Department 19 – Die Mission
einer Krisensitzung beim Premierminister im Horse-Guards-Gebäude beordert wurde.
»Danke sehr, Sally«, sagte Holmwood, als der Kaffee serviert war. Das Dienstmädchen knickste hastig, verließ den Salon und schloss die Tür.
Die Männer gossen Sahne in ihre Tassen, nahmen Kekse und lehnten sich in ihren Sesseln zurück. Für einen zufriedenen Moment sprach keiner ein Wort, dann erkundigte sich Jonathan Harker bei Van Helsing nach den Vorgängen der vergangenen Nacht.
Der alte Professor stellte seine Tasse auf den Tisch und sah seine drei Freunde reihum an. Sie hatten so viel gemeinsam durchgemacht, diese vier Männer, hatten dem abgrundtief Bösen ins Auge gesehen und sich geweigert nachzugeben. Sie hatten Graf Dracula durch die Weiten Osteuropas bis in die Berge von Transsylvanien gejagt und ihn am Fuß des alten Schlosses gestellt, das den Namen ihres Gegners trug.
Einer von ihnen war nicht nach Hause zurückgekehrt. Die Zigeuner, die dem Grafen gedient hatten, hatten ihn auf den Höhen des Borgo-Passes ermordet.
Ach, Quincey , dachte Van Helsing. Du warst der Tapferste von uns allen.
»Professor?«, riss Harker ihn aus seinen Gedanken, und Van Helsing stellte fest, dass man ihm eine Frage gestellt hatte.
»Ja, Jonathan«, antwortete er. »Es tut mir leid, doch die Anstrengungen der vergangenen Nacht haben mich erschöpft. Bitte entschuldigen Sie.«
Harker bedachte ihn mit einem freundlichen Blick, der offen bekunden sollte, dass eine Entschuldigung unnötig war, und Van Helsing fuhr fort.
Er berichtete ihnen von seinem Abenteuer unter dem Lyceum, und der Erzähler in ihm genoss das Leuchten und die Spannung in ihren Augen. Als er fertig war, senkte sich nachdenkliche Stille auf den Salon herab, während die Männer die Geschichte des Professors verdauten.
Schließlich meldete sich Harker zu Wort. »Dann ist es also genau so, wie wir befürchtet haben«, sagte er. Sein Gesicht zeigte eine Ruhe, die nicht ganz zu seiner Stimme passen wollte. »Das Böse ist nicht mit dem Grafen gestorben.«
»So will es scheinen«, sagte Van Helsing. »Was das Wieso angeht, so muss ich gestehen, dass ich auf diese Frage keine Antwort habe. Ich kann nur annehmen, dass die arme Lucy nicht die Erste war, die der Graf mit seinen widerwärtigen Körpersäften verwandelt hat.«
Seward und Holmwood schraken zusammen. Die bloße Erwähnung von Lucy Westenras Namen war für beide Männer noch immer schmerzhaft.
»Aber wieso ausgerechnet jetzt?«, fragte Harker. »Warum verbreitet sich das Böse erst jetzt, nachdem die Kreatur selbst tot ist?«
»Das weiß ich nicht, Jonathan«, antwortete Van Helsing wahrheitsgemäß. »Vielleicht hat der Graf seine dunkle Macht nur gehütet. Sie gehortet, wenn man so will. Und vielleicht sind diese Restriktionen nach seinem Tod erloschen. Doch ich kann nur spekulieren.«
Er sah seine Freunde an.
»Ich muss Ihnen allen die gleiche Frage stellen«, fuhr er fort. »Ich muss Sie fragen: War der arme Harold Norris eine Aberration oder ein Vorbote der Dinge, die da kommen? Ich werde in Kürze nach Whitehall aufbrechen, um einem Ruf zu folgen, dem ich mich nicht versagen kann, und der Premierminister wird erwarten, dass ich ihm Antworten liefere.«
Unbehagliches Schweigen senkte sich auf den Salon herab.
Bitte sagt mir, dass es ein Einzelfall war , dachte Van Helsing. Einer von euch. Die Alternative ist zu grauenhaft.
»Ich fürchte, es ist nur der Anfang.« Es war Arthur Holmwood, der mit fester, ruhiger Stimme das Wort ergriff. »Und ich denke, dass die Lage sich sogar noch verschlimmern wird, auch wenn ich wünschte, ich könnte ehrlichen Herzens etwas anderes sagen. Aber das kann ich nicht. Jemand anderer Meinung?«
Sein Gesicht verriet nichts von der Angst, die er empfand, doch der alte Professor wusste es, genauso wie er von der großen Trauer wusste, die Holmwood seit dem Tod seines Vaters erfüllte. Van Helsing empfand große Zuneigung für seinen Freund, der gegen seinen Willen in die Ereignisse des vergangenen Jahres hineingezogen worden war, und alles nur, weil er dem Mädchen, das er liebte, einen Heiratsantrag gemacht hatte. Doch er hatte im Lauf der Dinge gewaltigen Mut und sehr viel Würde an den Tag gelegt.
»Ich nicht«, sagte Dr. Seward.
»Ich auch nicht«, bestätigte Jonathan Harker.
Der Professor nickte knapp und bemühte sich, das Grauen nicht zu zeigen, das sich in seiner Magengrube eingenistet hatte. »Also sind wir alle einer Meinung«, sagte er, indem er die
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