Der 48-Stunden-Mann (German Edition)
war’s dann auch schon.“
„Und das macht dir nichts aus?“
Seine Gesichtszüge verhärteten sich. „Nein. Es ist uns egal. Earl Haynes ist nicht gerade ein vorbildlicher Vater. Ich wünschte, ich könnte dir sagen, dass er ein freundlicher Mensch ist oder ein liebevoller Ehemann. Aber nichts davon wäre die Wahrheit. Er hat sich nie für jemanden interessiert,außer für sich selbst. Er war ein richtiges …“
Abrupt unterbrach er sich und sah sie an. „Ich sage meinen Brüdern Bescheid, dann können wir zu fünft über ihn reden und die Fotoalben raussuchen, wenn du sehen willst, wie er aussieht. Bestimmt gibt es auch ein paar gute Erinnerungen an ihn.“
Hannah trug nie viel Make-up, und das wenige, das sie an diesem Morgen aufgelegt hatte, war längst verschwunden. Nick bemerkte die Schatten unter ihren Augen. Eine einzelne Haarsträhne hatte es gewagt, sich aus dem festen Zopf zu lösen. Das sah er an ihr zum allerersten Mal.
Eine Weile sah Nick zwischen Halbbruder und Halbschwester hin und her. Die Ähnlichkeit zeigte sich in der Farbe ihrer Augen und Haare, in der Form ihrer Münder und Nasen und in der Art, wie sie die Schultern hielten. Hannah war eine schöne weibliche Version ihrer Brüder.
„Ich bin mir sicher, dass auch Louise dir von Earl erzählen wird“, fuhr Kyle fort.
„Verheiratet waren sie nicht, oder?“
„Nein. Sonst hätte sie dich nicht weggeben müssen.“
Hannah nickte.
Kyle beugte sich zu ihr vor. „Du darfst Louise nicht verurteilen. Sie war sehr jung und sehr in meinen Vater verliebt. Er verstand es, die Frauen zu bezaubern. Wir machen ihr keinen Vorwurf, und das solltest du auch nicht tun.“
„Das tue ich auch nicht“, versicherte sie, doch Nick war skeptisch, ob sie da die Wahrheit sagte. Die Brüder freuten sich einfach über die neue Schwester in der Familie. Hannah dagegen musste sich mit der Tatsache auseinandersetzen, dass ihre eigene Mutter sie weggegeben hatte. Die Vergangenheit zu verstehen und zu versuchen, sie zu verzeihen, waren schwierige Aufgaben, für die sie eine Weile brauchen würde.
„Ich möchte euch beide nicht länger aufhalten“, erklärte Kyle und stand auf.
Auch Hannah stand auf. „Oh, das ist in Ordnung. Du musst noch nicht gehen. Wirklich.“
Nick bemerkte einen Hauch von Panik in ihrer Stimme.
Ihr Halbbruder grinste. „Wir haben noch reichlich Zeit, uns alles zu erzählen.“ Er ging zu ihr und umarmte sie. „Willkommen in der Familie.“ Dann gab er ihr einen Kuss auf die Wange.
Nick begleitete ihn zur Tür. „Danke für alles. Das Haus ist fantastisch.“
„Sagt Bescheid, wenn ihr etwas braucht. Wir wohnen nur ein Stück weiter die Einfahrt hinauf.“
Als Nick ins Wohnzimmer zurückkehrte, hatte Hannah sich wieder in den Sessel fallen lassen.
„Es war ein wahnsinnig anstrengender Tag“, sagte er.
Sie nickte. „Ich fühle mich wie gerädert.“
„Da habe ich genau das Richtige für dich.“
Misstrauisch sah sie ihn an. „Ich glaube dir kein Wort.“
„Würde dein eigener Mann dich etwa belügen?“
„Keine Sekunde würde er zögern.“
Er ging zu ihrem Gepäck, das noch neben der Haustür stand, öffnete seine kleine Tasche und zog ein Fläschchen Scotch hervor. „Sarkastische Menschen bekommen nichts davon“, erklärte er.
„Ich nehme alles zurück. Jedes einzelne Wort. Du bist ein unvergleichlich toller Prinz.“
„Das klingt schon besser. Viel besser. Sag mir noch etwas über mein gutes Aussehen. Das hören Männer immer gern.“
Anstatt mit einer schlagfertigen Antwort zu kontern, errötete sie leicht und wandte den Blick ab. Interessant, dachte Nick, der sich seltsam über ihr Schweigen freute. Es machte ihm Spaß, sie nervös zu machen. Wenn es ihm gelang,sie aus der Reserve zu locken, sorgte er nur für faire Voraussetzungen.
Aus dem kleinen Schrank über der Spülmaschine in der Küche förderte er achteckige Gläser zutage, die er ins Wohnzimmer trug. Nachdem er die Flasche geöffnet und für sie beide jeweils gut zwei Zentimeter der bernsteingelben Flüssigkeit eingegossen hatte, reichte er ihr ein Glas und hielt seins in die Höhe.
„Darauf, dass du deine Familie gefunden hast.“
Hannah nickte und trank einen Schluck. Ein leichtes Zittern überlief sie, und für eine Sekunde schloss sie die Augen. Dann atmete sie langsam aus. „Ich dachte, ich treffe eine alte Frau, und wem begegne ich stattdessen? Den Waltons.“
„Vier John-Boys zum Preis von einem.“
„Ich frage mich, ob es
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