Denn wer zuletzt stirbt
ungläubigen Ton.
»In Geiselhaft? Ich denke, du selbst hast ihr den Hund gegeben!«
»Wem habe ich den Hund gegeben? Ich habe ihn niemandem gegeben. Jemand hat Trixi entführt und mich damit erpreßt. Von wem hast du meinen Hund?«
»Dein Hund ist entführt worden? Man hat dich erpreßt? Ich glaube das alles nicht. Wer würde denn einen Hund entführen?« Renate schüttelte den Kopf, ihre blonde Löwenmähne tanzte Walzer. »Ich habe gehört, du wolltest den Hund eine Zeit los sein, bis sich Celines Hundeallergie gelegt hat.«
Ich muß zugeben, daß Renate ehrlich überrascht klang. War sie wirklich eine so hervorragende Schauspielerin?
»Das einzige, worauf Celine allergisch reagiert, ist mangelndes Engagement für ihre Asylbewerber. Also – wenn ihr mir nicht den Hund gestohlen habt, wer hat ihn dann bei dir in Pension gegeben?«
Valenta und Renate wechselten einen langen Blick, aber falls es wirklich einen mysteriösen Dritten gab, wollten sie ihn mir nicht verraten. Plötzlich war ich die Sache leid.
Es gab keinen mysteriösen Dritten. Es gab nur einen übergewichtigen Kollegen, der wahrscheinlich einen großen Teil des Vermögens seiner Frau an der Börse verzockt und gemeinsam mit Renate eine neue Geldquelle entdeckt hatte. Und es gab eine Krankenschwester, die ihm half, diese Geldquelle am Sprudeln zu halten. Und mit der er schlief, wenn auch nicht in jener Silvesternacht. Es war mir egal, ob es hier um einen Arzt ging, der sich mit dem Versprechen, sich irgendwann von seiner Frau zu trennen, einer Krankenschwester bediente. Oder ob eine attraktive Krankenschwester einen nicht eben sehr ansprechenden Intensivarzt am Gängelband führte. Oder ob sich hier ein ebenbürtiges Pärchen gefunden hatte. Ich wollte die beiden nur noch loswerden.
Einmal, weil sie mich langsam krank machten. Aber auch, weil die beiden zu zweit waren, ich hingegen alleine und immer noch auf Krücken. Drohte mir am Ende ein weiterer Unfall, ein unglücklicher Sturz auf der Treppe zum Beispiel, wenn die beiden erkannten, daß sie mich nicht überzeugen konnten?
Den Rest hätte ich mir sparen können. Während ich Valenta und Renate hinauskomplimentierte, blieb Renate dabei, daß sie ihre Freunde nicht verraten würde, zumal meinem Hund doch nichts passiert sei. Und laut Valenta kannte sich seine Gespielin natürlich ebensowenig mit Computern und E-Mails aus wie mit Sicherungen in Infusionspumpen.
Als sie endlich weg waren, hatte Valenta meine letzten beiden Biere erledigt, und im Fernsehen lief nur noch politischer Kram und das, was man in Deutschland unter Comedy versteht. Schönen Dank.
Nun mußte ich wirklich bald mit Beate reden, über meine lieben Kollegen Schwester Renate und Dr. Valenta, aber auch endlich über die Verwendung von Winters Erbe. Diesbezüglich bestand allerdings noch Klärungsbedarf hinsichtlich der Drohungen seiner Großnichte. Also war Herr Winter mein erster Stop am nächsten Tag in der Klinik.
»Eine reizende Person, meine Frau Großnichte, was? Nun verstehen Sie vielleicht, Dr. Hoffmann, warum ich mein Testament ändern will. Nichts für ungut, immerhin hat sie ihren Großonkel Heiligabend angerufen, ist doch auch was. Sie hätten hören sollen, wie sich die Gute aufgeführt hat, als ich ihr dabei angedeutet habe, daß ich über eine sinnvolle Verwendung für mein Erbe nachdenke!« Sein angedeutetes Lachen ging in einem Hustenanfall unter. »Erzählen Sie mir lieber, wie Sie sich in bezug auf meinen Eins-zu-hundert-Vorschlag entschieden haben.«
Das tat ich, verschwieg allerdings die 2196 Euro für die Bergung meines Autos.
»Ich will allerdings noch mit einem Rechtsanwalt sprechen, wie wir den Drohungen Ihrer Großnichte am besten begegnen.«
Herr Winter erhob seinen ausgezehrten Körper und setzte sich auf die Bettkante.
»Was meinen Sie? Würde sie durchkommen mit dem Argument, daß die Schmerzmedikamente meine Urteilskraft trüben?«
»Mit Sicherheit. Sie bräuchte nicht einmal einen Gutachter. Es wäre ausreichend, dem Gericht die Beipackzettel vorzulegen. Vielleicht fällt einem Rechtsanwalt etwas dazu ein.«
Unwillig schüttelte Winter den Kopf.
»Vergessen Sie diese Klugschwätzer. Ich habe mir folgendes überlegt: Sie geben mir drei Tage lang keine Schmerzmittel und was sonst noch angeblich meine geistige Klarheit trübt, würde das reichen?«
Ich nickte stumm.
»Schön. Danach kommen Sie mit einem psychiatrischen Gutachter und einem Notar, und ich unterschreibe das
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