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Der 1. Mord - Roman

Titel: Der 1. Mord - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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unserem Wagen hinaus. Er wehrte sich immer noch, und ich sah keinen Grund, ihn besonders zartfühlend zu behandeln.
    »Wie lautet jetzt Ihre Theorie über Mörder?«, fragte ich ihn.

87
    Nachdem die letzte Pressekonferenz geendet hatte, nachdem das letzte Blitzlicht erloschen war, nachdem ich zum hundertsten Mal berichtet hatte, wie wir uns auf Jenks eingeschossen hatten, und nachdem ein strahlender Chief Mercer im Dienstwagen mit Chauffeur weggefahren war, umarmte ich Claire, Cindy und Jill. Wir tranken zur Feier des Tages ein Bier. Danach wanderte ich zurück zur Hall of Justice.

    Es war schon weit nach zwanzig Uhr, und nur das Gemurmel der Nachtschicht störte mein Alleinsein.
    Ich saß an meinem Schreibtisch, genoss die wohlverdiente Ruhe im Dienstzimmer und versuchte mich daran zu erinnern, wann ich mich zum letzten Mal so gut gefühlt hatte.
    Morgen würden wir anfangen, den Fall gegen Nicholas Jenks feinsäuberlich zusammenzutragen: ihn verhören, weitere Beweise sammeln, unzählige Protokolle schreiben. Aber wir hatten es geschafft. Wir hatten ihn gefasst, so wie ich es gehofft hatte. Ich hatte das Versprechen erfüllt, das ich Melanie Brandt in jener grauenvollen Nacht in der Mandarin Suite des Grand Hyatt gegeben hatte.
    Ich war stolz auf mich. Wie sich die Anämie auch entwickeln würde, selbst wenn ich nie Lieutenant würde, das konnte mir niemand mehr nehmen!
    Ich stand auf und ging zu der frei stehenden Tafel, auf der die Fälle standen, die wir bearbeiteten. Unter Ungelöst stand irgendwo ziemlich weit oben ihr Name: Melanie Brandt. Ich nahm den Lappen und wischte über den Namen, dann über den ihres Mannes, bis die blauen Kreideschlieren völlig verschwunden waren.
    »Ich wette, das ist ein tolles Gefühl«, sagte Raleigh hinter mir.
    Ich drehte mich um. Da stand er und sah sehr zufrieden mit sich aus.
    »Was machst du denn so spät noch hier?«, fragte ich.
    »Ich dachte, wir könnten Roths Schreibtisch aufräumen und ein paar Punkte sammeln«, antwortete er. »Was glaubst du denn, Lindsay? Ich bin hergekommen, um dich zu sehen.«
    Wir standen in einer Ecke des Dienstzimmers. Niemand war in der Nähe. Er brauchte sich nicht zu bewegen. Ich ging zu ihm. Kein Grund, das zu leugnen.
    Ich küsste ihn. Nicht wie zuvor, nicht nur, um Chris zu zeigen, dass ich an ihm interessiert war. Nein, ich küsste ihn so, wie ich ihn damals an dem Abend unter den Bäumen am See in
Cleveland hatte küssen wollen. Ich wollte ihm den Atem aus der Brust rauben und sagen: Das wollte ich tun, seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe.
    Als wir uns endlich voneinander lösten, wiederholte er lächelnd: »Wie gesagt, ich wette, das ist ein tolles Gefühl.«
    Es war wirklich ein tolles Gefühl. Im Augenblick fühlte ich mich rundum gut. Es war aber auch ein Gefühl der Unausweichlichkeit.
    »Was für Pläne hast du?« Ich lächelte ihn an.
    »Wie genau willst du das wissen?«
    »Im Moment - ganz genau. Heute Abend. Jedenfalls für die nächsten paar Stunden.«
    »Ich hatte vor, auf Cheerys Schreibtisch ein bisschen Ordnung zu schaffen und dich zu fragen, ob ich dich nach Hause bringen soll.«
    »Ich hole nur meine Handtasche.«

88
    Ich erinnere mich nicht mehr, wie wir bis zu meiner Wohnung in Potrero gelangten. Ich erinnere mich nicht mehr, wie Chris und ich redeten und fuhren und ignorierten, was in unserem Innern an uns zerrte.
    Kaum waren wir durch die Tür meiner Wohnung, gab es kein Halten mehr. Ich stürzte mich auf Chris, er stürzte sich auf mich. Wir kamen nur bis zum Teppich im Flur, wir küssten, streichelten, suchten nach Reißverschlüssen und Knöpfen und atmeten schwer.
    Ich hatte vergessen, wie schön es war, so liebkost zu werden, in den Armen gehalten zu werden, von jemandem begehrt zu
werden, den auch ich begehrte. Sobald wir uns berührt hatten, waren wir erfahren genug, um uns Zeit zu lassen. Wir wollten beide, dass es dauerte. Chris hatte, was ich mehr als alles andere brauchte: sanfte Hände .
    Wie schön war es, ihn zu küssen; ich liebte seine Zärtlichkeit, dann seine raue Stärke, einfach die Tatsache, dass er sich um mein Vergnügen ebenso bemühte wie um sein eigenes. Man weiß das nie, bis man es ausprobiert - es war wunderschön mit Chris. Ich genoss jeden Moment.
    Ich weiß, dass es ein Klischee ist, doch in dieser Nacht liebte ich diesen Mann, als wäre es das letzte Mal. Ich spürte Chris’ wärmenden Strom, der mich elektrisierte - von meinem Schoß über die Schenkel bis in die Spitzen

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