Der 1. Mord - Roman
tun - es war die Anämie.
Mit letzter Kraft stand ich auf und ging zur Tür, doch in meinem Kopf drehte sich alles. Meine Beine knickten ein. Nicht hier, betete ich.
Dann spürte ich, wie Raleigh mich stützte. »Lindsay… alles in Ordnung?« Besorgt musterte er mich, ohne Verdacht zu schöpfen. Ich sah auch Jill.
Ich lehnte mich an die Wand und betete, dass meine Beine mich tragen würden. »Ich bin okay«, flüsterte ich und hielt mich an Raleighs Arm fest.
»Es ist nur, weil ich dieses Schwein so hasse«, sagte ich und verließ den Raum. Ich war sehr schwach und schwankte. Nur mit Mühe schaffte ich es bis zur Damentoilette.
Drinnen wurde mir übel, als versuche ein böser Geist, mir die Lunge herauszureißen. Ich schloss die Augen und beugte mich über das Waschbecken. Ich hustete. Meine Brust brannte. Ich zitterte am ganzen Leib und musste wieder husten.
Allmählich fühlte ich, wie der Anfall verging. Ich holte Luft, öffnete die Augen und schauderte.
Überall im Waschbecken war Blut.
93
Vier Stunden später fühlte ich mich im Bezirksgericht stark genug, um zuzusehen, wie Nicholas Jenks wegen Mordes angeklagt wurde.
Auf den Korridoren vor dem Sitzungssaal von Richter Stephen Bowen hatte sich eine aufgeregte Menschenenge versammelt. Fotografen schossen blind mit Kameras um sich, Reporter drängten sich, um einen Blick auf den mürrischen, erschütterten Bestsellerautor zu erhaschen.
Raleigh und ich quetschten uns durch die Menge und setzten uns hinter Jill in die erste Reihe. Meine Kraft war zurückgekehrt, der Aufruhr in meiner Brust hatte sich gelegt. Ich wollte, dass Jenks mich hier sah .
Ich sah Cindy in der Presseabteilung sitzen. Und hinten im Saal entdeckte ich Chancellor Weil und seine Frau.
Es war vorbei, noch ehe es richtig begonnen hatte. Man führte Jenks herein, seine Augen waren so hohl und tot wie Krater auf dem Mond. Ein Gerichtsdiener verlas die Anklagepunkte, der Angeklagte erhob sich. Dieser Dreckskerl plädierte auf nicht schuldig. Worüber wollten sie diskutieren - dass sämtliche Beweise nicht zulässig seien?
Leff, der vollendete Showman, war gegenüber Richter Bowen ungewöhnlich respektvoll, fast devot. Er plädierte dafür, seinen Klienten gegen Kaution auf freien Fuß zu setzen, aufgrund Jenks’ Ansehen in der Gemeinde. Einen Moment lang machten die Leistungen des Mörders sogar mich schwankend.
Jill packte den Stier bei den Hörnern. Sie beschrieb detailliert die Bestialität der Morde. Sie vertrat den Standpunkt, dass der Angeklagte über die Mittel verfügte, sich abzusetzen, und auch nicht so fest verwurzelt war, als dass man eine Flucht ausschließen könne.
Ich spürte, wie ein Triumphgefühl in mir aufstieg, als der Richter mit dem Hammer zuschlug und verkündete: »Kaution abgelehnt.«
94
Jetzt feierten wir.
Es war das Ende eines Tages, auf den ich lange gewartet hatte. Ich traf mich mit den Mädels bei Susie’s auf einen Drink.
Den hatten wir uns verdient. Nicholas Jenks war angeklagt worden. Keine Kaution. Kein Entgegenkommen des Gerichts. Wir vier hatten es geschafft.
»Auf den Club der Ermittlerinnen«, jubelte Cindy und hob das Bierglas.
»Nicht übel für eine Ansammlung durch ihr Geschlecht behinderter Beamtinnen«, pflichtete Claire ihr bei.
»Wie hat Jenks mich genannt?« Ich schüttelte den Kopf und lächelte. »Beschissenes eiskaltes Luder?«
»Das mit dem eiskalten Luder kann ich auch«, sagte Jill grinsend.
»Auf die eiskalten Luder dieser Welt«, brachte Cindy einen Toast aus. »Und auf die Männer, die uns nicht auftauen können.«
»Das gilt vielleicht für dich«, meinte Claire. »Edmund taut mich prima auf.« Wir lachten und stießen mit den Biergläsern an.
»Und trotzdem würde ich gern die Mordwaffe finden«, sagte ich und atmete tief aus. »Und ich möchte ihn für das zweite Verbrechen festnageln.«
»Wenn ich mit ihm fertig bin, brauchst du dir keine Gedanken mehr darüber zu machen, ob er für das zweite Verbrechen verurteilt wird«, sagte Jill.
»Habt ihr gesehen, wie Jill den Antrag auf Kaution seines Anwalts abgeschmettert hat?«, fragte Cindy bewundernd. »Habt ihr sein Gesicht gesehen?« Sie bildete mit den Fingern eine Schere. »Schnipp, schnapp! Direkt auf die Eier. Der Mann stand mit einem fünf Zentimeter großen Schwanz in seinem Anzug.« Cindys Engelsnäschen zuckte, als sie schnipp, schnapp sagte.
»Und trotzdem«, meinte ich. »Ohne Waffe muss noch an seinem Motiv gearbeitet werden.«
»Zum Teufel mit
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