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Department 19 – Die Mission

Department 19 – Die Mission

Titel: Department 19 – Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Hill
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Beine und Arme fehlten, und die Haut in seinem Gesicht – sofern sie noch vorhanden war – schimmerte in einem beinahe schwarzen Dunkelgrün. Stoker wandte sich ab und würgte vornübergebeugt, während der Diener zu dem Leichnam trat. Man hatte dem Toten vollgeschriebene Notenblätter in den Mund gestopft.
    In der nächsten Ecke fand er die Zweitbesetzung in den Überresten ihres Titania-Kostüms. Die Tiara aus golden bemaltem Metall glänzte über dem verwesenden Fleisch ihres Schädels. Ihre Beine waren ebenfalls verschwunden, und die Ballettschuhe standen vor den Stummeln ihrer Oberschenkel – ein Witz von nicht zu überbietender Geschmacklosigkeit. Ihre Augenhöhlen waren leer, auch wenn der Diener nicht zu sagen vermochte, ob die Augen vorsätzlich entfernt worden waren oder ob dieser Zustand die unausweichliche Konsequenz ihrer letzten Ruhestätte war.
    In den übrigen Ecken lehnten die Leichen der beiden vermissten Revuemädchen. Ihre Verwesung war noch nicht so weit vorangeschritten wie bei den anderen Opfern, und sie waren so arrangiert, dass sie einander zugewandt waren, die Todesqualen noch ins Gesicht geschrieben: Mit weit aufgerissenen Augen und entblößten Zähnen sahen sie einander an. Beide Mädchen waren nackt, ihre Leiber groteske Flickenmuster aus Schnitten und genähten Stichen mit, wie der Diener zu seinem Entsetzen feststellte, dem Pferdehaar von zwei Violinbögen, die zwischen ihnen lagen. Sie waren unnatürlich bleich und ihre Adern nicht mehr zu sehen.
    Alle vier Leichen hatten, wie der Diener schnell bemerkte, tiefe Bisswunden an den Hälsen.
    »Sie lebt noch«, bemerkte Van Helsing in diesem Moment.
    Beim Klang der Stimme seines Herrn wandte sich der Diener von den Toten ab und trat zum Altar. Stoker folgte ihm mit unsicheren Schritten.
    Jenny Pembry war kaum noch bei Bewusstsein. Sie stöhnte leise und stemmte sich schwach gegen die Stricke, die sie hielten. Der Diener zog sein Messer aus dem Gürtel und durchtrennte die Seile, woraufhin Van Helsing das Mädchen behutsam vom Altar hob und an Stoker weiterreichte, der es mit nacktem Entsetzen in den Augen auf Armeslänge von sich gestreckt hielt.
    »Halten Sie sie fest, zum Teufel!«, herrschte Van Helsing den Nachtmanager an. Stoker zuckte zusammen und zog das Revuemädchen an sich.
    »Sie ist fast ausgeblutet«, sagte der Professor zu seinem Diener. »Es muss gerade erst passier sein, das Blut aus ihrer Halsschlagader ist noch warm.«
    »Wo ist der Dirigent?«, fragte der Diener mit leiser Stimme.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Van Helsing. »Falls er sich in einem der anderen Tunnel herumtreibt, brauchen wir mehr Licht und viel mehr Männer. Falls er …«
    Ein Tropfen Blut landete auf der Schulter des Dieners. Er starrte auf den dunklen Fleck, dann hoben die Männer langsam die Köpfe und sahen nach oben.
    Harold Norris, der Dirigent, hing kopfüber an der Höhlendecke, die Arme vor der Brust verschränkt, die Augen geschlossen, wie eine grotesk angeschwollene Fledermaus. Sein Mund und Kinn waren dunkel von Jenny Pembrys Blut, und während die drei Männer nach oben sahen, landeten weitere purpurne Tropfen mit leisem Platschen auf dem Boden zwischen ihnen.
    »Seid leise, keinen Mucks!«, flüsterte Van Helsing. »Wir dürfen ihn unter keinen Umständen wecken!«
    »Was … was ist mit ihm?«, fragte Stoker lallend.
    »Jetzt ist nicht genug Zeit, um das alles zu erklären«, sagte Van Helsing. »Wir müssen weg von hier, auf der Stelle, und besser vorbereitet zurückkehren. Wir haben keine Chance gegen ihn, wenn er aufwacht.«
    Der Diener starrte noch immer hinauf zu dem Dirigenten. Das Gesicht des Monsters war sanft, beinahe freundlich, von Falten durchzogen und gekrönt von einer Mähne grauer Haare. Norris trug seinen Abendanzug, und die Jacke hing offen herab wie Flügel. Der weiße Kragen seines Hemds war fleckig braun von Blut.
    »Bursche!« , zischte Van Helsing.
    Der Diener schrak aus seinen Gedanken und drehte sich zu seinem Herrn um, der mit dem Nachtmanager bereits unter dem großen Torbogen stand, durch den sie in die Kammer gekommen waren, und ungeduldig darauf wartete, dass er ihnen folgte. Vorsichtig durchquerte er die Höhle, darauf bedacht, kein Geräusch zu machen und das über ihren Köpfen baumelnde schlafende Monster nicht zu wecken. Er hatte seine Begleiter beinahe erreicht, als Stoker, die Augen weit aufgerissen vor Angst und Verständnislosigkeit, sich abwandte und Hals über Kopf durch den Gang

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