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Der 1. Mord - Roman

Titel: Der 1. Mord - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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seinem Motiv, Kind!«, rief Claire. »Gib Ruhe.«
    Jill teilte ihre Meinung. »Warum kann sein Motiv nicht einfach sein, dass er ein kranker Dreckskerl ist? Seit Jahren ist er einschlägig für sexuellen Sadismus bekannt. Er hat drei Frauen brutal misshandelt, und das ist nur das, was wir bis jetzt wissen. Ich bin sicher, dass sich noch mehr melden werden, wenn es zum Prozess kommt.«
    »Du hast ihn doch gesehen, Lindsay«, sagte Jill. »Er ist wahnsinnig. Wenn seine kleine perfekte Welt erschüttert wird, dreht er durch. Heute Morgen hätte er dir am liebsten mit bloßen Händen den Hals umgedreht.« Sie grinste die anderen an. »Und Lindsay schaut ihn nur mit so einem Blick an, der besagt: Verpiss dich, du Schwein! «
    Gerade wollten sie die Gläser zu meiner Ehre erheben - für die harte Bullenheldin, die immer das Ruhmesblatt tragen würde, dass sie Jenks festgenagelt hatte -, als mir klar wurde, dass ich es ohne sie nie geschafft hätte. Es waren nicht meine stählernen Nerven gewesen, die mich im Verhörraum übermannt hatten, sondern meine Krankheit hatte die Kraft aus mir herausgequetscht. Ich hatte es geheim gehalten, nicht einmal mit denen geteilt, die inzwischen meine besten Freunde geworden waren.
    »Das war nicht wegen Jenks«, sagte ich.
    »Hat aber so ausgesehen.«
    »Ich meine nicht die Konfrontation. Ich meine, das was hinterher passiert ist.« Ich biss mir auf die Unterlippe. »Als ich beinahe zusammengeklappt bin, das war nicht wegen Jenks.«
    Abgesehen von Claire lächelten sie immer noch, dann jedoch ließ sie der Ernst in meinem Blick aufhorchen.
    Ich blickte in die Runde und erzählte ihnen von der Krankheit,
die meine roten Blutkörperchen auffraß. Ich gestand auch, dass ich seit drei Wochen mit Transfusionen behandelt wurde. Und dass meine Blutwerte trotzdem schlechter wurden. Dass es mir schlechter ging.
    Ich begann mit fester Stimme, weil die Krankheit bereits Teil meines Lebens geworden war, doch als ich zum Schluss kam, sprach ich leise und mit verängstigtem Tonfall. Nur mit Mühe hielt ich die Tränen zurück.
    Jill und Cindy saßen wie vom Donner gerührt da, sie konnten es nicht fassen. Dann griffen drei Hände nach mir - Cindys, Jills und als letzte, aber als wärmste, Claires. Lange sagte keine etwas. Das war auch nicht nötig.
    Schließlich gelang mir ein Lächeln. Ich schluckte die Tränen hinunter. »Ist das nicht typisch Bulle? Die Party vermiesen, wenn sie gerade richtig in Schwung ist?«
    Das brach die Spannung und die plötzliche Trauerstimmung.
    Sie sagten nicht: Wir halten zu dir. Auch nicht: Das wird schon wieder. Das war auch nicht nötig.
    »Wir wollten doch feiern«, sagte ich.
    Dann hörte ich Jills Stimme, aus heiterem Himmel, sehr ernst, eine Beichte. »Als ich ein kleines Mädchen war, war ich sehr krank«, gestand sie. »Zwischen vier und sieben war ich immer wieder im Krankenhaus und musste Schienen tragen. Das hat meine Eltern zerbrochen, ihre Ehe auch. Sobald es mir besser ging, haben sie sich getrennt. Deshalb habe ich wohl immer das Gefühl gehabt, ich müsse stärker und besser sein als alle anderen. Deshalb musste ich immer gewinnen.
    Es hat in der Highschool angefangen«, fügte sie hinzu.
    Ich war mir nicht sicher, was sie meinte.
    »Ich wusste nicht, ob ich gut genug sein würde. Ich habe…« Sie knöpfte die Manschetten ihrer Bluse auf und krempelte die Ärmel bis über die Ellbogen hoch. »Das hier habe ich außer Steve nie jemandem gezeigt.«
    Ihre Arme waren von Narben bedeckt. Ich wusste, was das
für Narben waren: Selbstverstümmelung. Jill hatte sich selbst die Arme zerschnitten.
    »Was ich sagen wollte, war: Du musst dagegen kämpfen. Man kämpft, man wehrt sich und kämpft… und jedes Mal, wenn man spürt, dass es stärker wird, muss man sich eben noch heftiger wehren.«
    »Das versuche ich ja«, flüsterte ich mit erstickter Stimme. »Ich gebe mir wirklich Mühe.« Jetzt wusste ich, was Jill antrieb, was hinter diesem stählernen Blick lag. »Aber wie?«
    Jill hielt meine Hände. In unseren Augen standen Tränen.
    »Es ist wie mit Jenks, Lindsay«, sagte sie. »Du lässt die Krankheit einfach nicht gewinnen.«

95
    In der kalten engen Zelle lief Nicholas Jenks aufgeregt hin und her.
    Er hatte das Gefühl, als explodiere Dynamit in seiner Brust. Er hatte nichts getan. Wie konnten sie seinen guten Namen vernichten, mit diesen bizarren Anschuldigungen auf ihn losgehen und ihn in sämtlichen Nachrichten durch den Dreck ziehen?
    Es war dunkel und

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