Denn wer zuletzt stirbt
hatte sie gleich noch eine tröstliche Botschaft für mich.
»Am Ende würden die Bullen sicher versuchen, dir etwas anzuhängen. Aber meinst du nicht, die werden weiter wühlen, zum Schluß doch etwas herausbekommen?«
»Glaube ich nicht. Die untersuchen einen tödlichen Unfall, davon gibt es in Brandenburg jedes Wochenende zwanzig, fünfundzwanzig. Also werden sie was von dem Wetter nicht angepaßter Geschwindigkeit schreiben, Akte geschlossen, nächster Fall.«
»Hoffentlich«, meinte Celine.
»Aber eine Sache verstehe ich nicht ganz. Bist du dir sicher mit Valentas Ferienhaus?«
»Aua!«
Im dritten Anlauf hatte es fast geklappt. Ulf Vogel hatte es nicht geschafft, die Bullen nicht, allein Celine war gerade dabei, sich auf meinen Gips zu setzen.
»Weichei. Hier ist noch ein Meter Platz!«
Warum rutschte sie dann jetzt schuldbewußt zur Seite? »Danke! Jedenfalls, Valentas Haus. Na, klar bin ich sicher, daß der da ein Ferienhaus hat.«
»Ich meine, daß ihr dahin unterwegs wart.«
»Warum sonst hätten wir in die märkische Schweiz fahren sollen?«
»Einfach, weil es sonst in der Umgebung Berlins kaum eine Berg-und-Tal-Landschaft mit entsprechenden Kurven für eine Rutschpartie im Schneematsch gibt. Deine Theorie mit Valenta ist in sich widersprüchlich. Entweder wollten sie den Hund zurückgeben, dann konnten sie dir sagen, wo du ihn abholen kannst, meinetwegen sogar mit dir da hinfahren. Oder sie wollten dich vom Berg schubsen, dann war es aber egal, wo der Hund versteckt ist.«
»Sag bloß, du bist auch dem Charme des Kollegen Valenta erlegen!«
»Stimmt, jedem einzelnen seiner hundertfünfzehn Kilo. Nur, warum sollte er überhaupt bei dieser Geschichte mitmachen? Der ist doch so reich verheiratet, da dürfte ihn das Geld kaum interessieren.«
Ich bemerkte, Celine solle die menschliche Gier nicht unterschätzen. Warum sonst machte Valenta selbst von der Intensivstation aus noch seine Aktiengeschäfte? Und woher wollte sie wissen, ob er sich nicht kräftig verspekuliert hätte, längst pleite war?
»Außerdem, denke ich, tut er es für Schwester Renate. Und wenn das rauskommt, und seine Frau gibt ihm den Abschiedskuß, war er die längste Zeit reich verheiratet. Wenigstens beim aktuellen Stand auf dem Aktienmarkt kann er sich das mit Sicherheit nicht leisten.«
Celine war nicht überzeugt.
»Trotzdem. Ich kann mir kaum vorstellen, daß Valenta nachts über deine Station schleicht und den Leuten die Infusionen abstellt oder die Tabletten wegnimmt. Da würde sich doch jeder fragen, was macht der fette Intensivarzt eigentlich auf Dr. Hoffmanns Station? Nein, das glaube ich nicht.«
»Sondern?«
»Ich glaube, du solltest dir diese Akten noch einmal vornehmen und den Todeszeitpunkt dieser Patienten mit euren Dienstplänen vergleichen. Zum Beispiel, ob da immer dieselbe Schwester im Dienst war.«
Eigentlich keine schlechte Idee, fand ich, aber was war mit meiner Valenta-ist-pleite-Theorie? Und wer läßt schon gerne an seinen Theorien herummäkeln? Schon gar nicht mit dem intellektuellen Nachteil einer Gehirnerschütterung, zumal, wenn die Kritik nicht unberechtigt scheint. Außerdem, wie wäre es mit etwas Mitgefühl? Ich gab ein leichtes Stöhnen von mir. Schließlich war ich schwer verletzt, gerade noch einmal mit dem Leben davongekommen.
»He, bist du sicher, daß deine Schmerzen nicht weh tun?«
»Es geht so – aber eigentlich möchte ich wieder schlafen.« Celine gab mir einen Kuß und verabschiedete sich. Tatsächlich fühlte ich mich durch das kurze Gespräch erschöpft und wollte wieder schlafen. Aber ich hatte die Augen keine fünf Minuten geschlossen, da stand wirklich der Erzengel Gabriel vor mir, die Stationsschwester der Aufwachstation.
»Raus aus den Federn, Dr. Hoffmann. Wir wollen doch keine Lungenembolie riskieren, oder?«
Die Zeiten des Krankenhauses als Stätte der Barmherzigkeit sind lange vorbei. Das Thema Lungenembolie war es allerdings nicht.
Es war zwei Nächte später, daß ich plötzlich unheimliche Schmerzen beim Luftholen bekam. Und – zwar Schmerzen, die richtig weh taten.
»Könnt ihr euren Schmerzcocktail nicht etwas schneller laufen lassen? Ich glaube, die Lungendrainage kratzt am Rippenfell.«
Ich hatte selbst eine Vermutung zur Ursache meiner Schmerzen geäußert. Großer Fehler, ich war zur Zeit Patient, nicht Arzt.
»Möglich«, räumte der herbeigerufene Kollege ein.
»Aber vielleicht haben wir ein oder zwei gebrochene Rippen übersehen?«
»Die
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