Department 19 – Die Mission
hatten unterwegs im Kasino ihren Fahrer eingesammelt, einen jungen Soldaten namens Hollis. Thomas Morris hatte mit ihnen kommen wollen und sogar mehr als einmal mit zunehmender Dringlichkeit in der Stimme gefragt, bis Frankenstein ihm gesagt hatte, dass es nicht erforderlich wäre. Morris hatte seine Entscheidung schmollend akzeptiert und Jamie versprochen, im Labor auf die Ergebnisse der Fotoanalyse zu warten für den Fall, dass die Techniker etwas fanden, das ihnen weiterhelfen konnte. Jamie glaubte zwar nicht wirklich daran, doch er bedankte sich trotzdem.
Hollis schien Frankenstein zu bewundern und hatte sich auf der Stelle und geradezu begeistert bereit erklärt, sie zu fahren. Der junge Mann war durch eine Trennwand hinter dem Fahrersitz von ihnen abgeschirmt, doch alle paar Minuten ertönte seine nervöse, aufgeregte Stimme über eine Gegensprechanlage und informierte Jamie und Frankenstein über ihr Vorankommen.
Frankenstein sagte etwas, und Jamie schrak aus seinen Gedanken und sah den großen Mann fragend an.
»Verzeihung?«
»Ich habe gefragt, ob du bereit bist für das hier. Ich denke, ich habe soeben meine Antwort erhalten.«
Jamie spürte, wie er errötete. »Ich bin bereit«, sagte er. »Ich bin so bereit, wie man sein kann. Sagen Sie mir, was ich wissen muss.«
Frankenstein sah ihn lange prüfend an, dann begann er zu reden.
»Die meisten Vampire sind nicht wie Alexandru oder Dracula oder das, was man im Fernsehen oder im Kino zu sehen bekommt. Die Vorstellung einer eleganten, mysteriösen Rasse zivilisierter Monster mag guter Stoff für Romane sein, aber sie hat nichts mit der Realität zu tun. In Wirklichkeit gibt es da draußen eine Gesellschaft von Vampiren, die ein Spiegelbild der menschlichen Gesellschaft darstellt. Was in etwa heißt, dass so gut wie jeder Lebensstil repräsentiert ist. Es gibt tatsächlich Vampire, die in stattlichen Anwesen leben, Anzüge und Smokings tragen und aus Kristallgläsern trinken, genauso wie es Menschen gibt, die so leben. Doch es gibt auch Vampire, die in heruntergekommenen Sackgassen oder in Sozialwohnungen hausen, Vampire, die in gewöhnlichen Familien leben und jede Form von Aufmerksamkeit zu vermeiden suchen und die das gleiche anonyme Leben führen wie Millionen gewöhnlicher Menschen auch. Es gibt Vampire, die am Rand der Gesellschaft existieren, in den gleichen dunklen Ecken, in denen man auch viele Menschen findet. Manche von ihnen haben geschworen, niemals ein menschliches Leben auszulöschen oder menschliches Blut zu trinken, während andere sich nur davon ernähren und aus reinem Vergnügen foltern und morden. Manche sind verrückt geworden vor Blutdurst, andere hassen sich für das, wozu der Hunger sie zwingt, doch sie sind nicht stark genug, um damit aufzuhören.«
Auf dem Bildschirm flog die englische Landschaft vorbei, doch Jamie beachtete sie nicht. Er war voll und ganz auf den Mann konzentriert, der ihm gegenübersaß und erzählte.
»Was ich dir damit sagen will: Jeder Vampir ist anders, und bei jedem einzelnen musst du extrem vorsichtig sein. Verstehst du, was ich meine?«
»Ich denke schon«, antwortete Jamie.
»Es ist wichtig, dass du das verstehst. Die große Mehrheit der Vampire tötet dich, ohne eine Sekunde zu überlegen. Sie sind immer noch Monster, ganz gleich, wie harmlos oder erbärmlich sie daherkommen mögen.«
»Sie hassen sie, nicht wahr?«, fragte Jamie leise. »Die Vampire?«
»Die meisten«, erwiderte Frankenstein. »Sie sind Missgeburten, eine Anomalie, eine gefährliche, gewalttätige Abweichung von der Norm. Sie gehören nicht in unsere Welt.«
Jamies Augen weiteten sich unwillkürlich, und das Monster bemerkte es. Frankenstein beugte sich zu dem Jungen hinunter. »Wolltest du etwas sagen?«, fragte er.
Jamie schüttelte den Kopf, und Frankenstein lehnte sich wieder zurück. »Ich weiß, was du gedacht hast«, sagte er. »Aber ich wurde mit freiem Willen erschaffen. Die Dinge, die ich getan habe – einige davon furchtbar und unverzeihlich –, habe ich getan, weil ich es so gewollt habe. Vampire haben einen inneren Zwang, Blut zu trinken, und das macht Gewalt und Leiden unausweichlich. Die meisten von ihnen sind nicht stark genug, dem zu widerstehen. Viele versuchen es nicht einmal.«
Jamie schwieg. Er betrachtete den Kunststoffspind neben Frankensteins Sitz und sah, dass darin die Waffen lagen, die er auf dem Spielplatz nicht hatte anrühren dürfen – der kleine schwarze Zylinder und die schwarzen
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