Department 19 – Die Mission
Rückseite des Felsdachs. Schweigend packten sie das hintere Ende des Sargs, das immer noch auf dem Boden lag, hoben es an und schoben es nach vorn.
Der dunkle hölzerne Sarg glitt aus dem Felseinschnitt wie ein Schiff, das von einem Trockendock stapellief. Die drei russischen Arbeiter schoben ihn über die lockere Geröllfläche bis vor die Füße von Van Helsing und Bukharov.
»Henry«, sagte der alte Professor, und sein Diener trat vor.
Carpenter schob ein dünnes Metallstück unter den Sargdeckel und drückte das Ende nach unten. Einen Moment lang gab es Widerstand, dann trennte sich der Deckel vom Kasten und glitt ein Stück weit zur Seite. Ein schmaler pechschwarzer Spalt erschien. Die Russen traten vor und fassten drei Ecken des Deckels. Carpenter übernahm die vierte. Gemeinsam und unter großer Vorsicht hoben sie ihn ab und legten ihn behutsam zur Seite.
Van Helsing und Bukharov blickten hinunter in den Sarg.
Dort lag, gekleidet in die braune Jacke und Hose, die er getragen hatte, als er gestorben war, das Skelett von Quincey Morris. Seine Knochen waren leuchtend weiß, und der Cowboyhut auf seinem Schädel verlieh dem grausigen Anblick etwas Komisches, als wären die sterblichen Überreste eine Requisite aus einem makabren Theaterstück. Auf seiner Brust, genau dort, wo Van Helsing es hingelegt hatte, bevor sie vor elf Jahren den Sargdeckel schlossen, lag das Bowie-Messer.
Neben Morris lag ein Häufchen grauen Pulvers. Vieles davon war nach unten in eine Ecke bei den Füßen gerutscht. Das war alles, was vom ersten Vampir – der grausamen, gottlosen Kreatur, die Van Helsing und seine Freunde gefoltert und Lucy Westenra in die Verdammnis gesandt hatte – noch übrig war.
Der Professor kniete sich mühsam und unter Schmerzen hin und untersuchte die Verbindungen zwischen den Seiten des Sarges und dem Boden. Sie schienen massiv und dicht, wie er es erwartet hatte. Dieses hölzerne Behältnis war gebaut worden, um seinen Bewohner unversehrt über einen großen Teil des europäischen Kontinents zu transportieren.
»Alles dicht«, grunzte Van Helsing. »Das sollte alles von ihm sein. Machen Sie den Deckel wieder zu, und schlagen Sie alles in Leinwand ein.«
Henry Carpenter und die russischen Helfer wuchteten den Deckel wieder auf den Sarg. Im letzten Augenblick, kurz bevor der Sarg wieder verschlossen war, schob Van Helsing die Hand hinein und zog das Bowie-Messer hervor. Warum, wusste er selbst nicht – nur, dass es irgendwie wichtig war. Er schob es in seinen Gürtel und trat zurück, während die Russen neue Nägel in den Deckel hämmerten und das Innere gegen die Elemente versiegelten. Einer von ihnen trat zum Karren und kam mit einem dicken Bündel grüner Leinwand zurück, die er auf dem lockeren Boden ausbreitete. Die Männer hoben den Sarg an und stellten ihn mitten auf die Plane, die anschließend über das hölzerne Behältnis geschlagen wurde. Dann fixierten sie auch diese mit Nägeln und zündeten eine lange rote Kerze an, deren heißes Wachs sie auf sämtliche Nähte tropften, um das Paket luftdicht zu machen. Schließlich wurde alles zum Karren getragen und mit Seilen darauf vertäut.
Die Männer stiegen auf ihre Pferde, und Van Helsing lenkte seines neben das von Bukharov, der zusah, wie seine Leute die letzten Anstalten zum Aufbruch trafen.
»Wenn ich korrekt informiert bin, wünschen Sie, uns nach London zu begleiten und an den Untersuchungen teilzunehmen, ist das richtig?«, fragte er.
»Ganz richtig«, erwiderte Bukharov aufgeregt. »Ganz, ganz richtig, Professor.«
»Nun denn. Die Frage, ob ich das gestatte, hängt ganz allein vom Zustand ab, in dem sich die Überreste befinden, wenn wir wieder in Konstanza sind. Ich würde Ihnen empfehlen, dies Ihren Leuten unmissverständlich klarzumachen.«
Van Helsing gab seinem Tier die Sporen, und Bukharov und Carpenter folgten ihm. Hinter ihnen machten sich die drei Russen daran, den Karren mit seiner Fracht zurück in die Zivilisation zu bringen.
Die Rückreise nach Konstanza verlief deutlich schneller und weniger komfortabel als die Hinreise. Als sie die Hafenstadt kurz vor Einbruch der Morgendämmerung erreichten, waren Männer und Pferde gleichermaßen erschöpft, doch Van Helsing nahm keine Rücksicht auf ihre Leiden. Er ritt geradewegs zu den Docks und ließ Bukharov mit Carpenter und den drei Arbeitern an Land zurück, während er selbst an Bord der Indomitable ging, die die britische Regierung für seine Reise gechartert
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