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Depeche Mode

Depeche Mode

Titel: Depeche Mode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serhij Zhadan
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sagt der Typ, – was heißt ich gehör zu den Bullen? Sorry, – sage ich, – wollte dir nicht zu nahe treten. Weswegen haben sie dich geschnappt? Im Knast, – sagt der Typ schulmeisterlich, seine Lederjacke knarzt beleidigt, – fragt man nicht weswegen, im Knast fragt man, nach welchem Paragraphen, kapiert? Kapiert, – sage ich.
    So saßen wir bis zum Morgen. Er erzählte vom Knast, und ich machte mir meine eigenen Gedanken. Die Pritschen rochen nach Wanze.
    18.06.93 (Freitag)
     
    7.00
    – Mykola Iwanowytsch?
    – Los, mein Junge, aufstehen. Wir gehen zur Erziehungsarbeit.
    – Ciao, – sage ich dem Typen, der aber nur schlaftrunken knarzt.
     
    – Also folgendes, – Mykola Iwanowytsch führt mich durch schäbige Korridore, dann durch eine Seitentür hinaus, ich sehe, daß wir uns in der Paßstelle befinden, sie ist im selben Gebäude wie das Revier, noch keiner da, keine Besucher, nur zwei Putzfrauen putzen den Korridor von beiden Enden und betrachten mich mißbilligend, jede auf ihre Art natürlich, aber mißbilligend. Mykola Iwanowytsch öffnet noch eine Tür und führt mich in ein großes Zimmer, hier stehen ein alter Kühlschrank und ein Gasherd, der Fußboden ist mit Kalk bedeckt, offensichtlich wird hier renoviert, vielleicht ist eben das die Gaskammer, – denke ich, – und die Leute werden mit Hilfe des Gasherds vergiftet.
     
    – Also folgendes, mein Junge, – sagt Mykola Iwanowytsch sachlich, – also folgendes.
     
    Gleich, – denke ich, – schlägt er mir vor, ich soll den Kopf in den Herd stecken, und er dreht den Hahn auf.
     
    – Ich habe beschlossen, deinen Dekan nicht anzurufen. Wozu brauchst du Ärger, hm?
    – Richtig.
    – Daß mir so was aber nie wieder vorkommt, klar?
    – Klar.
    – Also folgendes, – sagt Mykola Iwanowytsch, – hier ist dein Paß und hier ist dein Gürtel.
    – Und die Schnürsenkel?
    – Ach Scheiße, die habe ich vergessen. Aber egal, muß eh noch mal zurück. Also folgendes, – er weiß offensichtlich selbst nicht, was er will. – Siehst du diese Glühbirne?
    – Ja.
    – Sie ist kaputt, siehst du?
     
    Ich schaue nach oben. Sie ist tatsächlich kaputt.
     
    – Ja, – sage ich.
    – Also, dreh sie raus. Ich kann da nicht hochklettern. Mein Alter läßt das nicht mehr zu.
    – Herausdrehen? – frage ich.
    – Herausdrehen.
    – Das ist alles?
    – Ja.
    – Dann darf ich nach Hause?
    – Nein, – sagt Mykola Iwanowytsch. – Bis zum Abend bleibst du hier, damit keiner was sagt, dann verpiß dich, wohin du willst.
    – Bis heute abend?
    – Bis heute abend, – sagt Mykola Iwanowytsch. – Los, kletter rauf.
     
    Er reicht mir eine wacklige Klappleiter, die mit Kalk und Farbe bekleckert ist, und tritt zur Seite. Hat wahrscheinlich Angst, daß ich auf ihn stürze. Ich trete von einem Bein aufs andere, entschließe mich dann aber hochzuklettern, immerhin ist dieser Mykola Iwanowytsch kein totales Miststück, ein Miststück natürlich, aber eben kein totales, den Paß hat er mir zumindest zurückgegeben, wenn auch die Schnürsenkel behalten. Ich steige hoch und betrachte die Glühbirne aus der Nähe, sie ist nicht nur kaputt, es ist eine jämmerliche Glühbirne, ganz mit Kalk und Farbe beschmiert, keine Ahnung, wer hier renoviert, aber mit Elektrik hat er offensichtlich nichts am Hut.
     
    – Na, was ist? – fragt von unten Mykola Iwanowytsch.
    – Alles in Ordnung, – sage ich.
    – Was ist in Ordnung? – schreit Mykola Iwanowytsch. – Los, kleiner Wichser, dreh sie raus. Ich habe keine Zeit zum Quatschen.
     
    Da knallt irgendwo in der Tiefe des Gebäudes, hinter der Wand, ein Schuß, dann noch einer, dann eine Salve aus einer Kalaschnikow, ein echtes Feuergefecht, ich falle beinahe von meiner Leiter, na, denke ich, Scheiße, Mykola Iwanowytsch kriegt offensichtlich auch die Flatter, reißt seine Makarow heraus und verschwindet irgendwo in der Paßstelle. Und ich bleibe auf der Stehleiter zurück. Die Schüsse haben aufgehört. Was war denn das? – denke ich und versuche weiter, die Glühbirne herauszudrehen, da bekomme ich einen Schlag, wieder stürze ich fast, scheiß auf euer Revier samt Paßstelle, – sage ich, steige von der Leiter und gehe aus dem Zimmer. Links der frisch geputzte Korridor, rechts eine Tür. Ich drücke die Klinke. Die Tür öffnet sich. Dahinter der Hof der Paßstelle, ein weißer Wolga, mehr nicht, kein Mensch da, keine Besucher, keine Paßbeamten, keine Türme mit MG-Schützen und Stacheldraht. Ich gehe raus und stelle

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