Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der 13. Brief

Titel: Der 13. Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Klassen
Vom Netzwerk:
geirrt!
    Danner war kein Dealer!
    Gott sei Dank!
    Ich hätte ihm um den Hals fallen können vor Erleichterung. Stattdessen machte ich zwei Schritte auf das Sofa zu: »Wenn Staschek ein Bulle ist, wieso soll ich dann nicht mit ihm reden?«
    »Er könnte auf dumme Gedanken kommen, wenn er dich sieht.«
    »Weil er ein bisschen mit mir flirtet? Mann, der Typ könnte mein Vater sein!«
    Danner grinste: »Ich hab seiner Frau versprochen, ihm in den Arsch zu treten, wenn er kleine Mädchen anmacht.«
    Ich setzte mich auf die Armlehne des Sessels.
    »Nein, im Ernst. Ich habe bei dem Fall Probleme, an die Kids ranzukommen. Und ich wette, wenn Staschek dich kennenlernt, kommt er auf die Idee, dich ein bisschen in der Schule rumschnüffeln zu lassen.«
    »Wirklich?«
    »Wenn nicht, kriegst du das Bett und ich schlaf auf der Couch – sagen wir, einen Monat lang! Was ist?«
    Er hielt mir die Hand hin und ich schlug ein.
    »Heißt das, du ziehst nicht aus?«, schlussfolgerte Danner messerscharf.
    »Heute nicht.«
    »Ich könnte kotzen.«
    Zum ersten Mal hatte ich den Verdacht, dass er es vielleicht nicht ernst meinte.

11.
    Am nächsten Morgen frühstückten wir wieder bei Molle.
    »Musst du zur ersten Stunde in die Schule?«, fragte ich Danner, während ich ein Croissant mit Erdbeermarmelade bestrich.
    Er schüttelte den Kopf: »Ich mach erst den Bericht fertig.«
    Ich biss ab. »Ich kann tippen«, erwähnte ich kauend.
    Danner musterte mich kurz.
    »Meine Semesterarbeit hatte fünfundzwanzig Seiten. Ehrlich!«
    »Mit dem letzten Wort wäre ich an deiner Stelle vorsichtig!«, warnte Danner. »Das fehlt mir noch, dass du deine Nase in meine Unterlagen steckst!«
    Schade.
    Ich musste zugeben, das Schmökern in seinen Akten machte mir Spaß.
    So lauschte ich dem Klickern der Computertastatur, während ich auf dem Badewannenrand saß und meine Zähne putzte.
    Es klingelte an der Tür.
    Das Klickern hörte auf.
    Es war noch nicht mal halb neun, wer konnte das sein?
    »Ben? Raus aus den Federn!«
    Oha! Die Telefonsex-Stimme. M. – Irrtum ausgeschlossen.
    »Tu nicht so, als wärst du nicht da, du Langschläfer! Dein Auto steht vor dem Haus«, flötete die Frau, als Danner sich nicht rührte.
    Langschläfer?
    Na ja, man konnte für alles eine Erklärung finden, wenn man lange genug suchte.
    Mit einem Satz war ich auf den Beinen und schob die Badezimmertür einen Spalt weit auf. Ich sah, wie Danner der Zimmerdecke einen wütenden Blick zuwarf.
    Noch bevor er die Tür öffnete, war mir klar, dass die Sache nicht einfach für ihn werden würde. Dafür saß sein schwarzer Rollkragenpulli zu eng.
    »Hallo, Liebling«, schnurrte da M. auch schon zufrieden. Die scharfkantigen Absätze ihrer Schuhe klackerten kurz auf der Türschwelle, bevor sie sich in den Teppich bohrten.
    »Seit drei Tagen versuche ich, dich zu erreichen«, schmollte sie.
    »Ich weiß«, antwortete Danner unmissverständlich schroff.
    »Nun komm schon, mach einen Schritt vorwärts!«, beschwor ich die fremde Frau flüsternd und presste meine Nase in den Türspalt.
    Als hätte sie es gehört, ging M. durch den Raum auf den Schreibtisch zu.
    Ich konnte sie nur von hinten sehen, aber ihre Figur war der Hammer! Die Stiefel hatten, grob geschätzt, neun Zentimeter Absatz und ihren schmalen Rücken wallte eine hennafarbene Löwenmähne herab, wie ein feuerrotes Fick-mich-Schild. Mir kamen Zweifel am Verstand des Finanzbeamten mit der spitzmausgesichtigen Bettgeschichte.
    »Ich wollte dir sagen, dass ich für Samstag Theaterkarten organisiert habe.«
    Danner ballte hinter M. die Fäuste. »Da kannst du allein hingehen, Marie«, erklärte er ungeduldig.
    »Aber natürlich kommst du mit! Samstagsabends muss die Welt nicht gerettet werden, das kannst du auch noch nächste Woche erledigen.«
    »Ich hab nicht vor, die Welt zu retten. Ich will nur lieber mit Molle ’n Bier trinken.«
    »Ach, so eine Männersache, hm?«
    Alle Achtung, wie sie es fertigbrachte, ihn zu ignorieren.
    »Nein, einfach ein Bier.«
    Sie wirbelte herum und ihre rote Mähne wehte wie in einer miserablen Liebesschnulze durch die Luft.
    Hölle, sah die gut aus!
    Klimperwimpern, Schmollmund, hennafarbenes Make-up zum hennafarbenen Haar. Und für ihren Busen hätte so mancher Mann mit Freude über einen etwas langweiligen Charakter hinweggesehen.
    »Hinterher habe ich uns einen Tisch beim Mexikaner reserviert.« Sie trat zu dicht an ihn heran. »Kerzenlicht, ein guter Wein und anschließend gehen wir zu mir«,

Weitere Kostenlose Bücher