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Der 1. Mord - Roman

Titel: Der 1. Mord - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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aber während ich trinke, sehe ich den sandigen Grund und stelle fest, wie seicht er ist. Seine Strömung fließt dahin, doch die Ewigkeit bleibt. Ich möchte aus tieferem Wasser trinken, im Himmel fischen, dessen Grund mit Sternen statt mit Kieseln ausgelegt ist.«
    Ich glaube, ich habe das hundertmal gelesen. So fühle ich mich hier oben. Teil des Flusses.

    Keine aplastische Anämie.
    Keine Verbrechen, keine im Tod verzerrten Gesichter.
    Keine Brautpaarmorde.
    Ich machte den Morgenschwan, den Drachen und fühlte mich so beschwingt und frei wie in der Zeit, ehe mir Orenthaler die Diagnose mitgeteilt hatte.
    Der Lehrer nickte. Niemand fragte mich, ob ich mich wohl fühlte. Oder wie die Woche gewesen war. Ich hieß einfach den Tag willkommen und wusste, dass ich Glück hatte, ihn zu erleben.
    Mein Lieblingsplatz.
    Kurz vor elf war ich wieder zu Hause, mit einer halben Tasse Kaffee in der Hand und der Sonntagsausgabe des Chronicle unterm Arm. Ich wollte die Lokalseiten durchsehen, ob meine Busenfreundin Cindy Thomas etwas über den Fall geschrieben hatte. Danach wollte ich duschen und mich fertig machen, um mittags Claire zu treffen.
    Es war elf Uhr fünfundzwanzig, als das Telefon klingelte. Überraschenderweise war es Raleigh.
    »Sind Sie angezogen?«, fragte er.
    »Gewissermaßen ja. Warum? Ich habe etwas vor.«
    »Streichen Sie’s. Ich hole Sie ab. Wir fahren nach Napa.«
    »Napa?« Seine Stimme klang überhaupt nicht fröhlich oder unternehmungslustig. »Was ist denn los?«
    »Ich bin heute Morgen noch mal schnell im Büro gewesen. Während ich dort war, kam ein Anruf von einem Lieutenant Hartwig aus Napa. Er hat eine Vermisstenanzeige. Ein junges Paar. Frisch verheiratet, im Honeymoon.«

29
    Schnell rief ich Claire an, um ihr abzusagen, duschte, stopfte meine nassen Haare unter eine Baseballmütze der Giants und zog mich an. Da hupte Raleigh vorm Haus auch schon in seinem weißen Explorer.
    Als ich unten auftauchte, entging mir nicht, wie er mich von Kopf bis Fuß musterte: nasse Haare, Jeans, schwarze Lederjacke. »Sie sehen hübsch aus, Boxer.« Er lächelte, als er losfuhr.
    Auch er war leger gekleidet, in Khakihosen und einem verblichenen blauen Polo-Hemd. Er sah auch gut aus, doch ich würde es ihm nicht sagen.
    »Das hier ist kein Rendezvous, Raleigh«, erinnerte ich ihn.
    »Das sagen Sie wohl immer«, meinte er achselzuckend und trat aufs Gaspedal.
    Eine Stunde und fünfzehn Minuten später hielten wir vor dem Napa Highland Inn, genau um die Zeit, als ich bei Claire mein Herz ausschütten wollte.
    Das Hotel war eine dieser Luxusherbergen für die Reichen, von denen ich immer schon geträumt hatte. Es lag etwas versteckt an der Stag’s Leap Road. Das Haupthaus war aus dicken Redwoodstämmen erbaut und hatte Bogenfenster mit getönten Scheiben. Die Gäste hier waren nicht gerade Asketen.
    Zwei grünweiße Einsatzwagen parkten in der Rotunde vor dem Hoteleingang. In der Halle führte man uns ins Büro des Managers, wo ein nervöser rothaariger Typ, der aussah, als hätte er erst vor wenigen Tagen die Hotelfachschule absolviert, mit einigen Polizisten stand.
    »Ich bin Hartwig«, stellte sich ein großer, schlaksiger Mann in Zivil vor. Er hielt einen Pappbecher mit Kaffee in der Hand. »Tut mir Leid, dass ich Ihnen Ihr Wochenende versaue«, entschuldigte er sich freundlich lächelnd.
    Er reichte uns ein Hochzeitsbild des vermissten Paares. Es war in eines dieser »Schüttelspielzeuge« aus Plexiglas eingeschweißt,
mit der Golden Gate Bridge im Vordergrund. »Gastgeschenk.« Er seufzte. »Mr. und Mrs. Michael DeGeorge. Aus Ihrer Gegend. Beide haben in der Stadt in einer großen Steuerkanzlei gearbeitet. Geheiratet haben sie am Freitagabend.«
    Das Foto war süß. Sie mit strahlenden Augen, dichtem braunen Haar. Er rötliches Haar, ernste Miene, Goldrandbrille.
    »Wann wurden sie zuletzt gesehen?«, fragte ich.
    »Um neunzehn Uhr fünfundvierzig gestern Abend. Das Hotelpersonal hat sie herunterkommen sehen. Sie wollten im French Laundry zu Abend essen«, sagte Hartwig. »Die Empfangsdame hat ihnen den Weg aufgezeichnet, aber sie sind dort nie aufgetaucht.«
    »Sie sind zum Abendessen weggefahren, und dann hat man nie wieder von ihnen gehört?«
    Hartwig rieb sich die eine Gesichtshälfte. »Der Manager hat gesagt, sie seien am Vortag in einem goldenen Lexus angekommen. Der Portier hat bestätigt, dass sie am Nachmittag kurz damit gefahren sind.«
    »Und?« Ich nickte ihm zu, weiterzusprechen.
    »Der Wagen

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