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Der 13. Brief

Titel: Der 13. Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Klassen
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auf.
    Danner stand vor mir. Sofort heftete sich sein Blick auf meinen Rucksack.
    Was jetzt?
    Hatte ich eine Chance gegen einen Kerl, dessen Bizeps den Umfang meines Oberschenkels hatte?
    Ich würde es zumindest versuchen!
    »Gute Nachrichten: Du bist mich los«, erklärte ich kalt und ging entschlossen auf ihn zu.
    »Wie bitte?«
    »Schönes Leben noch!« Hastig drängelte ich mich an ihm vorbei.
    »Moment mal! Nicht so schnell!«
    Ich stand schon zwei Stufen unter ihm auf der Treppe, als ich seinen Griff am Arm spürte.
    Ich packte seine Hand, stemmte meine Schulter gegen seine Brust und versuchte, ihn mit seinem eigenen Schwung von den Füßen zu hebeln.
    Weil ich tiefer stand als er, war ich im Vorteil und brachte ihn tatsächlich aus dem Gleichgewicht.
    »Bist du bescheuert?«, fluchte er laut und stützte sich mit dem Ellenbogen an der Wand ab. Seine Reaktion war genauso schnell wie meine erfolgt und verhinderte seinen Sturz in letzter Sekunde.
    Verdammt!
    Immer noch spürte ich schmerzhaft seinen Griff, spürte, wie sich meine Schulter verdrehte. Abwehrend riss ich die freie Hand hoch.
    »Was …?« Danner hielt inne. »Wie zum Teufel kommst du darauf, dass ich dir eine ballern könnte?«
    Ich starrte ihn feindselig an. Mein Herz schlug Saltos.
    »Und was war das gerade? Judo?«
    Karate. Aber das hatte mir ja nichts genutzt! Deshalb würde er, wenn er es noch mal wagte, mich anzufassen, einen stinknormalen Tritt in die Eier bekommen.
    Er ließ mich los.
    »So billig kommst du nicht weg!«, bestimmte er. »Erst will ich wissen, womit ich dieses unerwartete Glück verdiene. Ich schlage vor, wir besprechen das drinnen.« Er deutete mit dem Kopf auf die Wohnungstür.
    »Hast du sie umgebracht, du Spinner?«, hörte ich da Molles Stimme unten im Treppenhaus.
    Das war meine Rettung. Schrei, so laut du kannst!, riet mir meine innere Stimme.
    Danner wartete.
    »Nein, ich lebe noch!«, antwortete ich Molle nach kurzem Zögern. Immerhin hatte mir Danner bisher nichts getan und ich wollte einfach nicht wahrhaben, dass mich meine Menschenkenntnis derartig im Stich gelassen haben sollte, denn sie war das Einzige, worauf ich mich je hatte verlassen können.
    »Dann ist ja gut!« Ich hörte, wie Molle in seiner eigenen Wohnung verschwand.
    Danner ließ mir den Vortritt und schloss die Tür hinter uns.
    Ich spürte, wie sich in mir jede einzelne Muskelfaser anspannte. Er würde die Kette vorlegen und ich saß in der Falle!
    Ich starrte auf die Sicherheitskette, als könnte ich sie mittels Telekinese daran hindern, die Tür zu verschließen.
    Und – o Wunder – es funktionierte!
    Danner hatte meinen Blick bemerkt. Er ließ die Kette baumeln, trat langsam vom Ausgang zurück und ging zum Sofa hinüber.
    »Wieso wundert es mich, dass du ganz freiwillig ausziehst, nachdem du dich hier mühsam reingeschnorrt hast?« Er ließ sich auf das Polster plumpsen und verschränkte die Arme.
    Ich biss mir auf die Lippen. Ich könnte an der Tür sein, bevor er aufgestanden wäre.
    Andererseits wollte ich wissen, ob er wirklich war, was ich nicht glauben konnte! Doch wenn ich ihm sagte, was ich gesehen hatte, musste er mich dann nicht zum Schweigen bringen?
    So unauffällig wie möglich ging ich rückwärts.
    »Du hast Staschek Drogen gegeben«, stellte ich trotzig fest, als ich die Tür im Rücken spürte.
    »Korrekt.«
    Verblüfft sah ich ihn an. »Da hab ich keinen Bock drauf!«, stellte ich klar. »Ich schnorr mich nicht so gerne bei Schwerverbrechern durch.«
    »Auch noch wählerisch, hm?«, spottete er. »Und weil du uns beobachtet hast, dachtest du, du kriegst von mir eine aufs Maul?«
    »Sicher«, log ich.
    Danner nickte. Er zog den Umschlag, den Staschek ihm im Tausch für die Drogen gegeben hatte, aus der hinteren Tasche seiner Jeans, öffnete das Kuvert und schüttete den Inhalt auf den Couchtisch.
    Fotos verteilten sich auf der Tischplatte.
    Darauf konnte ich mir keinen Reim machen. Ich versuchte es trotzdem: »Staschek bezahlt den Stoff mit Fotos? Erpresst er dich, oder so?«
    »Himmel! Bevor Staschek mich bezahlt, wachsen mir Haare«, klärte mich Danner ungeduldig auf. »Ich ermittle an einer Schule und das Koks habe ich in der großen Pause aus dem Verkehr gezogen. Staschek entsorgt es für mich.«
    »Entsorgt es?«
    »Er ist ein Bulle. Kriminalhauptkommissar. Bist du jetzt zufrieden?«
    Ich glaubte, den Stein, der mir vom Herzen fiel, bis ins Erdgeschoss hinunterpoltern zu hören.
    Ich hatte es gewusst, ich hatte mich nicht

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