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Der 26. Stock

Titel: Der 26. Stock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrique Cortés
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mir nichts. Wer sind sie?«
    »Kollegen aus dem Bezirk Nord. Ich muss mit ihnen reden.«
    »In welcher Sache ermittelst du eigentlich gerade?« Das Gesicht des Inspektors war ernst geworden. Alicia kannte diesen Gesichtsausdruck:
     jetzt nicht. Sie zuckte die Achseln und drehte sich weg, um zu ihrem Tisch zurückzugehen. »Am besten fährst du persönlich
     vorbei. Es gibt Leute, die stehen nicht drauf, dass man hinter ihrem Rücken nach ihnen fragt.«
    Alicia setzte sich wieder hin und reichte der armen Frau, die zwischenzeitlich in Tränen ausgebrochen war, ein Taschentuch.
     Sie hatte recht. Er musste dem Polizeirevier Nord einen Besuch abstatten.
     
    Er machte sie auf den Weg und fuhr zwanzig Minuten lang durch leichten Regen. Der Verkehr ließ allmählich nach. Um diese Uhrzeit
     saßen die meisten schon an ihren Arbeitsplätzen. Als Márquez das Polizeirevier Nord sah, merkte er, wie ungern er dort hinfuhr.
     Die verglaste Fassade voller Überwachungskameras, die grellen Fahnen an den vergoldeten Masten und der Wachpolizist mit seiner
     brandneuen MP am Eingang erinnerten ihn daran, dass es sogar bei der Polizei Klassen gab. Kein Wunder, dass der Citroën nach
     kaum zwei Jahren schon eingemottet worden war.
    Márquez hielt vor dem Eingang und sofort marschierte der tadellos gekleidete Wachpolizist mit strengem Gesicht auf ihn zu.
     Márquez seufzte und ließ das Fenster herunter. Eines war klar, sein verdreckter Wagen und der Dreitagebart würden ihm hier
     keine Sympathien einbringen. Der Junge musste ihn für eine Art Landstreicher halten. Als er jedoch die Dienstmarke sah, die
     den Rang eines Inspektors anzeigte, sagte er zackig Guten Tag und nahm seinen Platz neben der automatischen Tür wieder ein.
     Márquez stieg aus dem Wagen und betrat das Gebäude. Die Inneneinrichtung ähnelte der eines Unternehmens. Márquez ging zum
     einzigen Empfangsschalter aus Edelholz, den man in einem Madrider Polizeirevier finden konnte.
    »Guten Tag, Sie wünschen?«, fragte die junge Blondine hinter dem Tresen in einem heuchlerisch entgegenkommenden Tonfall, der
     an eine Verkäuferin in einem teuren Geschäft für Elektrogeräte erinnerte. Márquez wies sich aus und erkundigte sich nach den
     beiden Beamten. Die Frau besah sich mit einem gewissen Misstrauen seine Marke. Dann gab sie etwas in ihren Computer ein. »Señor
     Estella erwartet Sie in Zimmer 323.   Dritter Stock, Sie können den Aufzug nehmen.«
    »Und was ist mit Ramiro de Andrés?«
    Die Frau zögerte kurz, sah noch mal auf den Bildschirm und rang sich schließlich zu einer Antwort durch.
    »Er ist seit drei Tagen krankgeschrieben. Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen seine Telefonnummer geben.«
    Márquez nickte und steckte den Zettel ein, auf dem ihm die junge Frau die Nummer notiert hatte. Er bedankte sich und fuhr
     mit dem Aufzug in die dritte Etage. Nachdem er sich ein paarmal in den Gängen des riesigen Gebäudes verlaufen hatte, fand
     er das gesuchte Büro und klopfte an.
    »Herein.«
    Die Stimme war jung, ganz anders, als Inspektor Márquez erwartet hatte. Als er die Tür öffnete, sah er sich einem dünnen,
     blassgesichtigen Jungspund gegenüber.
    »Sie wurden mir bereits angekündigt«, sagte er und deuteteauf einen der beiden Stühle, die vor seinem Schreibtisch standen. »Nehmen Sie Platz.«
    Márquez setzte sich. Wenn ihn nicht alles täuschte, dann war der Typ nicht viel älter als die Kleine am Empfang. Auf dem Tisch
     stand eine glänzende Goldplakette, ganz ähnlich der, die Márquez nach seiner Beförderung in der Schublade hatte verschwinden
     lassen: Inspektor Pablo Estella.
    »So, was liegt an?«
    Márquez musste innerlich grinsen. Der Junge machte auf tough, aber das war nur Pose. Er hatte schon viele solcher Typen gesehen.
     Er beschloss, direkt zur Sache zu kommen. Wahrscheinlich hatte er nicht viel Zeit zu verlieren.
    »Ich bin hier, um Sie nach dem Turm zu fragen.«
    Ein weniger erfahrener Mann als Márquez hätte keine Veränderung bei Inspektor Estella wahrgenommen. Seine Gesichtszüge veränderten
     sich kein bisschen, aber etwas an der Kopfhaltung war anders. Der Hals war starr geworden, und Márquez entging so etwas nicht.
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Estella.
    »Ich habe mir sagen lassen, der Businessbezirk fällt in Ihren Zuständigkeitsbereich. Es gibt dort ein Unternehmen, dem ein
     ganzes Hochhaus gehört   …«
    Der junge Mann nickte.
    »Ja, das kenne ich, ich weiß nur nicht, was Sie von mir wollen.«
    »Tja,

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