Depesche aus dem Jenseits
>verdammt »Er ist tot! Tot! Verstehst du? Tödlich verunglückt mit dem Auto! Aus unerklärlichen Gründen gegen einen Baum gerast! Emil, das ist der vierte Tote!«
Stavenger ist ein Zauberer — man kann ihm nicht so leicht etwas vormachen, und er läßt sich auch nicht so leicht aus der Fassung bringen. Ein tragischer Autounfall — das ja, aber ein vierter Todesfall, der nichts mit den anderen dreien zu tun hat. Schließlich weiß Stavenger nur zu gut, daß die Nummer mit dem Sarg die Funktionen des Organismus in keinster Weise beeinträchtigt. Und selbst wenn sie Auswirkungen auf die Psyche hätte, so kann man damit keinen Autounfall und auch keine mißlungene Anästhesie erklären.
Aber als die beiden auf ihrer Tournee nach Reeder im Norden von Dakota kommen, wird es selbst dem nervenstarken Zauberer zuviel, als seine Assistentin aufgeregt in sein Zimmer stürzt:
»Emil, ich mach’ das nicht mehr mit! Du mußt unbedingt die Vorstellung absagen! Das Mädchen, das wir letztes Jahr in den Sarg eingeschlossen haben, wurde in eine Nervenheilanstalt gebracht! Sie wollte sich das Leben nehmen! Emil, ich flehe dich an, gib’s auf!«
Zum erstenmal wirkt Stavenger betroffen. Aber deswegen die Vorstellung absagen — das kommt nicht in Frage. Die Blondine nimmt ihren Zylinder und zieht daraufhin ihre Konsequenzen:
»Wie du meinst. Aber ohne mich! Such dir eine andere!« Am Abend vor der Vorstellung in Reeder bekommt Stavenger Besuch von der Polizei:
»Mister Stavenger, ich habe Informationen erhalten, wonach Ihre Nummer mit dem Sarg in einigen Fällen fatale Folgen gehabt haben soll. Ich würde gerne Ihre Meinung dazu hören. Es waren bisher fünf Opfer, wenn ich richtig unterrichtet bin?«
»Opfer? Warum sprechen Sie von Opfern? Ein paar unserer Gelegenheits-Mitarbeiter sind gestorben. Das ist richtig. Aber nicht in meinem Sarg! Selbstverständlich bedauere ich diese tragischen Todesfälle, aber ich kann darin nichts anderes sehen als puren Zufall!«
»Mister Stavenger, ich möchte auch gerne an Zufälle glauben und ich habe wirklich nicht die Absicht, Ihnen bei Ihrer Arbeit Steine in den Weg zu legen. Aber ich muß Sie dennoch bitten, mir den Trick Ihrer Nummer genau zu erklären. Unter dem Siegel der Verschwiegenheit, versteht sich.«
Stavenger bleibt nichts anderes übrig, als den Polizisten in das Geheimnis seines berüchtigt gewordenen Sarges einzuweihen. Er zeigt ihm zuerst das im Sargdeckel eingebaute patentierte Beatmungssystem. Dann klärt er den Polizisten darüber auf, daß er sich immer relativ lange in einer Stadt aufhält, eben um die geeigneten Freiwilligen zu finden. Diese seien völlig frei in ihrer Entscheidung. Er informiere sie über den genauen Ablauf und übe mit ihnen mehrere Tage lang die Handhabung des Gerätes. Ferner erzählt er, er sei sich durchaus der Gefahr eines Traumas bewußt und ließe daher die Freiwilligen von einem Arzt untersuchen — vor dem Auftritt und auch danach. Und für Notfälle gebe es schließlich noch einen Knopf innen im Sarg, ganz leicht mit dem Fuß zu betätigen. Drücke man darauf, so verfärbe sich das Wasser. Beinahe triumphierend schließt der Zauberer seine Erklärungen:
»Wie sie sehen, Sheriff, ich gehe mit äußerster Gewissenhaftigkeit vor und habe alle nur denkbaren Sicherheitsvorkehrungen getroffen!«
Nach diesem Redeschwall vermag der Polizist nichts mehr zu entgegnen. Er verabschiedet sich achselzuckend.
Einige Monate verstreichen ohne den geringsten Zwischenfall, bis der Zauberer eines Tages von einem FBI-Beamten vorgeladen wird:
»Mister Stavenger, der Sheriff von Reeder hat uns von den seltsamen Zufällen unterrichtet. Daraufhin haben wir in allen Städten, in denen Sie bis zum heutigen Tag die Nummer mit dem Sarg vorgeführt haben, Nachforschungen eingeleitet — in 68 Städten. Nun, Mister Stavenger, von den 68 Freiwilligen sind elf gestorben, einer befindet sich in psychiatrischer Behandlung und ein weiterer hat zwei Selbstmordversuche unternommen. Bei anderen stellten die Ärzte eine starke Neigung zu Depressionen fest. Bei manchen traten wiederum Zwangs- und Wahnvorstellungen auf! Vorläufig haben wir dafür keine Erklärung, aber es fällt schwer, alles nur dem Zufall zuzuschreiben, finden Sie nicht auch?«
»Soll das bedeuten, daß ich ein Mörder bin?«
»Keineswegs, Mister Stavenger. Wir wissen, daß Sie nicht direkt verantwortlich gemacht werden können. Jedoch möchte ich Ihnen nahelegen, diese Nummer einstweilen
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