Du kannst stolz sein. Du hast gewonnen, auf der ganzen Linie!«
Erregt versuchte ich, mich aufzurichten.
»Überhaupt nicht. Du verstehst nichts!« Das war schärfer herausgekommen als beabsichtigt.
»Entschuldigung, ich stehe wohl noch unter Drogen. Nur, es ist wirklich nichts gewonnen. Dieses Herumkramen in irgendwelchen Mülltonnen, das Einzahlen auf Bankkonten von Toten, das hat alles nur Zeit gekostet. Wir sind keinen Schritt vorwärts gekommen! Was kümmert es mich, wenn Margitta die Rentenkasse plündert oder Manfred den Immobilienmarkt?«
»Geht es dir um den Hund?«
»Das kommt noch dazu, daß jetzt die letzte Spur zu Trixi ... Aber wichtiger: Weder Margitta noch Manfred, da bin ich sicher, sind nachts durch die Klinik geschlichen, haben bei Winter die Sicherung ausgewechselt oder Kiesgruber seine Medikamente weggenommen. Bestimmt nicht. Die Frage ist: Mit wem haben wir es in der Klinik zu tun? Wer rennt hier herum und tötet Leute mit schönen Wohnungen auf Bestellung? Diese Person muß ich finden!«
Celine griff wieder einmal zum Ohrläppchen.
»Stimmt. So gesehen ist nichts gewonnen.« Und wie es Celines Art ist,
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