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Depeche Mode

Depeche Mode

Titel: Depeche Mode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serhij Zhadan
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Stadt, hinter einem anderen Fluß, in ihrer eigenen Siedlung, die Charkiwer Roma haben den alten Roma-Traum von der heiligen Roma-Megalopolis verwirklicht, hatten dabei aber keine Lust, sich groß anzustrengen, also zum Beispiel – Unabhängigkeit erkämpfen, Land zurückerobern, Grenzen ziehen, sie siedelten sich einfach massenhaft und kompakt am Fluß an, nisteten sich dort ein und gingen in der feindlichen östlichen Hauptstadt praktisch auf, schufen eine gespenstische Sonnenstadt, eine Stadt in der Stadt könnte man sagen, durch ihr Gebiet verlaufen zivile Straßenbahnlinien, in der Nähe fährt sogar die Metro, aber hier, in diesem Stadtteil, wohnen eigentlich nur Roma, wenn du also irgendwie hierher gerätst (aber warum solltest du) und nicht weißt, wo du bist, wirst du dich natürlich über die vielen Roma auf der Straße wundern, also nicht daß tatsächlich so viele auf der Straße wären, aber sonst ist da eben gar keiner, du merkst sofort, daß irgendwas nicht in Ordnung ist, aber was genau, schnallst du nicht. Die Roma halten zusammen und haben sich dauerhaft hier festgesetzt – robuste, niedrige Häuser aus weißen Ziegelsteinen, drumherum Mauern aus denselben Ziegelsteinen, ein richtiges Ziegelsteinlager, schwer vorstellbar, was da abgeht, hinter den Bergen aus weißen Ziegelsteinen, irgendwie komisch. Antennen und Radiosender haben die Roma nicht, es gibt auch kaum Werbung in diesem Stadtteil, ein mittelalterliches Viertel, wahrscheinlich sind die Mauern so hoch, damit die Pest nicht in die Höfe vordringt, ich jedenfalls habe sie nie verstanden, diese Roma, Tschapaj aber kennt hier in einer entlegenen Seitengasse einen Dealer, man muß zuerst lange durch das Viertel brettern, dann von der Hauptstraße rechts abbiegen und anhalten. Der Fahrer setzt uns ab, dreht und wendet die russischen Scheine, rechnet aus, wieviel wir ihm schulden, biegt dazu die Finger seiner rechten Hand um, ich zum Beispiel kann so nicht rechnen, sagt dann okay, ist in Ordnung, wir steigen aus, und er düst ab.
     
    15.10
    Da stehen wir nun zwischen Bergen weißer Ziegelsteine, Bäume gibt es hier fast keine, die Erde feucht unter den Füßen, unter den Mauern kriecht giftiges Gras hervor, oben zwischen den Wolken kommt ab und zu die Sonne raus, und kein Roma weit und breit. Also echt, denke ich, wie die hier leben – ohne Antennen, ohne Radiosender, ohne Sowjetmacht, sogar ohne Hausnummern, bin gespannt, wie Tschapaj seinen Dealer finden will. Tschapaj kommt damit aber offensichtlich klar, er rückt seine Brille zurecht, schnüffelt und sagt schließlich – hier ist es, wir sind da. Ein rostiges Tor, Tschapaj trommelt mit den Fäusten gegen die rostige, aufgequollene Fläche, dabei erzählt er, daß sein Dealer – Jurik – echt ein cooler Typ ist, irgendwo hier auf die Welt gekommen, dann allerdings kein guter Roma, machte nach der Schule Karriere in der Partei, die Roma ächteten ihn, polierten ihm die Fresse und verbannten ihn aus ihrem Stadtteil, obwohl er bestimmt auch so abgehauen wäre, denn er bekam eine schöne Wohnung im Zentrum zugeteilt, arbeitete im Partkom eines Stadtteils, war für Kultur zuständig, aber was denn für Kultur, im Stadtteil-Partkom. Für einen Roma lief seine Karriere ganz gut, man wollte ihn schon ins Gebietskomitee holen, da aber machten sich seine Gene bemerkbar, entweder – erzählte Tschapaj – hat er was geklaut oder jemanden gefickt, trat jedenfalls voll in die Scheiße, er wurde aus dem Gebietskomitee geschmissen, nicht aber aus der Partei, so viele Roma hatten die nicht in der Partei, also kommandierten sie ihn in Tschapajs Fabrik ab, als Klubdirektor, wo er Akkordeon spielte und den Schachzirkel leitete. Als es mit der Fabrik bergab ging, klammerte sich Jurik bis zuletzt an den Klub, schon damals soff er ohne Ende, kam morgens in den Klub, nahm das Akkordeon und spielte Sowjetschlager, fügte aber jeder Melodie was eigenes, romamäßiges hinzu. Laut Tschapaj kam Jurik moralisch und körperlich runter, pißte sich direkt auf der Klubbühne die Hosen voll, pennte in seiner eigenen Kotze, eingewickelt in Transparente und Spruchbänder, bis der Fabrikdirektor ihm eines Tages das Akkordeon wegnahm und es auf dem Markt vertickte, den eingenommenen Betrag, laut Tschapaj nicht der Rede wert, benutzte er, um einen Teil der Schulden zu tilgen. Jurik ließ sich behandeln, die Wohnung hatte ihm eine Bank schon früher weggenommen und ihm als Kompensation irgendwelche abenteuerlichen Aktien in

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