Der 1. Mord - Roman
wie einen Haufen Trottel aussehen«, sagte Claire.
Schließlich seufzte Jill. »In Ordnung… ich bin dabei, Lindsay, wenn du keine andere Möglichkeit siehst.«
Ich schaute die drei an, um sicher zu sein, dass die Entscheidung einstimmig war. »Kannst du mir noch vierundzwanzig Stunden Zeit lassen?«, platzte Cindy plötzlich heraus.
Ich war verwirrt. »Wozu?«
»Nur bis morgen. Und ich brauche Jenks’ Sozialversicherungsnummer.«
Ich schüttelte den Kopf. »Du hast doch gehört, was ich über McBride gesagt habe. Und überhaupt, wozu?«
Sie hatte den gleichen Gesichtsausdruck wie neulich, als sie abends in meine Wohnung geplatzt war - und das Foto von Jenks und Kathy Kogut, der dritten Braut, geschwenkt hatte. »Gib mir nur bis morgen. Bitte!«
Dann stand sie auf und ging.
83
Am folgenden Morgen schob Cindy etwas zaghaft die Glastüren auf, die zum Büro der Schriftstellergilde von San Francisco führten. Sie hatte ein ähnliches Gefühl wie an jenem Tag im Grand Hyatt. Eine Frau in mittleren Jahren mit dem pedantischen Aussehen einer Bibliothekarin blickte sie fragend an. »Kann ich Ihnen helfen?«
Cindy holte tief Luft. »Ich muss ein Manuskript finden. Es wurde vor einigen Jahren geschrieben.«
Das Wort Copyright hatte ihr die Idee gegeben. Während des Studiums hatte sie Kurzgeschichten geschrieben. Sie waren kaum gut genug, um in der Literaturzeitung der Universität gedruckt zu werden, doch ihre Mutter hatte darauf bestanden.
»Sichere dir das Copyright!« Als sie sich danach erkundigte, stellte sich heraus, dass das Monate dauern und viel zu viel kosten würde. Ein Freund, der schon ein paar Sachen veröffentlicht hatte, hatte ihr einen anderen Weg gezeigt, wie sie sich die Rechte sichern konnte. Er erzählte ihr, dass alle Schriftsteller das taten. Wenn Nicholas Jenks sich in seinen Hungerjahren hatte absichern wollen, hatte er vielleicht denselben Weg gewählt.
»Es geht um eine Familienangelegenheit«, erklärte Cindy der Frau. »Mein Bruder hat diese Geschichte geschrieben, über drei Generationen. Aber wir haben keine Kopie davon.«
Die Frau schüttelte den Kopf. »Wir sind keine Bibliothek. Ich fürchte, dass alles, was wir hier haben, unter Verschluss ist. Wenn Sie etwas suchen, muss Ihr Bruder schon selbst kommen.«
»Das geht nicht«, sagte Cindy mit Trauermiene. »Nick ist tot.«
Die Frau wurde weicher und musterte sie etwas weniger förmlich. »Das tut mir Leid.«
»Seine Frau sagt, sie kann keine Kopie finden. Ich würde es gern unserem Dad zu seinem sechzigsten Geburtstag schenken.« Sie kam sich schuldig und blöd vor, so dreist zu lügen, doch alles hing davon ab, dieses Buch zu bekommen.
»Das geht hier alles auf dem Dienstweg«, erklärte die Frau feierlich. »Totenschein. Nachweis der Verwandtschaft. Ihr Familienanwalt kann Ihnen bestimmt helfen. Ich kann Sie nicht einfach reinlassen.«
Cindy dachte blitzschnell nach. Der Laden hier war nicht Microsoft! Wenn sie es geschafft hatte, im Grand Hyatt zum Tatort vorzudringen und Lindsay zum zweiten Schauplatz des Verbrechens zu folgen, sollte sie auch mit dieser Situation fertig werden. Alle zählten auf sie.
»Es muss doch einen Weg geben, dass Sie mich mal nachsehen lassen. Bitte!«
»Ich fürchte nein, meine Liebe. Nicht ohne irgendwelche Legitimation. Woher wissen Sie denn, dass er sich bei uns hat registrieren lassen?«
»Mein Schwägerin ist ganz sicher.«
»Gut, aber ich kann keine registrierten Dokumente herausgeben, nur weil jemand glaubt, sicher zu sein«, erklärte sie entschieden.
»Vielleicht könnten Sie wenigstens nachsehen, ob es überhaupt hier ist«, flehte Cindy.
Die dackelnasige Verteidigerin der freien Presse entspannte sich etwas. »Das könnte ich wohl tun. Haben Sie eine Ahnung, wann er es geschrieben hat?«
Cindy verspürte einen Adrenalinstoß. »Ja, ungefähr vor zehn Jahren.«
»Und der Name?«
»Ich glaube, es hieß Immer eine Brautjungfer .« Ihr lief es eiskalt über den Rücken, als sie das sagte.
»Ich meinte den Autor.«
»Jenks«, antwortete Cindy und hielt die Luft an. »Nicholas Jenks.«
Die Frau musterte sie misstrauisch. »Der Krimischriftsteller?«
Cindy schüttelte den Kopf und rang sich ein Lächeln ab. »Der Versicherungsvertreter«, sagte sie so ruhig wie möglich.
Die Frau sah sie etwas seltsam an, tippte den Namen jedoch ein. »Können Sie beweisen, dass Sie mit ihm verwandt sind?«
Cindy reichte ihr einen Zettel, auf dem Jenks’ Sozialversicherungsnummer stand.
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