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Department 19 – Die Mission

Department 19 – Die Mission

Titel: Department 19 – Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Hill
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davonrannte.
    Er kam genau zwei Schritte weit, bevor eine Steinplatte unter ihm nachgab und er seitlich wegrutschte. Van Helsing streckte vergeblich die Hand aus, um ihn zu halten. Der Nachtmanager krachte gegen die Wand, die rings um ihn herum unter lautem Getöse in einem Schauer aus Staub und Gesteinsbrocken einstürzte.
    An der Höhlendecke öffnete Harold Norris die roten Augen und stieß ein tiefes, animalisches Grollen aus.
    Bevor die Männer reagieren konnten, war der Dirigent bereits über ihnen. Er fiel wie ein Stein von der Decke herab, wirbelte in allerletzter Sekunde um die eigene Achse und landete tief geduckt am Boden. Aus dieser Haltung schoss er mit atemberaubender Schnelligkeit vor, überwand die Distanz zum Torbogen im Bruchteil einer Sekunde und rannte sie einfach über den Haufen. Er packte Van Helsing an der Kehle und warf den alten Wissenschaftler zurück in die Höhle. Van Helsing landete krachend auf dem Boden und rutschte bis zum Altar weiter, wo er reglos liegen blieb. Sein Diener wollte die Hand aus der Tasche ziehen, doch er war viel zu langsam. Der Dirigent stürzte sich auf ihn wie eine dunkle Kreatur aus der Hölle, Jenny Pembrys Blut im Gesicht, mit tiefroten, schwarz und silbern flackernden Augen und weit vorspringenden, bösartigen Fängen.
    Der Diener spürte, wie er hochgerissen wurde und durch die Luft segelte. Er sah seinen Herrn unter sich liegen, sah die Blutlache, die sich unter ihm gebildet hatte, und fand noch Zeit, mit einer eigenartigen Leidenschaftslosigkeit die heranrasende Steinmauer zu betrachten. Gleich pralle ich gegen die Wand , dachte er.
    Und dann war es so weit.
    Stoker lag unter den Trümmern der eingestürzten Mauer. Sein Rücken, mit dem er gegen die Steine geprallt war, schmerzte unerträglich, und Nase und Mund waren voll übel schmeckendem Staub. Er spürte, wie sich Hände durch das Loch in der Wand streckten und ihn am Revers packten, und er stöhnte erleichtert auf, als er nach draußen in den Gang gezerrt wurde. Doch dann legte sich der Staub, und er sah sich dem grinsenden, unmenschlichen Gesicht von Harold Norris gegenüber. Der Nachtmanager warf den Kopf in den Nacken und schrie und schrie und schrie.
    »Halt den Mund, du betrunkener Wicht!«, zischte der Dirigent, und Stoker stellte zu seinem wachsenden Entsetzen fest, dass dieses Monster mit der gleichen sanften Stimme sprach, mit der Norris Abend für Abend seine Musiker dirigiert hatte. »Wenn ich dir die Zunge aus dem Kopf reiße, wirst du dir wünschen, du hättest getan, was ich gesagt habe.«
    Stoker riss sich zusammen und hörte auf zu schreien. Er biss die Zähne aufeinander, obwohl das Gesicht, das nur wenige Zentimeter vor dem seinen verharrte, in ihm das Gefühl weckte, als würde er jeden Moment endgültig verrückt werden. Er zwang sich zu reden, etwas zu sagen, irgendetwas, ganz egal was, das ihm das Schicksal jener anderen Unglückseligen ersparen konnte, die sich an diesem schrecklichen Ort aus Staub und Tod wiedergefunden hatten.
    »Harold … ich bin es, Bram. Tu mir nicht weh, Harold. Bitte.«
    Der Dirigent lachte auf und öffnete schon den Mund, um etwas zu erwidern, als seine Augen unvermittelt aus den Höhlen zu quellen drohten und eine hölzerne Spitze durch den Stoff seines weißen Hemds drang. Norris sah an sich hinunter, bevor er in einer Fontäne aus Blut explodierte, die den Nachtmanager von Kopf bis Fuß tränkte. Auch den Diener, der mit einem angespitzten Holzpflock dort stand, wo Norris zuvor gestanden hatte, erwischte es an Hut und Umhang.
    »Was soll jetzt mit ihm geschehen?«
    »Ich weiß es nicht. Es wäre möglich, dass er sich nicht an diese Vorgänge erinnert.«
    »Dürfen wir dieses Risiko eingehen?«
    Van Helsing und sein Diener saßen in einer dunklen Nische der Lyceum-Taverne. Vor ihnen auf dem Tisch standen große Gläser mit Brandy. Der Diener hatte Stoker gestützt und ihn zurück durch die Korridore und Tunnel bis hinauf in den Orchestergraben geführt, während Van Helsing sich um Jenny Pembry gekümmert hatte. Dann hatte der Diener auch diesen letzten Gang zum Einsturz gebracht, bevor er ein letztes Mal die Leiter hinauf in den Orchestergraben gestiegen war.
    Es war ein schwieriger Rückweg gewesen. Van Helsing hatte sich beim Aufprall auf den Altarstein einen tiefen Schnitt zugezogen, sodass sie zweimal anhalten und ausruhen mussten. Glücklicherweise war das Revuemädchen nicht schwer, und obwohl sie fast katatonisch wirkte, war sie imstande

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