Der 48-Stunden-Mann (German Edition)
musste es als Heranwachsenden sogar noch schlechter getroffen haben. Und alle hatten es bereits geschafft, eine Beziehung in den Sand zu setzen. Travis war schon einmal geschieden, und Craigs erste Frau hatte ihn verlassen, obwohl sie drei Kinder miteinander hatten. Drei Jungs. Wenn die Legende zutraf, konnte es in dieser Beziehung keine Liebe gegeben haben.
So viel Leid und Tragödien. Ein Vater, der fremdging. Eine Mutter, die einfach verschwand. Und dennoch, bei alledem hatten sie niemals die Hoffnung verloren. Irgendwie, irgendwo waren sie auf das Geheimnis gestoßen. Sie hatten gelernt, wie man liebt und wiedergeliebt wurde.
Nick runzelte die Stirn. Er hatte niemals geliebt. Er hatte die Frauen begehrt, ihre Gesellschaft genossen, aber ihm war keine begegnet, die er nicht auch wieder verlassen konnte. Und nie war er bereit gewesen, das Risiko einzugehen, verletzt zu werden.
Immer wieder hatte er sich gesagt, dass bestimmte Ängste gesund waren. Es war besser, einem herannahenden Laster Respekt zu zollen, anstatt vor ihm die Straße zu überqueren. Er kannte seine Grenzen. Er wusste, was es kostete, wenn man sich irrte. Also hatte er keine der sich bietenden Chancen ergriffen – nicht ein einziges Mal. Und bis jetzt hatte eres nicht bereut. Bis er erkannte, wie wirkliches Glück aussah. Bis er diese Familie getroffen hatte und ihm bewusst geworden war, dass die emotionale Genügsamkeit, auf die er so stolz gewesen war, nur bedeutete, dass er den Rest seines Lebens allein verbringen würde.
Wie mochte es wohl sein, an einem Ort zu bleiben? Wurzeln zu schlagen? Irgendwo hinzugehören? Wie mochte es sein, sich für immer an einen anderen Menschen zu binden?
Sein Blick schweifte zu Hannah, die gerade lachte. Sie hatte keinen Wert darauf gelegt, sich das Haar zu flechten, und es umrahmte ihr Gesicht in weichen Wellen. Wie wäre es wohl, wirklich mit Hannah verheiratet zu sein?
„Sie ist vollkommen“, hauchte Hannah und drückte die Finger an die Glasscheibe, die den Säuglingssaal von der Außenwelt trennte.
Auf der anderen Seite stand eine Schwester und hielt das gut eingepackte Baby auf dem Arm. Ohne die Erwachsenen zu registrieren, die über sie wachten, schlief die Kleine weiter. Hannah sehnte sich danach, sie an sich zu drücken und den süßen Babyduft einzuatmen.
„Zweitausendneunhundertsiebenundsiebzig Gramm“, sagte Elizabeth. „Jill ist ja so klein. Ich weiß, dass sie Angst davor hatte, ein Baby zu bekommen, das mehr als vier Kilo wiegt.“
Sandy schauderte. „Das Gefühl kenne ich. Es ist dieser verflixte Genpool. Die Männer sind so groß.“
„Aber wir schenken unseren Frauen gute Babys“, erwiderte Kyle und legte den Arm um die Schultern seiner Frau.
„Da hast du recht“, erwiderte Sandy und lächelte ihn an.
Louise trat näher an die Scheibe. „Ich finde, sie sieht ein bisschen aus wie ihre Mutter.“
Elizabeth lachte. „Das wird mal eine erfreuliche Abwechslungsein. Oh-oh, Nick, du hast ein Problem. Sieh nur.“
Hannah hob den Kopf und sah, dass alle sie anstarrten. „Was ist los?“, fragte sie.
„Den Gesichtsausdruck kenne ich“, frotzelte Elizabeth. „Sieh dich vor, Nick, sonst bist du bald ein Daddy.“
Hannah errötete. Sie hätte nicht geglaubt, dass ihre Gefühle so durchschaubar waren. Im Moment brachte sie es nicht fertig, Nick anzuschauen, denn sie wollte nicht, dass er glaubte, sie würde versuchen, ihn in irgendeine Falle zu locken. Aber Elizabeth hatte recht. Sie wollte ein eigenes Kind. Eine Familie. Ob sie wohl die Chance bekam, das zu verwirklichen?
„Wenn es stimmt, was alle sagen, nehme ich an, dass es kaum ein Junge wird“, sagte sie.
Nun wagte sie es, Nick einen Blick zuzuwerfen. Ihr angeblicher Ehemann wirkte keineswegs verärgert, nicht einmal aufgebracht. Obwohl sie seine Miene nicht wirklich deuten konnte, löste sich ihre Anspannung ein wenig.
„Ich freue mich so, dass du hier bist und das mit uns zusammen erlebst“, sagte Louise und zog sie an sich, um sie zu umarmen. „Und du natürlich auch, Nick“, fügte sie hinzu und zog ihn in den Kreis.
Einer nach dem andern stellten sich die Brüder und ihre Frauen dazu.
„Gruppenumarmung“, scherzte Kyle. „Wie im Film.“
Hannah hatte tatsächlich das Gefühl, in einem Film zu sein, oder vielleicht auch in einem Traum. Vor lauter Emotionen, die sie nicht näher zu bestimmen wagte, schwoll ihr Herz an. Es war, als würde die Mauer, die sie zu ihrem Schutz um sich herum aufgebaut hatte,
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