Der 18 Schluessel
und seine glatte Zunge. Sein Anblick verführte die Menschen in dieser von Hässlichkeiten gezeichneten Zeit und gab ihnen Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
„Sag es uns, Herr“, rief eine Kohlbäuerin vom Stadtrand, und andere Weiber schlossen sich ihr an. „Sag uns, was sie getan, hat, hoher Herr!“
Satanael hob beschwichtigend die Arme. „Also gut, ich will es euch sagen. Mit dem, der da bei ihr ist, hat sie es getrieben wie ein Vieh ... im Bad, wo sie sich eigentlich für ihre Hochzeit mit einem anderen reinigen sollte.“
Empörte und aufgeregte Rufe wurden laut. Ein fauler Apfel flog dicht an Hannahs Kopf vorbei, und sie duckte sich gerade noch rechtzeitig. Die Weiber schrieen wild durcheinander. „Wen wundert's? Die treiben’s doch sogar mit ihren Schafen. Teufelsmetze! Judensau!“
Satanael stachelte eine Weile ihre Wut an. Dann sah dann Hannah an, als bedauere er, was er zu sagen hatte – nur ich wusste, dass es reiner Spott war. „Wenn das schon alles wäre, so dürfte man getrost darüber lachen. Ihr wisst ja, ihr guten Leute, dass die Juden den Brauch pflegen, in lebendem Wasser Waschungen zu verrichten, wofür sie Bäder tief in die Erde graben, damit sie an das Grundwasser gelangen.“ Satanael war ein guter Redner, und ich fürchtete seine Worte mehr als ich vor Hannah zugeben wollte. Mittlerweile hatte sich eine Menge um uns herum gesammelt, sodass an Flucht nicht zu denken war, und lauschte gebannt Satanaels Worten. „... Ihr wisst, was man sich über die Juden und das Große Sterben erzählt? Ist es nicht so, dass sie schon in vielen Städten die Brunnen vergiftet haben, um allen den Tod zu bringen?“
Ich suchte verzweifelt mit den Augen nach einem Fluchtweg, doch wir waren zwischen ihnen und ihrer Wut eingeschlossen. Hannah klammerte sich noch fester an meinen Arm. „Daniel ... oh, nein ... Daniel, was will er von uns?“
Ehe ich ihr antworten konnte, ergriff Satanael Hannahs Arm und zerrte sie von mir fort. Ich wollte sie festhalten, da packten mich starke Arme und warfen mich in den Schlamm der Straße, wo ich mit Fußtritten traktiert wurde, bis ich Ruhe gab.
Satanael riss Hannah den Schleier vom Kopf und zerrte an ihren Haaren. Sie schrie meinen Namen, doch immer wenn ich aufstehen wollte, traten sowohl Männer als auch Frauen so lange auf mich ein, bis ich wieder stilllag. Zwar verspürte ich keinen Schmerz bei ihren Tritten, doch ich war nicht kräftig genug, um mich von ihnen zu befreien und Hannah zu helfen.
Satanael schob Hannah vor sich her und führte sie in der Runde herum, damit auch jeder sie genau ansehen konnte. „Und hier seht ihr eine ihrer Hexenzauberinnen, denen ihr den Tod geliebter Kinder, Gatten, Weiber und Eltern verdankt. Hat nicht jeder von euch Tote zu beklagen?“
„Er lügt, glaubt ihm nicht!“, schrie Hannah verzweifelt. Satanael warf sie in die Arme der vor Wut brodelnden Masse. Sie ergriffen sie und stießen sie untereinander hin und her, als wäre sie ein Blatt im Wind. Mit Schrecken sah ich, dass sie ihr Bündel fallen ließ, doch die tobende Menge beachtete es gar nicht. Stattdessen entrissen ein paar der Männer mir meines, durchwühlten es und fanden ein paar Münzen, die ich in ein Tuch eingeschlagen hatte. „Er hat nichts außer ein paar Münzen, der Hungerleider. Wir sollten ihn nackt durch die Straßen treiben.“ Kurz konnte ich Enttäuschung auf Satanaels glatten Gesichtszügen sehen, doch er war zu eitel, um seine Vorstellung von ein paar grölenden Bauern unterbrechen zu lassen. Er verschaffte sich Gehör und zog die Aufmerksamkeit erneut auf sich. „Ich frage ich euch, ihr guten Menschen von Coellen! Was sollen wir mit der Jüdin tun?“
„Schneidet ihr die Ohren ab“, rief eine hasserfüllte Frauenstimme aus der Masse heraus.
„Hängt sie auf, verbrennt sie ... prügelt sie, bis ihre Knochen brechen!“ Sie schrieen sich in Rage, ihr Hass züngelte wie eine gefährliche Flamme an Hannah hoch und umloderte sie.
Dann mischte sich einer der Männer ein und sah Hannah an, als wäre sie weniger als das Geschmeiß im Koben seiner Schweine. „Aber lasst uns die Hübschlerin zuerst an den Schandpfahl stellen, damit sie Zeit hat über ihre Sünden nachzudenken!“ Er wies mit spitzem Finger auf mich. „Ihn lasst zusehen, wie sein Liebchen mit Steinen beworfen wird!“
Zustimmende Rufe wurden laut. Hannah schluchzte, ich wurde vom Pöbel auf die Beine gezogen. Im letzten Augenblick bekam ich ihr Bündel zu fassen und ließ
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