Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige
in der Depression versunken ist, führt ein armseliges Leben, aber das muss nicht so sein. Es liegt auf der Hand: Unser Freund sollte nicht im abgedunkelten Zimmer oder gar im Bett den ganzen Tag seinen düsteren Gedanken nachhängen. Es gibt so viele Möglichkeiten, sein Dasein – immer seinen Möglichkeiten angepasst – erträglicher zu machen. Dabei kann uns die Checkliste Lebensfreude helfen, aus der wir ihm Vorschläge machen können. Freilich ist dann wieder unsere Diplomatie, Geduld usw. gefordert. Wir müssen, wie weiter vorn im Buch dargelegt, den Mittelweg zwischen Empathie und sanfter Gewalt finden.
Die Checklisten Lustbarometer und Rot-Grün stellen höhere Ansprüche an den Kranken und sind wohl bei schwerer Depression nicht anwendbar. Sie wenden sich vor allem an den Patienten selber. Er sollte sie in erster Linie verwalten. Uns aber geben sie Hinweise, wie sich der Betroffene helfen kann und sollte. Vielleicht können wir ihn dabei unterstützen und mehr darüber erfahren, wie er sich fühlt.
Aufgrund dieser Checklisten können wir auch mit ihm besprechen, was er noch leisten kann, welche Aufgaben er in der Familie, im Haushalt und vielleicht sogar im Geschäft erfüllen kann. Ich brauche nicht zu betonen, dass die Übernahme irgendwelcher nützlicher Arbeiten und Aufgaben sein Selbstwertgefühl steigern und seine Heilung vorantreiben – wenn sie seinen gegenwärtigen Möglichkeiten angepasst sind und keinen neuen Stress aufgrund von Versagensängsten erzeugen. Und ihn darüber hinaus nicht an frühere Macht-Hierarchien erinnern und damit frustrieren. Heben wir jeden Erfolg lobend hervor. Das trägt auch zur Heilung bei.
Dieses Kapitel ist recht kurz angesichts der vielen Themen, mit denen Angehörige von Depressionskranken konfrontiert sind. Jeder Betreuer weiß, wie kräftezehrend der tägliche Umgang mit dem Kranken und seinem Minimum an Eigeninitiative ist. Da die Bedürfnisse und Möglichkeiten aber sehr verschieden sind, hat es keinen Sinn, Bestimmtes hervorzuheben. Ich verweise deshalb gerne auf die ausführlichen Checklisten.
Hilfe vor dem und im Notfall
Eine prosaische, aber wichtige und oft nicht einfache Aufgabe ist, darüber zu wachen, dass der Kranke seine Medikamente regelmäßig und in der verordneten Dosis nimmt bzw. sich mit seiner Fachperson berät, wenn er mit etwas nicht einverstanden ist oder Nebenwirkungen verspürt. Oft dauert es ja eine ganze Weile, bis das richtige Medikament – eventuell eine Kombination aus mehreren – und die richtige Dosis gefunden sind, insbesondere auch, weil eine Wirkung vielleicht erst nach Wochen feststellbar ist.
Wir alle wissen: Depression ist eine ernste, eventuell tödliche Krankheit. Im Krankheitsverlauf ist mit allerlei Zwischenfällen zu rechnen. Ist eine Krise einmal da, bricht Hektik aus: Was tun, was unterlassen? Da helfen Checklisten, Chaos zu vermeiden. Diese sollten logischerweise vor Eintritt des Ernstfalls erstellt werden. Ich weiß: Niemand beschäftigt sich gerne mit Krisen, solange sie nicht da sind. Der Alltag ist schon schwer genug.
Deshalb haben wir Angehörige die wichtige – und nicht leichte – Aufgabe, möglichst dafür zu sorgen, dass solche Checklisten vorhanden (und à jour) sind. Logischerweise kann es sie nicht geben, wenn uns die Depression aus heiterem Himmel trifft. Oft verläuft eine Depression wellenförmig. Ist der Kranke gerade in einer Phase, die ihm die Mitwirkung an diesen Listen erlaubt, sollten wir nicht zögern, die Checklisten zu verfassen oder anzupassen – auch wenn sich der Patient, nachdem sich der Sturm gelegt hat, nicht mehr mit dem durchlebten Jammertal beschäftigen will. Aber, wie schon gesagt: Erneute Abstürze sind nie auszuschließen. Das »Wir« umfasst immer den Patienten und uns Betreuer, diese Checklisten sind eine typische Gemeinschaftsarbeit.
Die Checkliste Für das nächste Mal hat noch nichts Dramatisches an sich. Sie dient dem »geübten« Depressionsbetroffenen dazu, eine erneute Depression entweder abzuwenden oder zumindest zu erleichtern, indem diese mehr oder weniger »planbar« gemacht wird. Änderungen im Fühlen, Denken und Handeln, die depressionsspezifisch sind, sollen wahrgenommen und bekämpft werden. Ich denke da an einen Freund, der in Absprache mit seinem Arzt die Dosis seiner Medikamente erfolgreich erhöht, sobald er die nächste Depression herannahen fühlt.
Im Krankheitsverlauf können immer wieder mal Krisensituationen auftreten, die rasches Handeln
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